Comicfiguren, Werbung, Zitate von Modelabels oder Computerspielästhetik - man glaubt, diese Art von Malerei schon längst zu kennen. Immer wieder haben sich Künstler in den letzten vierzig Jahren auf die Pop Art berufen, die darauf ziemlich schnell zur Attitüde erstarrt ist. Und doch ist das Werk von Michel Majerus anders als die übliche Zitate-Kunst. nicht nur, weil er zu den wenigen Malern gehört, die auch Riesenformate, Gemälde mit bis zu hundert Quadratmetern Grundfläche, mit einer überzeugenden Raumvorstellung verbinden können und dabei dennoch geradezu akribisch und streng in seiner Malereiauffassung bleiben.
Es ist in vielfacher Hinsicht ein erstaunliches Werk, das dieser Künstler hinterlassen hat. 35 Jahre war Majerus alt, als er im Jahr 2002 bei einem Flugzeugabsturz auf der Reise von seiner Heimat Luxemburg nach Berlin ums Leben kam. Man schätzt, dass er bis dahin rund 1500 Bilder gemalt hat, eine Zahl, deren Ungeheuerlichkeit nur noch von der Qualität seines Werkes überboten wird. "Bilderfresser" haben ihn seine Freunde genannt, weil er offenbar manisch alles Mögliche skizzierte, kopierte, festhielt, was sich an Bildmaterial in seiner Umgebung fand. Nicht selten waren es tatsächlich Werbebotschaften oder die sonstigen animierten Bilderdschungel, die uns täglich und permanent begeleiten.
Die Massenhaftigkeit seiner Bilder entspricht so gesehen ganz konsequent der Massenhaftigkeit der Flut redundanter Bilderwelten in uns und um uns herum. Aber man konnte ihn zum Beispiel auch in Bibliotheken antreffen, wo er die Kataloge der Klassiker studierte, von Warhol über Lichtenstein bis Jasper Johns. Auch sie hat er umfassend und deutlich sichtbar immer wieder zitiert. Allerdings ist Majerus’ Kunst eben jene Art von künstlerischem Zynismus fremd, die das Zitat zum Selbstzweck erhebt, um dem Publikum einzureden, es gebe ohnehin keine Kunst mehr, sondern nur noch Werbung.
Von Beginn seiner kurzen Künstlerlaufbahn an, nach seinem Studium unter anderem bei Joseph Kosuth in Stuttgart, focht Majerus einen durchaus ernstgemeinten Kampf des Malers gegen die "verbrauchte Ikonogafie", wie er es nannte.
Er reproduziert nicht einfach die glatten Oberflächen der Animationswelten, wie etwa ein Jeff Koons, der sich selbst zum Werbeprodukt macht, sondern er radikalisiert sie, er bläht sie auf, macht sie wie einst Andy Warhol zu Ikonen, die auf nichts anderes verweisen als auf sich selbst. Oft genug plaziert er mehrere dieser Ikonen nebeneinander in einem Gemälde, so dass sie sich gegenseitig ins Gehege kommen, ihre starren Grenzen ins Wanken geraten und die Bilder gleichsam implodieren. Oft wird der Betrachter seiner Gemälde von einer suggestiven Bildformel in die nächste gestürzt und dabei seiner eigenen Bildersucht überführt. Er lernt, sein eigenes Sehen zu sehen, so wie es heute ist: überfüttert und vernebelt vom Bilderdunst.
Ein Beispiel für die Komplexität der eigentlich einfachen, höchst aufklärerisch gemeinten Botschaft des Michel Majerus ist das 4,80m mal 7 Meter großen Gemälde "Thälmannkart" aus dem Jahr 2001: Auf der rechte Bildseite die blitzsaubere Animation aus der Sandmännchenserie des DDR-Fernsehens, die Kindern die sozialistische Planwirtschaft näherbringen soll, auf der linken Bildseite eine chaotische Flut von Comicgrimassen aus der Grafik des westlichen Computerspiels "SuperMario". Es ist eine politisch-ästhetische und soziale Konfrontation sondergleichen, die sich hier zusammenbraut und die Majerus mit einem selbstbewußten Pinselklecks quer durch das Bild signiert hat.
Auch Worte können "Ikonen" sein, die sich gegenseitig in ihrer schlagwortartigen Erstarrung erschlagen. Er verwendet sie in den Gemäldetiteln, etwa "Taliban Pop" oder "Kino Utopia", oder indem er die abgedroschenen Formeln des laufenden Kunstdiskurses in den Wirbel der übrigen Labels und Werbeformeln hineinrührt.
In all dem kämpft Majerus mit grandioser Geste und unglaublicher Energie um den Primat der Kunst.
Dass dies ganz buchstäblich auch ein Wettlauf mit der Zeit ist, zeigen eben gerade die zahlreichen Zitate seiner Künstlervorbilder, die Majerus immer wieder in seine Gemäldeinstallationen einbaut: Lichtenstein oder Frank Stella, Andy Warhol oder die Minimal Art: Berühmte Kunst-Topoi, die mittlerweile auch schon zum sattsam anerkannten Bilderschatz gehören und so beliebig zitierbar geworden sind, dass auch sie Teil der "verbrauchten Ikonografie" werden.
Erkennbar hat Majerus alles daran gesetzt, nicht eines Tages selbst nur noch Zitat, der Bildermaschinerie immer einen Schritt voraus zu sein. Ob ihm das gelingt, darf spätestens nach dieser großartigen Doppelausstellung seines Werkes in Hamburg und Hannover als fraglich gelten. Aber es gibt auch schlimmere Formen des Scheiterns.
Es ist in vielfacher Hinsicht ein erstaunliches Werk, das dieser Künstler hinterlassen hat. 35 Jahre war Majerus alt, als er im Jahr 2002 bei einem Flugzeugabsturz auf der Reise von seiner Heimat Luxemburg nach Berlin ums Leben kam. Man schätzt, dass er bis dahin rund 1500 Bilder gemalt hat, eine Zahl, deren Ungeheuerlichkeit nur noch von der Qualität seines Werkes überboten wird. "Bilderfresser" haben ihn seine Freunde genannt, weil er offenbar manisch alles Mögliche skizzierte, kopierte, festhielt, was sich an Bildmaterial in seiner Umgebung fand. Nicht selten waren es tatsächlich Werbebotschaften oder die sonstigen animierten Bilderdschungel, die uns täglich und permanent begeleiten.
Die Massenhaftigkeit seiner Bilder entspricht so gesehen ganz konsequent der Massenhaftigkeit der Flut redundanter Bilderwelten in uns und um uns herum. Aber man konnte ihn zum Beispiel auch in Bibliotheken antreffen, wo er die Kataloge der Klassiker studierte, von Warhol über Lichtenstein bis Jasper Johns. Auch sie hat er umfassend und deutlich sichtbar immer wieder zitiert. Allerdings ist Majerus’ Kunst eben jene Art von künstlerischem Zynismus fremd, die das Zitat zum Selbstzweck erhebt, um dem Publikum einzureden, es gebe ohnehin keine Kunst mehr, sondern nur noch Werbung.
Von Beginn seiner kurzen Künstlerlaufbahn an, nach seinem Studium unter anderem bei Joseph Kosuth in Stuttgart, focht Majerus einen durchaus ernstgemeinten Kampf des Malers gegen die "verbrauchte Ikonogafie", wie er es nannte.
Er reproduziert nicht einfach die glatten Oberflächen der Animationswelten, wie etwa ein Jeff Koons, der sich selbst zum Werbeprodukt macht, sondern er radikalisiert sie, er bläht sie auf, macht sie wie einst Andy Warhol zu Ikonen, die auf nichts anderes verweisen als auf sich selbst. Oft genug plaziert er mehrere dieser Ikonen nebeneinander in einem Gemälde, so dass sie sich gegenseitig ins Gehege kommen, ihre starren Grenzen ins Wanken geraten und die Bilder gleichsam implodieren. Oft wird der Betrachter seiner Gemälde von einer suggestiven Bildformel in die nächste gestürzt und dabei seiner eigenen Bildersucht überführt. Er lernt, sein eigenes Sehen zu sehen, so wie es heute ist: überfüttert und vernebelt vom Bilderdunst.
Ein Beispiel für die Komplexität der eigentlich einfachen, höchst aufklärerisch gemeinten Botschaft des Michel Majerus ist das 4,80m mal 7 Meter großen Gemälde "Thälmannkart" aus dem Jahr 2001: Auf der rechte Bildseite die blitzsaubere Animation aus der Sandmännchenserie des DDR-Fernsehens, die Kindern die sozialistische Planwirtschaft näherbringen soll, auf der linken Bildseite eine chaotische Flut von Comicgrimassen aus der Grafik des westlichen Computerspiels "SuperMario". Es ist eine politisch-ästhetische und soziale Konfrontation sondergleichen, die sich hier zusammenbraut und die Majerus mit einem selbstbewußten Pinselklecks quer durch das Bild signiert hat.
Auch Worte können "Ikonen" sein, die sich gegenseitig in ihrer schlagwortartigen Erstarrung erschlagen. Er verwendet sie in den Gemäldetiteln, etwa "Taliban Pop" oder "Kino Utopia", oder indem er die abgedroschenen Formeln des laufenden Kunstdiskurses in den Wirbel der übrigen Labels und Werbeformeln hineinrührt.
In all dem kämpft Majerus mit grandioser Geste und unglaublicher Energie um den Primat der Kunst.
Dass dies ganz buchstäblich auch ein Wettlauf mit der Zeit ist, zeigen eben gerade die zahlreichen Zitate seiner Künstlervorbilder, die Majerus immer wieder in seine Gemäldeinstallationen einbaut: Lichtenstein oder Frank Stella, Andy Warhol oder die Minimal Art: Berühmte Kunst-Topoi, die mittlerweile auch schon zum sattsam anerkannten Bilderschatz gehören und so beliebig zitierbar geworden sind, dass auch sie Teil der "verbrauchten Ikonografie" werden.
Erkennbar hat Majerus alles daran gesetzt, nicht eines Tages selbst nur noch Zitat, der Bildermaschinerie immer einen Schritt voraus zu sein. Ob ihm das gelingt, darf spätestens nach dieser großartigen Doppelausstellung seines Werkes in Hamburg und Hannover als fraglich gelten. Aber es gibt auch schlimmere Formen des Scheiterns.