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Verlängerte Ferien
Für Schulschwänzer kann es teuer werden

Wenn die großen Sommerferien anstehen, werden Flüge und Hotels oft teurer - und die Deutschen stehen Schlange: im Stau, am Check-In-Schalter oder auf dem Bahnsteig. Da kommen manche Eltern auf die Idee, ihre Kinder schon Tage vor der Zeugnisvergabe aus dem Unterricht zu nehmen. Das kann teuer werden.

Von Stephanie Kowalewski |
    Ein leeres Klassenzimmer mit Stühlen, Tischen und Tafel
    Wer eigenmächtig der Schule vor den Ferien fernbleibt, muss mit Bußgeldern rechnen. (dpa / Christian Charisius)
    Erst wenn am letzten Schultag der letzte Gong ertönt, sind Ferien. "Richtig. Es besteht Schulpflicht bis zum letzten Schultag. Das ist so gesetzlich geregelt", sagt Dagmar Groß, Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf. Manche Eltern sehen das aber nicht ganz so eng und befreien ihre Kinder eigenmächtig vom Unterricht, um nicht im Stau zu stehen oder um einen billigeren Flug buchen zu können. Läuft ja eh nix mehr in der Schule, so kurz vor den Ferien - ist dann meistens die Entschuldigung. Uwe Hötter, Leiter der Gesamtschule Kempen, schüttelt den Kopf.
    "Also, wir haben zum Beispiel in der letzten Woche die so genannten Klassentage. Das sind unterrichtliche Aktivitäten, die sind auch inhaltlich fundiert: gemeinschaftsbildende Maßnahmen, Erkunden der Stadt Kempen ist so ein Stichwort, Streitschlichtungsebenen. Da findet Unterricht in anderer Form statt, aber es findet eben auch Unterricht statt.
    Bußgelder bis 1.000 Euro
    Und zwar schulpflichtiger Unterricht! Wer daran nicht teilnimmt, verstößt also gegen das Gesetz, begeht eine Ordnungswidrigkeit und riskiert ein Bußgeld betont Dagmar Groß: "Das kann anfangen bei einem zweistelligen Betrag pro Tag, das kann aber auch bis maximal 1.000 Euro gehen."
    Die Höhe ist nicht einheitlich geregelt und variiert - sagen wir mal – je nach Dreistigkeit. Groß: "Das hängt wirklich davon ab, wie das eingefädelt worden ist, wie oft haben die Leute schon gefehlt, wie oft ist das vorgekommen. Also da gibt es einen gewissen Ermessensspielraum, um auch zu gucken, was ist da für eine Historie dahinter."
    Keinen Ermessensspielraum gibt es hingegen für die Schulen, erklärt Uwe Hötter: "Also die Regeln sind ganz klar, dass die Ferien nicht künstlich verlängert werden dürfen. Das heißt, das ist kein Beurlaubungsgrund."
    Die Großmutter stirbt mehrmals - immer vor den Sommerferien
    Echte Beurlaubungsgründe sind dagegen zum Beispiel Hochzeiten oder Todesfälle in der Familie. So mancher Schulleiter reibt sich dann schon mal verwundert die Augen, wie oft da eine Schwester heiratet oder manche Großmutter sogar mehrfach verstirbt - und zwar immer kurz vor den Sommerferien. Unwahrscheinlich, dass die Schulleiter dafür Sonderurlaub gewähren. Aber wie immer im Leben gibt es Ausnahmen, wie im Fall dieses Familienvaters.
    "Er hatte gebucht für den letzten Unterrichtstag. Der Flug sollte abends gehen und von der Fluggesellschaft war dieser Flug nach vorne verschoben worden. Und dann kam die Anfrage, ob man denn eventuell zwei Stunden eher gehen könnte oder so. Das sind Dinge, da kann man drüber reden. Das lassen wir uns dann nachweisen und gut ist", sagt Schulleiter Hötter.
    Schüler, die aber einfach so dem Unterricht fern bleiben, sollten zumindest ein Attest vom Arzt vorlegen können, dass sie krank und nicht auf Reisen sind. Ansonsten kommt Post von der Bezirksregierung.
    Hötter: "Also wenn eine ganz klar nachgewiesene Schulpflichtverletzung vorliegt, dann würde ich auch ganz normal dieses Prozedere ablaufen lassen und dann würde ich auch ein entsprechendes Bußgeld beantragen. Aber diese Notwendigkeit hatten wir hier bisher noch nicht."
    Überhaupt hält sich das Problem insgesamt in Grenzen, meint auch die Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf.
    334 Fälle im Regierungsbezirk Düsseldorf
    Dagmar Groß von der Bezirksregierung: "Die Zahlen steigen, sind aber im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl jetzt nicht dramatisch. Das sind im letzten Jahr 334 Fälle gewesen, wo man tatsächlich ein Bußgeld verhängen musste. Bei aber 500.000 Schülern alleine im Regierungsbezirk Düsseldorf ist die Zahl jetzt nicht so groß."
    Und mit einer immer wieder verbreiteten Falschmeldung muss hier auch einmal aufgeräumt werden, sagt Jörg Bittner, Sprecher der Bundespolizei am Flughafen Düsseldorf. Es gibt keine Razzien nach Schulschwänzern am Check-In-Schalter:
    "Es ist nicht die Aufgabe der Bundespolizei bei den grenzpolizeilichen Kontrollen zu prüfen, ob das Kind zu früh aus der Schule genommen wurde. Das kontrolliert die Bundespolizei definitiv nicht. Aber die Bundespolizei kontrolliert hier schon, ob das Kind in der Obhut des Sorgeberechtigten ist, ob das Kind – ich sag mal – legal in Urlaub fährt und nicht dem Sorgeberechtigten entzogen wurde.
    Und auch die Bezirksregierungen im Land schicken ihre Beamten nicht zur Kontrolle raus an die Abflug-Terminals.