Auf mindestens 15.000 Menschen schätzt Kinderarzt Professor Olaf Hiort von der Universität Lübeck die Zahl an Intersexuellen hierzulande, doch die Dunkelziffer sei hoch. Viele der Hilfesuchenden, die sich um Rat an den Mediziner wenden, stecken mitten in der Pubertät, berichtet Hiort: "Diesen Jungs wachsen in der Pubertät plötzlich Brüste, weil sie teilweise feminisieren. Für sie ist das eine erhebliche Katastrophe, die den gesamten Alltag der Betroffenen beeinflusst". Die Intersexualität besitzt viele Formen. So kann ein Kind äußerlich ein Mädchen sein, doch innerlich wachsen ihm haselnusskleine Hoden. Auch für die Eltern sei es oft ein schwerer Schlag, wenn sie erfahren, dass ihr Kind weder völlig Mann noch ganz Frau ist. Oft werde dann die Forderung nach einer geschlechtskorrigierenden Operation gestellt.
Auch für die Ärzte erwächst daraus ein schweres Dilemma: "Über ein Kind oder ein kleines Baby soll man letztendlich eine Entscheidung treffen, wie es sich in der Pubertät entwickeln und fühlen wird. Doch kann niemand das voraussagen." So versuche man anhand des Genitalbefundes auf die überwiegende weitere Entwicklung zu schließen, doch ob das tatsächlich stimme, wisse man letztlich nicht. So kann ein zu früher Eingriff die Psyche eines Patienten dauerhaft schädigen. Oft seien in der Vergangenheit bei der Behandlung der Intersexualität Fehler begangen worden, räumt Hiort ein. Inzwischen fordern viele Betroffene von den Ärzten, auf Operationen ganz zu verzichten, damit die Kinder selbst über ihre Identität entscheiden könnten. Dem schließt sich auch Hertha Richter Appelt, Sexualforscherin an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, an. Allerdings warnt die Expertin vor einer zu frühen Sexualaufklärung der Kinder: "Eine Aufklärung in einer zu frühen Entwicklungsphase kann ebenfalls erheblich traumatisieren."
Einen Ausweg sehen Experten vor allem in einer möglichst frühen Erkennung, vielleicht sogar noch vor der Geburt. "Bei einer Androgenresistenz etwa können männliche Hormone ihre Wirkung nicht entfalten und entscheidende Entwicklungsprogramme anstoßen", erläutert Paul-Martin Holterhus von der Universität Lübeck. Die betroffenen Patienten entwickeln zwar Hoden, bilden aber weibliche äußere Merkmale aus. Der dafür verantwortliche Gendefekt kann seit kurzem bereits in einer sehr frühen Phase der Schwangerschaft festgestellt werden. Damit geraten die Forscher aber mitten in die Ethik-Diskussion um die vorgeburtliche Diagnostik. Keinesfalls sei es Ziel, Gene zu manipulieren und so die Entwicklung eines Menschen zu lenken, unterstreicht Professor Hiort. Vielmehr gehe es darum, bessere Behandlungsmethoden der Intersexualität zu entwickeln und den Betroffenen als kompetenter Ansprechpartner zur Seite zu stehen.
[Quelle: Jens Wellhöner]
Auch für die Ärzte erwächst daraus ein schweres Dilemma: "Über ein Kind oder ein kleines Baby soll man letztendlich eine Entscheidung treffen, wie es sich in der Pubertät entwickeln und fühlen wird. Doch kann niemand das voraussagen." So versuche man anhand des Genitalbefundes auf die überwiegende weitere Entwicklung zu schließen, doch ob das tatsächlich stimme, wisse man letztlich nicht. So kann ein zu früher Eingriff die Psyche eines Patienten dauerhaft schädigen. Oft seien in der Vergangenheit bei der Behandlung der Intersexualität Fehler begangen worden, räumt Hiort ein. Inzwischen fordern viele Betroffene von den Ärzten, auf Operationen ganz zu verzichten, damit die Kinder selbst über ihre Identität entscheiden könnten. Dem schließt sich auch Hertha Richter Appelt, Sexualforscherin an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, an. Allerdings warnt die Expertin vor einer zu frühen Sexualaufklärung der Kinder: "Eine Aufklärung in einer zu frühen Entwicklungsphase kann ebenfalls erheblich traumatisieren."
Einen Ausweg sehen Experten vor allem in einer möglichst frühen Erkennung, vielleicht sogar noch vor der Geburt. "Bei einer Androgenresistenz etwa können männliche Hormone ihre Wirkung nicht entfalten und entscheidende Entwicklungsprogramme anstoßen", erläutert Paul-Martin Holterhus von der Universität Lübeck. Die betroffenen Patienten entwickeln zwar Hoden, bilden aber weibliche äußere Merkmale aus. Der dafür verantwortliche Gendefekt kann seit kurzem bereits in einer sehr frühen Phase der Schwangerschaft festgestellt werden. Damit geraten die Forscher aber mitten in die Ethik-Diskussion um die vorgeburtliche Diagnostik. Keinesfalls sei es Ziel, Gene zu manipulieren und so die Entwicklung eines Menschen zu lenken, unterstreicht Professor Hiort. Vielmehr gehe es darum, bessere Behandlungsmethoden der Intersexualität zu entwickeln und den Betroffenen als kompetenter Ansprechpartner zur Seite zu stehen.
[Quelle: Jens Wellhöner]