Bis 14. August
Verhandlungen über UNO-Plastikabkommen: Einigung im sechsten Anlauf?

Unterhändler aus rund 180 Ländern unternehmen in Genf einen neuen Anlauf für ein globales Abkommen zur Reduzierung des Plastikmülls. Greenpeace erklärte vorab, noch nie sei die Chance so groß gewesen, die Plastikflut an der Quelle einzudämmen. Der Verband der europäischen Kunststofferzeuger, Plastics Europe, warb im Deutschlandfunk für ein starkes Abkommen, sieht aber den Schwerpunkt nicht auf der Eindämmung von Plastik an sich, sondern eher beim Umgang mit den Abfällen.

    Das Bild zeigt Plastikmüll am Strand von Indonesien
    In vielen Ländern, wie hier in Indonesien, werden Plastikabfälle nicht angemessen entsorgt. (IMAGO / NurPhoto / IMAGO / Muhammad Fauzy)
    Beispielsweise hätten rund 2,7 Milliarden Menschen keinen Zugang zum Abfall-Management, sagte Hauptgeschäftsführerin Christine Bunte, die damit eine geordnete Entsorgung und Wiederverwendung meint. Hier müsse dringend angesetzt werden. Zu einer Begrenzung der Plastikproduktion an sich äußerte sich Bunte allerdings skeptisch. Man sehe in Deutschland, dass Kunststoffe etwa bei Lebensmitteln häufig ersetzt würden durch Verbundverpackungen. Diese seien schwerer und schlechter zu recyceln.

    Worum geht es bei den Verhandlungen?

    Die Verhandlungen in Genf laufen bis 14. August. Es ist bereits die sechste Gesprächsrunde seit 2022; eigentlich sollte bereits im Herbst 2024 im südkoreanischen Busan ein Abkommen erzielt werden. Das gelang allerdings nicht, deshalb verständnigten sich die Teilnehmer dort auf eine Verlängerung in der Schweiz. Diesmal soll nun ein konkreter Vertragstext ausgearbeitet werden. Vertreten sind mehr als 170 Staaten und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen. Für Deutschland nimmt der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Flasbarth, teil.
    Langfristig soll das Abkommen auf einer Stufe mit anderen bedeutenden Umweltverträgen wie dem Pariser Klimaabkommen stehen. Ob eine Einigung gelingt, ist noch offen: Zentrale Streitpunkte sind nach wie vor ungelöst – etwa die Frage, wie der Einsatz gefährlicher Chemikalien geregelt werden soll und ob Entscheidungen einstimmig oder mehrheitlich getroffen werden müssen.

    Welche unterschiedlichen Interessen gibt es?

    Besonders umstritten ist eine mögliche Obergrenze für die Plastikproduktion. Eine Koalition aus über 100 gleichgesinnten Staaten hatten solch eine Obergrenze gefordert – darunter Deutschland, Mexiko, Panama, Ruanda und die Europäische Union.
    Ölstaaten wie Saudi-Arabien und Russland hingegen hatten sich vehement gegen Produktionsgrenzen gestellt und stattdessen gefordert, dass sich das Abkommen auf eine effiziente Abfallwirtschaft fokussieren solle. Sie lehnen eine verbindliche Produktionsgrenze bislang ab.
    Forschende sprechen sich für den ersten, ambitionierteren Ansatz aus: "Plastik sollte nicht nur als Abfall reguliert werden, denn die Probleme fangen bereits bei der umweltschädlichen Herstellung an", betonte etwa Dana Kühnel vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, die die Verhandlungen wissenschaftlich begleitet. Nur wenn der gesamte Lebenszyklus von Kunststoffen berücksichtigt werde, könne das Abkommen wirksam werden. Kühnel fordert aber vor allem eine Einigung: "Mit jeder weiteren Verzögerung werden die Probleme größer."
    Greenpeace warnte vor "freiwilligen Schritten oder Scheinlösungen". Diese feuerten die Krise nur an und lösten nicht das Problem." Die Umweltorganisation verlangt konkrete Schritte wie eine Absenkung der Plastikproduktion um 75 Prozent bis 2040, ein Verbot von Einwegplastik und hohe Mehrwegquoten.

    Welche Probleme bringt Plastik mit sich?

    2022 wurden laut einer globalen Analyse weltweit rund 400 Millionen Tonnen Plastik produziert. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat sich die Menge seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Bis 2060 wird eine Verdreifachung für möglich gehalten. Allein in Deutschland fallen nach Informationen des Bundesumweltamts jährlich knapp 6 Millionen Tonnen an Kunststoff-Abfällen an.
    Diese Abfälle gelangen häufig in die Umwelt. Im Nordatlantik etwa treiben laut aktuellen Schätzungen 27 Millionen Tonnen Mikroplastik. Plastikpartikel finden sich aber auch in Böden, in der Tiefsee, auf Gletschern, in der Luft – und im menschlichen Körper.
    Die Partikel und die ihnen bei der Herstellung zugesetzten Chemikalien stehen im Verdacht, Schäden an Lunge, Herz, Gehirn, Verdauungstrakt, Immun- und Hormonsystem hervorzurufen, wie aus einer vom WWF und der Universität Birmingham erstelltenStudie auf Basis von 200 Untersuchungen hervorgeht.
    Ein aktueller Expertenbericht, der anlässlich der Verhandlungsrunde in Genf im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlicht wurde, spricht von einer "Plastik-Krise". Kunststoffe verursachten Krankheiten und Todesfälle vom Säugling bis ins hohe Alter und seien für Gesundheitsschäden in Höhe von mindestens 1,5 Billionen US-Dollar pro Jahr verantwortlich. Studienautor Philip Landrigan vom Boston College sagte, getroffen werde häufig der verletzlichste Teil der Bevölkerung, also Kinder. Es folgten hohe wirtschaftliche Kosten für die Gesellschaft. Deshalb sei es unabdingbar, zu handeln.
    Diese Nachricht wurde am 05.08.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.