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Vernetzter Haushalt
Was will Google mit Rauchmeldern?

Moderne Heizungen oder Wäschetrockner lassen sich mit dem Smartphone von unterwegs aus- und einschalten. Zum Beispiel mit Geräten der Firma Nest. Jetzt will der Internetriese Google das Unternehmen übernehmen. Kritiker befürchten, dass der Suchmaschinenkonzern damit an sensible Daten gelangen könnte.

Sven Hanse im Gespräch mit Sina Fröhndrich | 14.01.2014
    Rauchmelder von Nest Labs Inc. in einer Wohnung
    Rauchmelder von Nest Labs Inc. (dpa / picture alliance / Nest Labs Inc.)
    Sina Fröhndrich: Draußen ist es kalt und Sie möchten ein warmes Wohnzimmer, wenn Sie nach Hause kommen. Die Heizung soll an sein. Aber wie geht das, wenn keiner zuhause ist? Mit dem SmartPhone von unterwegs. Das bietet zum Beispiel die US-Firma Nest. Die baut Thermostate und auch Rauchmelder, die vernetzt sind und sich dann von außen steuern lassen. Und diese vernetzten Geräte gibt es künftig unter dem Dach von Google, denn der Internet-Konzern will das kleine Unternehmen schlucken.
    Google steigt in den Hausgerätemarkt ein. Was heißt das jetzt genau? Das wollte ich von Sven Hansen wissen vom Computermagazin c’t. Die Frage an Ihn: Nest kann sehen, ob mein Toast verbrannt ist und der Rauchmelder reagiert. Diese Daten werden übermittelt. Was aber will jetzt Google mit dem verbrannten Toast?
    Sven Hansen: Ja, das fragen sich einige. Vor allen Dingen war die ganze Sache ja nicht billig: 3,2 Milliarden Dollar sind ja kein Pappenstiel. Google als Internet-Konzern ist natürlich immer interessiert an vernetzten Produkten, und Nest bietet ein solches Produkt mit dem Rauchmelder, vor allen Dingen aber auch mit dieser Thermostatlösung. Da geht es um Heizungssteuerung und auch das natürlich übers Netz. Das heißt, von unterwegs aus kann ich diese ganzen Sachen auch beeinflussen, einsehen, und da wird die Sache für Google natürlich auch spannend.
    Fröhndrich: Inwiefern wird das spannend für Google? Was kann Google denn mit diesen Daten eigentlich anfangen?
    Hansen: Erst mal mit den Daten vielleicht noch nicht mal in erster Linie. Es ist ja eher schon so, dass viele Leute da Befürchtungen haben, dass jetzt die Daten als erstes abhanden kommen würden. In jedem Fall hat Google aber einen wichtigen Fuß in der Tür beim Thema Heimautomation, vernetztes Heim, Kommunikation von Geräten untereinander, und deshalb macht sich das eigentlich in diesem ganzen Portfolio schon gut. Google hat natürlich auch die Taschen voller Geld, das muss man auch wissen. Das heißt, die schauen schon immer, welche Unternehmen bieten spannende Geschichten und wo kann man vielleicht geschickt investieren, und offensichtlich denkt man, dass das solch ein Investment ist.
    Fröhndrich: Und wenn wir jetzt die Einkaufstour von Google vielleicht noch fortsetzen: Beim Thema Hausvernetzung, was könnte denn da noch kommen? Wie müssen wir uns das in Zukunft vorstellen?
    Hansen: Nest bringt tatsächlich auch nur diese zwei Produkte mit, das ist ja nicht viel, und auch die wurden bisher nur in homöopathischen Dosen verkauft. Aber Nest bringt auch ein richtig starkes Entwicklungsteam mit. Da sind ehemalige Leute von Apple auch drin und es sind Leute drin, die so ein bisschen Verständnis davon haben, wie man Geräte, die bisher, sagen wir mal, stumpf, doof irgendwo herumhingen im Haushalt, mit „Intelligenz“ ausstatten kann, so etwas wie einen Rauchmelder und ein Thermostat. Man kann sich alle Komponenten der Heimsteuerung durchaus intelligent vorstellen und vernetzt, und dann wird es natürlich auch für Google wieder interessant, weil die das wieder mit ihren Services koppeln können, und dann kann man mit so einem tollen Google-SmartPhone vielleicht ganz viele Sachen zuhause steuern.
    Fröhndrich: Das ist jetzt die Sicht von Unternehmensseite. Wenn wir jetzt mal auf die Verbraucherseite gehen: Was habe ich denn eigentlich davon als Verbraucher?
    Hansen: Wenn es um diese Heimautomationssachen geht, gibt es eigentlich immer nur drei Bereiche, die da interessant sind. Das ist einmal Sicherheit, dann ist da Komfort und Energieersparnis. Im Falle von dieser Thermostatlösung von Nest, da geht es tatsächlich darum, dass ich damit Stromkosten sparen kann. Dieser Thermostat steuert elektrische Heizungen vor allen Dingen, die dort recht gebräuchlich sind in den USA, und sorgt einfach dafür, dass soweit ich aus dem Haus gehe die Heizung runtergeregelt wird. Das heißt, wenn das gut gemacht wird, ist es tatsächlich so, dass ich auf der Stromrechnung weniger Geld dann zum Schluss habe.
    Sicherheit – das ist so ein typisches Beispiel dieser Rauchmelder. Da geht es darum: wie schütze ich mein Haus, Einbruchssicherheit, oder solche Sachen wie Feuer. Und bei Komfort geht es eigentlich immer um Lichtsteuerung, Klimasteuerung, das heißt Geräte, die sich automatisch ein- und ausschalten, bestimmte lichtatmosphärische Sachen schaffen, oder die Jalousien gehen runter und ein schönes Stimmungslicht geht an, solche Geschichten.
    Fröhndrich: Das klingt jetzt alles ganz komfortabel und vorteilhaft. Aber Sie haben die andere Seite auch schon angesprochen: das sind die Daten. Firmen kennen dann meine Daten. Die wissen zum Beispiel, wann ich zuhause bin. Wie sicher sind denn diese Daten vor Hackern? Ich habe heute einen Kommentar gelesen: „Mein Toaster hat mich verraten“, wird das kommentiert. Ist das eine übertriebene Angst, oder doch real?
    Hansen: Es ist zumindest ein wichtiges Szenario, was dort beschrieben wird und was man auch als Gefahr ganz klar sehen muss. Viele Sachen, viele Komfortfunktionen, die heutzutage kommen mit diesen vernetzten Geräten, bergen natürlich immer auch das Risiko, dass das ganze von außen eingesehen werden kann. Spätestens seit dem NSA-Skandal wissen wir auch, dass da teilweise Leute zuhören, von denen man gar nicht gedacht hätte, dass sie zuhören. Das heißt, es müssen noch nicht mal unbedingt die „bösen Unternehmen“ sein, die hier Daten sammeln, sondern auch ganz andere Stellen können in die Daten reingucken. Und wenn wir jetzt mal beim Beispiel dieses Thermostaten bleiben, dann kann man sich schnell denken: Wenn man solche Daten zentral sammelt, hat man natürlich auch sehr schnell ein ziemlich gutes Bewegungs-Benutzungsprofil. Dann weiß ich plötzlich, wann geht jemand aus dem Haus, dann geht das alles aus. Das heißt, man muss sich als Verbraucher am Ende des Tages entscheiden: nimmt man diese Komfortfunktion oder Sicherheitsfunktion mit, oder ist einem das dann doch ein bisschen zu viel und man bleibt lieber bei den herkömmlichen Geräten, die nicht vernetzt sind.
    Fröhndrich: Sven Hansen vom Computermagazin c’t über Google und den vernetzten Haushalt. Google will den Thermostathersteller Nest übernehmen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.