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Vernachlässigte Blähungen

Klima.- Als vor knapp 14.000 Jahren die Mammuts auf dem amerikanischen Kontinent ausstarben, sanken die Methanemissionen deutlich - das hat nun eine US-Wissenschaftlerin herausgefunden.

Von Michael Stang |
    Auf die Idee, die Methanemissionen von Mammuts und anderen heute ausgestorbenen Pflanzenfressern zu untersuchen, sei sie durch das Radiohören beim Autofahren gekommen, sagt Felisa Smith. Die Professorin vom Institut für Biologie der Universität von New Mexico hatte bei der Rundfunkanstalt MPR die Sendung "Wait, wait ... Don't tell me" gehört, in der geraten werden sollte, wie viel Methan ein Elch pro Jahr emittiert.

    "Als ich wieder zu Hause war, fragte ich mich, was vor 13.400 Jahren passierte, als Menschen zum ersten Mal nach Amerika gekommen sind. Damals herrschte auf dem Kontinent eine Vielfalt an großen Säugetieren, die sogar größer als die in Afrika war; es gab Pferde, Lamas, Kamele, Mammuts, Bisons, Riesenfaultiere und so weiter. Nach der Einwanderung des Menschen sind 154 dieser Tierarten ausgestorben."

    Felisa Smith sah sich daraufhin Studien an, in denen die jährliche Methanmenge von Zebras, Elefanten und anderen großen Pflanzenfressern untersucht wurden. Dabei sah sie, dass die Emissionen mit der Körpergröße korrelieren und schloss daraus, dass dies auch bei den heute ausgestorbenen Mammuts & Co der Fall gewesen sein musste.

    "Die Anzahl der damals lebenden Tiere haben wir anhand der Verbreitungszahlen heute lebender Pflanzenfresser hochgerechnet. Als nächstes mussten wir den Methanausstoß pro Tier ermitteln. Bei unseren Rechnungen haben wir eine Gleichung gefunden, mit der wir die Methanemissionen zu 96 Prozent korrekt über die Körpergröße des jeweiligen Tieres angeben können."

    Den artspezifischen Methanausstoß errechnete sie von 114 Tierarten, die zur Zeit der Erstbesiedlung Amerikas dort gelebt haben.

    "Wir gehen davon aus, dass mit dem Aussterben der großen Pflanzenfresser knapp zehn Teragramm Methan weniger pro Jahr emittiert wurden, also rund zehn Millionen Tonnen. Wenn man bedenkt, was für ein wirkungsvolles Treibhausgas Methan ist, immerhin ist es 25 mal so wirksam wie Kohlenstoffdioxid, dann muss dieser Wegfall an Methanemissionen erhebliche Auswirkungen auf das Klima gehabt haben."

    Mit einer solch gewaltigen Menge hatte sie nicht gerechnet. Da sich Methan in der Atmosphäre nur einige Jahre hält, könne man die Schwankungen in Eisbohrkernen exakt ablesen.

    "Schaut man sich die Analysen an Eisbohrkernen an, sieht man, dass es plötzlich viel weniger Methan in der Atmosphäre gab als die großen Pflanzenfresser in Amerika ausstarben. Wir gehen davon aus, dass dieser Methanrückgang zu 12,5 bis 100 Prozent auf dieses Ereignis zurückzuführen ist. Stimmen diese hohen Zahlen, haben Menschen schon vor 13.400 Jahren mit dem Ausrotten von Mammut und Co erheblich in das Klimageschehen eingegriffen, und das ist einfach erstaunlich."

    Felisa Smith zufolge sind diese reduzierten Methanemissionen ein nicht zu unterschätzender Faktor in Klimaberechnungen. Auch liegen die Methanemissionen wilder Tiere deutlich über den Annahmen des Weltklimarates IPCC. Dieser berechnet in seinen Klimamodellen nur den Ausstoß domestizierter Tiere, etwa den von Rindern und Schafen. Wildtiere kommen hingen nicht darin vor. Der Grund liege, so Felisa Smith, darin, dass sich der IPCC auf eine Publikation des niederländischen Ozonforschers und Chemie-Nobelpreisträgers Paul Crutzen stützt. Dieser schrieb 1986, dass die Methanemissionen wilder Tiere vernachlässigbar seien. Dies sei definitiv nicht der Fall, so die US-amerikanische Biologin. Den neuen Daten zufolge emittieren Wildtiere auch heute noch vermutlich viel mehr Methan als bislang angenommen und der Weltklimarat dürfe sich diesen Ergebnissen nicht mehr verschließen.