Bei Bremen, wo die Ems in die Nordsee mündet, reichen sattgrünen Wiesen bis ans Meer. Hier in Nordenham arbeitet ein weltweit tätiges Unternehmen: die Norddeutschen Seekabelwerke. Thorsten Schwarz ist der Geschäftsführer.
"Unser Geschäft ist schon immer eines gewesen, wo wenige Anbieter von einem Standort den globalen Markt bedienen."
Der Terminkalender des Geschäftsführers hat wenig Spielraum. In der ganzen Welt ist Thorsten Schwarz unterwegs in Sachen Seekabel: Sie verbinden die Menschen, wenn sie telefonieren oder im Internet surfen, und sie transportieren ihnen Energie. Schon über 100 Jahre sind die Norddeutschen Seekabelwerke in diesem Geschäft:
"Wir haben in diesem Jahr das 113. Firmenjubiläum, sind 1899 gegründet worden und stellen seit dieser frühen Existenz Seekabel her, das heißt Kabelsysteme, die im Wasser betrieben werden."
1899, das war die Zeit, als viele Länder zu ihren Kolonien jenseits der Meere gute Verbindungen aufbauen wollten. Übersee-Telefone waren dabei ein wichtiger Schritt. Seitdem hat der Kabelmarkt zahlreiche Revolutionen erlebt:
"Früher hat man Gutapercha als Isolationsmaterial verwendet, später haben wir den Übergang auf faseroptische Übertragungssysteme gesehen. Jede Entwicklung für sich war eine unglaubliche Revolution","
berichtet Schwarz. Verändern sich die Märkte, muss sich auch manche Firmenstruktur ändern: 2000 gingen die Seekabelwerke eine enge Kooperation mit Corning Cable Systems ein, und seit 2007 sind sie eine 100er Tochter der US-General Cable Corporation. Doch die Seekabelkompetenz innerhalb der Gruppe bleibt in Nordenham.
Die vielen Kabeltypen, die Schwarz produziert, erfordern ebensoviel Fachwissen, denn sie haben ganz unterschiedliche Aufgaben. Den Rekord an Komplexität und notwendiger Erfahrung hält eines, das in 6000 Metern Tiefe arbeiten muss.
In der Zentrale, im Service und in der Produktion sind 550 Mitarbeiter aus vielen Gewerken beschäftigt. In den langgestreckten Hallen surren und brummen die Maschinen Tag und Nacht:
""Also in dieser Halle läuft die Vorproduktion für die entsprechende Offshore-Fertigung, für unsere Offshore und Spezialfertigung. Da werden entsprechende Adern verseilt bzw. Litzen verseilt","
erklärt Oliver Kriesel, Fertigungsleiter in der Kabelproduktion.
Dünne Drähte, die wie Fäden aussehen, laufen in eine trichterförmige Trommel, hier rein, da raus, sie verschwinden kurz. Dann kommen sie als festes Band am anderen Ende wieder zum Vorschein, und rasen in die nächste Maschine. Bis die Fasern zu einem dicken Kabel zusammengewachsen sind, haben sie viele Stationen durchlaufen.
""Die Energieseekabel, die Einzelelemente und die Füllelemente werden miteinander verseilt, in der großen Verseilmaschine. Um das Gebilde zu halten, wickeln wir am Ende noch einmal Keppler drumrum. Das stabilisiert die Verseilung","
erläutert Kriesel. Verseilen bedeutet verdrehen, schiebt er zur Erklärung nach. So speziell wie die Sprache, so speziell ist auch der Aufbau der Drehstromkabel:
""Einzelleiter, Kupferleiter. Man ordnet diese Leiter symmetrisch an, weil es sonst zu elektromagnetischen Störungen kommt. Und um jeden dieser Leiter herum ist Isolationsmaterial, wodurch ein Eindringen von Wasser verhindert wird. Das sind einige Schichten von crossverlinktem Polyethylen. Dann kommt ein Schirm. Wenn es also einen Kurzschluss gibt."
Doch dazu darf es nicht kommen. Perfekt müssen sie sein, die Energieseekabel. Sie sollen Inselbewohnern den Strom vom Festland heranbringen. Oder auch entgegengesetzt arbeiten. Wenn zum Beispiel Offshore-Windmühlen ihre Flügel drehen, produzieren sie Strom, der über diese speziellen Kabel von Mühle zu Mühle und dann zum Land fließt. Und wie kommen die zentnerschweren Kabel auf ihren Trommeln zum Einsatzort?
Da gibt es Spezialschiffe. Die holen sie direkt vom Werk und versenken sie am Zielort im Meeresboden:
"Wir als NSW haben mittlerweile zwei eigene Schiffe für solche Spezialkabellegearbeiten. Die Mannschaften zu rekrutieren, die auf der einen Seite im Marineumfeld arbeiten können, müssen mit Wetter, Seegang, harten Arbeitszeiten, und die aber andererseits auch Erfahrung bei der Kabellegung mitbringen","
erklärt Thorsten Schwarz. Er sucht draußen nach Mitarbeitern. In Deutschland findet er nur wenige, mehr dagegen in den traditionellen Seefahrernationen wie Großbritannien und Norwegen.
Seekabel stellen nur wenige Anbieter her, und die sind dann weltweit im Geschäft. Besonders knapp wird es, wenn der Strom über mehr als rund 100 Kilometer auf dem Meeresboden fließen soll. Weil die Strecke dann zu lang wird für eine normale Spannung, übernehmen HGÜ-Kabel, Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungskabel, den Transport.
""Man kann aktuell zwei Trends feststellen: Zum einen steigen die zu übertragenden Leistungen permanent, zum anderen werden die Distanzen länger. Hier in Deutschland haben wir bereits ein Kabel, das Deutschland mit Norwegen verbindet, das erfolgreich läuft."
Hersteller für diese HGÜ Kabel gibt es nur zwei. Die einsamen Spieler haben viel Arbeit vor sich: Über fünfzehn neue Windparks entstehen in Nord- und Ostsee. Die Einstiegsbarrieren sind hoch:
"Enorme Kapitalaufwendungen, hohe und lange Entwicklungszyklen, wenn man das in Kombination sieht mit der Geschwindigkeit, die im Rahmen der Energiewende von der Regierung eingefordert wird, das ist in dieser Kombination schon eine besondere Herausforderung."
Haftungsfragen sind ein weiteres Thema, an das sich keiner so richtig herantraut, denn es geht um Milliardenbeträge, wenn etwas schief läuft. Generalunternehmer werden gesucht, die alle Tücken von Wind und Wasser kennen, alle Risiken schultern. Aber die sind rar:
"Wenn man sich die Investitionsvolumina ansieht, und da ziehe ich wirklich auch den Hut davor, wir haben allein in der Nordsee gesehen, dass einer der beiden für über 5 Milliarden Euro Verträge platziert hat, nur für HGÜ Leitungen","
stellt Thorsten Schwarz beeindruckt fest.
Auch die kurzfristige Denkweise in der Politik macht den Unternehmen zu schaffen. England mache das besser: Dort würden kombinierte Programme aufgelegt und langfristige Verträge an die Unternehmen vergeben, damit planbar Kapazitäten aufgebaut werden können. Zudem stelle der Staat Forschungsmittel bereit, damit Produktentwicklungen vorangetrieben werden können. Die Situation in Deutschland, so Thorsten Schwarz:
""Das ist eine Situation, die man deutlich noch verbessern kann, wenn hier die agierenden Stellen besser zusammenarbeiten."
Haftungsfragen sind ein Problem: Immerhin aber haben sich Bundesumweltminister und Bundeswirtschaftsminister Anfang Juli auf neue Haftungsregelungen verständigt, um die schleppende Anbindung der Seewindparks zu beschleunigen. Wenn das nicht geschieht, werden mangels Wettbewerb, auch hier die Preise für Strom weiter klettern. Denn die Hersteller werden sich ihre Kosten auf die eine oder andere Weise beim Verbraucher zurückholen, wenn die Netzanbindung nicht rechtzeitig fertig ist. Die Seekabelwerke in Nordenham hoffen jetzt auf ein lebhaftes Geschäft in Nord- und Ostsee.
"Unser Geschäft ist schon immer eines gewesen, wo wenige Anbieter von einem Standort den globalen Markt bedienen."
Der Terminkalender des Geschäftsführers hat wenig Spielraum. In der ganzen Welt ist Thorsten Schwarz unterwegs in Sachen Seekabel: Sie verbinden die Menschen, wenn sie telefonieren oder im Internet surfen, und sie transportieren ihnen Energie. Schon über 100 Jahre sind die Norddeutschen Seekabelwerke in diesem Geschäft:
"Wir haben in diesem Jahr das 113. Firmenjubiläum, sind 1899 gegründet worden und stellen seit dieser frühen Existenz Seekabel her, das heißt Kabelsysteme, die im Wasser betrieben werden."
1899, das war die Zeit, als viele Länder zu ihren Kolonien jenseits der Meere gute Verbindungen aufbauen wollten. Übersee-Telefone waren dabei ein wichtiger Schritt. Seitdem hat der Kabelmarkt zahlreiche Revolutionen erlebt:
"Früher hat man Gutapercha als Isolationsmaterial verwendet, später haben wir den Übergang auf faseroptische Übertragungssysteme gesehen. Jede Entwicklung für sich war eine unglaubliche Revolution","
berichtet Schwarz. Verändern sich die Märkte, muss sich auch manche Firmenstruktur ändern: 2000 gingen die Seekabelwerke eine enge Kooperation mit Corning Cable Systems ein, und seit 2007 sind sie eine 100er Tochter der US-General Cable Corporation. Doch die Seekabelkompetenz innerhalb der Gruppe bleibt in Nordenham.
Die vielen Kabeltypen, die Schwarz produziert, erfordern ebensoviel Fachwissen, denn sie haben ganz unterschiedliche Aufgaben. Den Rekord an Komplexität und notwendiger Erfahrung hält eines, das in 6000 Metern Tiefe arbeiten muss.
In der Zentrale, im Service und in der Produktion sind 550 Mitarbeiter aus vielen Gewerken beschäftigt. In den langgestreckten Hallen surren und brummen die Maschinen Tag und Nacht:
""Also in dieser Halle läuft die Vorproduktion für die entsprechende Offshore-Fertigung, für unsere Offshore und Spezialfertigung. Da werden entsprechende Adern verseilt bzw. Litzen verseilt","
erklärt Oliver Kriesel, Fertigungsleiter in der Kabelproduktion.
Dünne Drähte, die wie Fäden aussehen, laufen in eine trichterförmige Trommel, hier rein, da raus, sie verschwinden kurz. Dann kommen sie als festes Band am anderen Ende wieder zum Vorschein, und rasen in die nächste Maschine. Bis die Fasern zu einem dicken Kabel zusammengewachsen sind, haben sie viele Stationen durchlaufen.
""Die Energieseekabel, die Einzelelemente und die Füllelemente werden miteinander verseilt, in der großen Verseilmaschine. Um das Gebilde zu halten, wickeln wir am Ende noch einmal Keppler drumrum. Das stabilisiert die Verseilung","
erläutert Kriesel. Verseilen bedeutet verdrehen, schiebt er zur Erklärung nach. So speziell wie die Sprache, so speziell ist auch der Aufbau der Drehstromkabel:
""Einzelleiter, Kupferleiter. Man ordnet diese Leiter symmetrisch an, weil es sonst zu elektromagnetischen Störungen kommt. Und um jeden dieser Leiter herum ist Isolationsmaterial, wodurch ein Eindringen von Wasser verhindert wird. Das sind einige Schichten von crossverlinktem Polyethylen. Dann kommt ein Schirm. Wenn es also einen Kurzschluss gibt."
Doch dazu darf es nicht kommen. Perfekt müssen sie sein, die Energieseekabel. Sie sollen Inselbewohnern den Strom vom Festland heranbringen. Oder auch entgegengesetzt arbeiten. Wenn zum Beispiel Offshore-Windmühlen ihre Flügel drehen, produzieren sie Strom, der über diese speziellen Kabel von Mühle zu Mühle und dann zum Land fließt. Und wie kommen die zentnerschweren Kabel auf ihren Trommeln zum Einsatzort?
Da gibt es Spezialschiffe. Die holen sie direkt vom Werk und versenken sie am Zielort im Meeresboden:
"Wir als NSW haben mittlerweile zwei eigene Schiffe für solche Spezialkabellegearbeiten. Die Mannschaften zu rekrutieren, die auf der einen Seite im Marineumfeld arbeiten können, müssen mit Wetter, Seegang, harten Arbeitszeiten, und die aber andererseits auch Erfahrung bei der Kabellegung mitbringen","
erklärt Thorsten Schwarz. Er sucht draußen nach Mitarbeitern. In Deutschland findet er nur wenige, mehr dagegen in den traditionellen Seefahrernationen wie Großbritannien und Norwegen.
Seekabel stellen nur wenige Anbieter her, und die sind dann weltweit im Geschäft. Besonders knapp wird es, wenn der Strom über mehr als rund 100 Kilometer auf dem Meeresboden fließen soll. Weil die Strecke dann zu lang wird für eine normale Spannung, übernehmen HGÜ-Kabel, Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungskabel, den Transport.
""Man kann aktuell zwei Trends feststellen: Zum einen steigen die zu übertragenden Leistungen permanent, zum anderen werden die Distanzen länger. Hier in Deutschland haben wir bereits ein Kabel, das Deutschland mit Norwegen verbindet, das erfolgreich läuft."
Hersteller für diese HGÜ Kabel gibt es nur zwei. Die einsamen Spieler haben viel Arbeit vor sich: Über fünfzehn neue Windparks entstehen in Nord- und Ostsee. Die Einstiegsbarrieren sind hoch:
"Enorme Kapitalaufwendungen, hohe und lange Entwicklungszyklen, wenn man das in Kombination sieht mit der Geschwindigkeit, die im Rahmen der Energiewende von der Regierung eingefordert wird, das ist in dieser Kombination schon eine besondere Herausforderung."
Haftungsfragen sind ein weiteres Thema, an das sich keiner so richtig herantraut, denn es geht um Milliardenbeträge, wenn etwas schief läuft. Generalunternehmer werden gesucht, die alle Tücken von Wind und Wasser kennen, alle Risiken schultern. Aber die sind rar:
"Wenn man sich die Investitionsvolumina ansieht, und da ziehe ich wirklich auch den Hut davor, wir haben allein in der Nordsee gesehen, dass einer der beiden für über 5 Milliarden Euro Verträge platziert hat, nur für HGÜ Leitungen","
stellt Thorsten Schwarz beeindruckt fest.
Auch die kurzfristige Denkweise in der Politik macht den Unternehmen zu schaffen. England mache das besser: Dort würden kombinierte Programme aufgelegt und langfristige Verträge an die Unternehmen vergeben, damit planbar Kapazitäten aufgebaut werden können. Zudem stelle der Staat Forschungsmittel bereit, damit Produktentwicklungen vorangetrieben werden können. Die Situation in Deutschland, so Thorsten Schwarz:
""Das ist eine Situation, die man deutlich noch verbessern kann, wenn hier die agierenden Stellen besser zusammenarbeiten."
Haftungsfragen sind ein Problem: Immerhin aber haben sich Bundesumweltminister und Bundeswirtschaftsminister Anfang Juli auf neue Haftungsregelungen verständigt, um die schleppende Anbindung der Seewindparks zu beschleunigen. Wenn das nicht geschieht, werden mangels Wettbewerb, auch hier die Preise für Strom weiter klettern. Denn die Hersteller werden sich ihre Kosten auf die eine oder andere Weise beim Verbraucher zurückholen, wenn die Netzanbindung nicht rechtzeitig fertig ist. Die Seekabelwerke in Nordenham hoffen jetzt auf ein lebhaftes Geschäft in Nord- und Ostsee.