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Verluste nach der Ernte

Obst und Gemüse verliert auf dem Weg vom Erzeuger zum Verbraucher an Qualität. Das kann man sich denken. Dass aber so viel verdirbt - ein Drittel bei konventionell angebautem Obst und Gemüse - erstaunt dann doch. Das Potsdamer Institut für Agrartechnik geht davon aus, dass es beim biologisch angebauten Obst und Gemüse sogar noch mehr ist. Die Wissenschaftler haben untersucht, was für die höheren Verluste im Biobereich verantwortlich sein könnte und Verbesserungsvorschläge gemacht.

Von Wulf-Peter Gallasch |
    Obst und Gemüse verliert auf dem Weg vom Erzeuger zum Verbraucher an Qualität. Das kann man sich denken. Dass aber so viel verdirbt - ein Drittel bei konventionell angebautem Obst und Gemüse - erstaunt dann doch. Das Potsdamer Institut für Agrartechnik geht davon aus, dass es beim biologisch angebauten Obst und Gemüse sogar noch mehr ist. Die Wissenschaftler haben untersucht, was für die höheren Verluste im Biobereich verantwortlich sein könnte und Verbesserungsvorschläge gemacht.

    " Es wird von dem gekühlten Laster in den Laden rein geschoben. Dann bringt der Lastwagenfahrer vielleicht das Leergut raus, wieder in den Laster. Bis er das dann in die Kühlung stellt, ist es schon einmal beschlagen. Dann geht es los. Hat die Frucht einen Nässefilm, dann kann sich so ein Pilz wunderbar verbreiten. Transportweg Wasser. Fauliger Salat, das braucht nur ein Ding in so einer Kiste mit drin sein, das steckt die anderen an."

    Christiane Kufner leitet einen Bio-Laden in Hannover. Ein Laden mit Voll-Sortiment und gekühltem Lager. Aber die Kühlung allein reicht nicht. Christiane Kufner ist zunächst einmal von der guten Qualität der Lieferung abhängig, von der richtigen Verpackung, dem schnellen Transport. Unterbricht etwa die Kühlkette, auf dem Weg vom Erzeuger über Zwischenhändler zum Einzelhandel, leidet die Qualität insbesondere empfindlicher Produkte. Egal, ob aus ökologischem oder konventionellem Anbau:

    " Eine internationale Studie besagt, dass Ernteverluste von über 30 Prozent bestehen und davon zwei Drittel im Einzelhandel."

    Katrin Buthenuth vom Potsdamer Institut für Agrartechnik Bornim (ATB) schätzt, dass die Qualitäts- oder Marktverluste von Bio-Obst und -Gemüse bei über 30 Prozent liegen. Sie und ihre Kollegen haben die Wertschöpfungskette im Bio-Bereich bei Erzeugern, Groß- und Einzelhändlern auf Schwachstellen untersucht. Qualitätseinbußen, sagt Katrin Butenuth, treten bereits am Anfang der Kette auf:

    " Wir haben zum Beispiel Broccoli begleitet. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass dieses Produkt einen Tag bei Temperaturen von 25 Grad beim Erzeuger stand. Und Broccoli ist ein sehr empfindliches Produkt, was eine hohe Atmungsrate hat."

    Zugluft, Temperaturschwankungen, Erntezeitpunkt, Lagerzeit, Transport- und Aufbewahrungsart beeinflussen die Qualität. Im Ökobereich, so ergab die Studie des ATB, mangelt es auf Erzeugerseite zu häufig an Frische, weichen Größe und Gewicht der Produkte von den Handelsklassenormen ab. Zu oft reklamieren die Großhändler bei ihrer Wareneingangskontrolle beschädigte oder befallene Ware. Die Erntemenge entspricht mitunter nicht dem Bedarf, es wird "auf Verdacht" geerntet. Viele Öko-Erzeuger haben zwar gekühlte Lager aber keine gekühlten Transportfahrzeuge, mit denen sie die Ware dem Zwischenhändler liefern könnten. Wesentlich ist, so ergibt die Studie:

    " Dass es wenig aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe gibt. Dass es unterschiedliche Qualitätsbilder gibt, bei den Akteuren. Den Mitarbeitern mangelt es oft an dem Fachwissen."

    Mit Ausnahme des Großhandels mangelt es den Akteuren der Öko-Wertschöpfungskette oft genug auch schlicht an Kapital und somit an technischen Mitteln zur Qualitätssicherung. Im Einzelhandel etwa fehlen geeignete Kühlmöbel oder produktgerechte Lagermöglichkeiten. Um so wichtiger, dass das Obst und Gemüse schnell angeboten und bestmöglich behandelt wird. Für Naturkostläden und Direktanbieter hat das ATB deshalb einen Leitfaden erstellt, für "produktoptimales Handling":

    " Weil jedes Produkt anders reagiert auf seine Umwelt, andere Klimabedingungen braucht, damit es frisch präsentiert werden kann. Man muss schon speziell ein Produkt sich angucken. Gerade wenn man Obst und Gemüse nebeneinander präsentiert, muss man auf solche Sachen achten, die nicht groß aufwendig sind, die aber im Resultat sehr viel bringen."

    Ein Leitfaden, mehr Schulung im Interesse besserer Obst- und Gemüsequalität, das hält Geschäftsführerin Christine Kufner zwar für eine gute Idee. Nur muss sie auf Qualität und günstige Einkaufpreise achten:

    " Das ist immer so ein Balance-Akt zwischen, ich will es frisch anbieten, aber ich will auch einen günstigen Einkaufspreis. Und wir brauchen im Grunde jeden Tag eine Kiste Bananen, aber ich kann nicht jeden Tag eine Kiste Bananen einzeln bestellen. Also bestellen wir natürlich schon immer Staffeln."

    Und die müssen gelagert werden. Möglich, dass sich auch das Preisgefüge im Interesse der Einzelhändler verbessern ließe. Sicher ist, sagt Katrin Butenuth vom ATB, dass die Nachernteverluste weit geringer ausfallen könnten:

    " Die Akteure der Kette müssen besser miteinander kommunizieren. Wichtig ist, dass man sich mehr darauf einlässt, was die Abnehmerseite wünscht, und nicht nur seinen eigenen kleinen Pool sieht, sondern die ganze gesamte Kette. "