Ich geh immer von mir selber aus. Ich bin halt für mich am besten zuhanden. Weil ich ganz allein lebe, da hab ich leider kein anderes Modell.
Frage: Hätten Sie gern ein anderes Modell?
Ja, manchmal schon. Aber zum Teil hat's natürlich seine Vorteile, man kann mit sich selber machen, was man will. Bei anderen Leuten, da hat man eine Hemmung, irgendwas zu machen. Oder sie zu verwenden. Ich verwende mich. Zu allen Experimenten. Was herauskommt, das sehe ich dann.
Maria Lassnig ist eine zarte ältere Dame von mittlerweile 84 Jahren, ihre Bilder dagegen sind drastisch und schonungslos. Eine Selbstdarstellung, eine Selbstbefragung, immer wieder neu. Den feministischen Standpunkt muss man nicht mögen, zum Beispiel dieses relativ vordergründige Bild der Frau mit dem über den Kopf gestülpten Kochtopf, was eine gewisse Blindheit nach sich zieht.
Aber es geht Maria Lassnig gar nicht um Ideologie, sondern um Selbstwahrnehmung und Körperempfindungen. Die versucht sie in Malerei zu übersetzen. Manchmal aus dem Traum, dem Traumtagebuch, manchmal nach verstörenden Erlebnissen. Grelle Farben, wüste Formen. Eine Frauenfigur, oft durchsetzt von abstrakten Elementen. Das sind ihre neuesten Bilder, seit den 90iger Jahren. Eine äußere Realität mit der gefühlten in eins setzen:
Das Bild hab ich gemalt, da war ich so unglücklich, und ich hab so gemeint; in Österreich wird man heut schlecht behandelt als Weibsbild. Und da war wieder mal so was, und ich hab geweint und geweint und weiter geweint, und hab aber ein Selbstportrait gemalt, während ich geweint hab. Das hab ich in einer halben Stunde gemalt, das ganze Bild. Länger, glaub ich, hab ich nicht geweint. Weil wie ich aufghört hab zu weinen hab ich aufghört zu malen.
Grund der Aufregung war, dass männliche Kritiker sie schlecht rezensiert hatten.
Wenn a Frau gut ist, das mögens überhaupt nicht.
Maria Lassnig hat das künstlerische Probierhandeln des letzten Jahrhunderts mitgemacht. Sie kommt aus der Klosterschule, aus Kärnten, und im dortigen Landesmuseum hängen noch die Bilder ihrer Lehrer, die diese neue Farbigkeit nach Österreich brachten, der Boeckl, das war ihr Aktprofessor, und sie hat die Farben dann ins Schreiende gesteigert.
Aber erst später. Zuerst war da Expressionismus, dann Surrealismus. Irgendwann sogar Informel. Nach dem Krieg, als sie nach Amerika ging, entdeckte sie den Körper und die "Body Awareness":
Draufkommen bin ich im 49iger Jahr, 1949 hab ich mein erstes Körperbewusstseinsbild gemacht. Wie ich sitze, die Druckstellen auf dem Hinterteil und so weiter. Die Empfindungen waren für mich so etwas Seltsames und schwer zu definieren und schwer zu malen, das war für mich die Herausforderung. Das Abmalen von der Natur, das ist mir zu leicht gefallen. Deshalb hab ich was gesucht, was schwer war.
Wenn man Maria Lassnigs Züricher Ausstellung betrachtet, assoziiert man vor allem zwei Namen: Max Beckmann und Francis Bacon. Von Beckmann könnte dieser wilde, eruptive Pinselstrich kommen, von Bacon die Verzerrung, die laokooneske Verkrampfung des geschundenen Körpers.
Es gibt da die surreale Fragmentierung des puterroten Leibes vor meerblauem Grund, wimperloses kaltes Starren. Und es gibt allermeistens eine intakte weibliche Figur, die ins Tierische changiert, deren Kopf animalisch verzogen oder deren Körper von Tieren umgeben ist.
Ein alter Körper, ein Frauenkörper. Maria Lassnig gibt sich selbst preis, fleckig-ocker oder ins Grünliche oszillierend malt sie ihre Haut, verkrampft hockt die alte Gestalt, einen Frosch vor der Scham – und nennt sich "Froschkönigin". Schon die Titel sind eine Verarbeitung von Lebensstationen: "Illusion über die versäumten Heiraten", "Illusion von der Tierfamilie".
Maria Lassnig greift zu bizarren Mitteln, sie zeigt nackte Armstümpfe mit Prothesen, Blinde tasten an der Wand, Köpfe werden wie bei Bacon ins Äffische, ins Animalische gezogen, das Gesicht wird zur Maske, die Mundschleimhäute stülpen sich wulstartig bis über die Augen, auf dem Kopf fehlt die Hirnschale. Sehen oder blind sein, das ist die Frage. Der unterdrückte Schrei, das ist das Thema. Sie selbst, ihr Körper, ist das Zeichen, die Chiffre. Die Serie. Nackt malen, mit geschlossenen Augen. Sich selbst im Raum definieren.
Eine alte Wilde ist sie in ihrer knalligen Farbgebung. Aber nur nicht loben. Man darf nicht zufrieden sein. Mit ihrer Züricher Ausstellung ist Maria Lassnig nämlich nicht wirklich einverstanden: es fehlen ihre Großformate, die experimentelleren, abstrakteren, die findet sie viel besser.
Ja, ich male lieber groß. Ich steh dann der Leinwand gegenüber, von oben bis unten, gell, und was ich dann dort hineinbringe, das weiß ich ja vorher nicht. Ich bin ja kein Mensch mit Absichten.
Frage: Hätten Sie gern ein anderes Modell?
Ja, manchmal schon. Aber zum Teil hat's natürlich seine Vorteile, man kann mit sich selber machen, was man will. Bei anderen Leuten, da hat man eine Hemmung, irgendwas zu machen. Oder sie zu verwenden. Ich verwende mich. Zu allen Experimenten. Was herauskommt, das sehe ich dann.
Maria Lassnig ist eine zarte ältere Dame von mittlerweile 84 Jahren, ihre Bilder dagegen sind drastisch und schonungslos. Eine Selbstdarstellung, eine Selbstbefragung, immer wieder neu. Den feministischen Standpunkt muss man nicht mögen, zum Beispiel dieses relativ vordergründige Bild der Frau mit dem über den Kopf gestülpten Kochtopf, was eine gewisse Blindheit nach sich zieht.
Aber es geht Maria Lassnig gar nicht um Ideologie, sondern um Selbstwahrnehmung und Körperempfindungen. Die versucht sie in Malerei zu übersetzen. Manchmal aus dem Traum, dem Traumtagebuch, manchmal nach verstörenden Erlebnissen. Grelle Farben, wüste Formen. Eine Frauenfigur, oft durchsetzt von abstrakten Elementen. Das sind ihre neuesten Bilder, seit den 90iger Jahren. Eine äußere Realität mit der gefühlten in eins setzen:
Das Bild hab ich gemalt, da war ich so unglücklich, und ich hab so gemeint; in Österreich wird man heut schlecht behandelt als Weibsbild. Und da war wieder mal so was, und ich hab geweint und geweint und weiter geweint, und hab aber ein Selbstportrait gemalt, während ich geweint hab. Das hab ich in einer halben Stunde gemalt, das ganze Bild. Länger, glaub ich, hab ich nicht geweint. Weil wie ich aufghört hab zu weinen hab ich aufghört zu malen.
Grund der Aufregung war, dass männliche Kritiker sie schlecht rezensiert hatten.
Wenn a Frau gut ist, das mögens überhaupt nicht.
Maria Lassnig hat das künstlerische Probierhandeln des letzten Jahrhunderts mitgemacht. Sie kommt aus der Klosterschule, aus Kärnten, und im dortigen Landesmuseum hängen noch die Bilder ihrer Lehrer, die diese neue Farbigkeit nach Österreich brachten, der Boeckl, das war ihr Aktprofessor, und sie hat die Farben dann ins Schreiende gesteigert.
Aber erst später. Zuerst war da Expressionismus, dann Surrealismus. Irgendwann sogar Informel. Nach dem Krieg, als sie nach Amerika ging, entdeckte sie den Körper und die "Body Awareness":
Draufkommen bin ich im 49iger Jahr, 1949 hab ich mein erstes Körperbewusstseinsbild gemacht. Wie ich sitze, die Druckstellen auf dem Hinterteil und so weiter. Die Empfindungen waren für mich so etwas Seltsames und schwer zu definieren und schwer zu malen, das war für mich die Herausforderung. Das Abmalen von der Natur, das ist mir zu leicht gefallen. Deshalb hab ich was gesucht, was schwer war.
Wenn man Maria Lassnigs Züricher Ausstellung betrachtet, assoziiert man vor allem zwei Namen: Max Beckmann und Francis Bacon. Von Beckmann könnte dieser wilde, eruptive Pinselstrich kommen, von Bacon die Verzerrung, die laokooneske Verkrampfung des geschundenen Körpers.
Es gibt da die surreale Fragmentierung des puterroten Leibes vor meerblauem Grund, wimperloses kaltes Starren. Und es gibt allermeistens eine intakte weibliche Figur, die ins Tierische changiert, deren Kopf animalisch verzogen oder deren Körper von Tieren umgeben ist.
Ein alter Körper, ein Frauenkörper. Maria Lassnig gibt sich selbst preis, fleckig-ocker oder ins Grünliche oszillierend malt sie ihre Haut, verkrampft hockt die alte Gestalt, einen Frosch vor der Scham – und nennt sich "Froschkönigin". Schon die Titel sind eine Verarbeitung von Lebensstationen: "Illusion über die versäumten Heiraten", "Illusion von der Tierfamilie".
Maria Lassnig greift zu bizarren Mitteln, sie zeigt nackte Armstümpfe mit Prothesen, Blinde tasten an der Wand, Köpfe werden wie bei Bacon ins Äffische, ins Animalische gezogen, das Gesicht wird zur Maske, die Mundschleimhäute stülpen sich wulstartig bis über die Augen, auf dem Kopf fehlt die Hirnschale. Sehen oder blind sein, das ist die Frage. Der unterdrückte Schrei, das ist das Thema. Sie selbst, ihr Körper, ist das Zeichen, die Chiffre. Die Serie. Nackt malen, mit geschlossenen Augen. Sich selbst im Raum definieren.
Eine alte Wilde ist sie in ihrer knalligen Farbgebung. Aber nur nicht loben. Man darf nicht zufrieden sein. Mit ihrer Züricher Ausstellung ist Maria Lassnig nämlich nicht wirklich einverstanden: es fehlen ihre Großformate, die experimentelleren, abstrakteren, die findet sie viel besser.
Ja, ich male lieber groß. Ich steh dann der Leinwand gegenüber, von oben bis unten, gell, und was ich dann dort hineinbringe, das weiß ich ja vorher nicht. Ich bin ja kein Mensch mit Absichten.