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Verschleppungstaktik?

Zahlreiche oftmals auch spielbeeinflussende Fehlentscheidungen der Schiedsrichter bei der Fußball-WM in Südafrika haben den Fußball-Weltverband in Handlungszwang gebracht. Nach der heftigen Kritik an den Leistungen der Referees will die FIFA Reformen durchsetzen und auch wieder über die Zulassung technischer Hilfsmittel nachdenken.

Von Jens Weinreich | 09.07.2010
    Macht der Fußball-Weltverband FIFA in der Schiedrichter-Frage ernst oder spielt man nur auf Zeit? Das ist derzeit die Frage aller Fragen. In einem Interview mit BBC-Reporter David Bond sagte FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke, das sei die letzte WM mit dem herkömmlichen Schiedsrichter-System gewesen:

    ""I would say, that is my feeling, that it is the final World Cup with the current refereeing system.”"

    Das Spiel werde immer schneller, die Spieler athletischer, die Aktionen unübersichtlicher, dieser Entwicklung müsse man Rechnung tragen, sagte Valcke. Man müsse den Schiedsrichtern helfen.

    Andererseits verharmlost er weiter das Problem, wie die komplette FIFA-Führung, in dem behauptet wird, es habe bei dieser WM letztlich nur eine klare Fehlentscheidung gegeben: Das nicht gegebene Tor des Engländers Frank Lampard im Achtelfinale gegen Deutschland. Wenn Valcke nun sagt, "schon” zur WM 2014 "könnten” Änderungen erfolgen, kommt das mindestens vier Jahre zu spät.

    Unter Druck hat die FIFA in den vergangenen Jahren einige Male Änderungen versprochen. Zuletzt Ende vergangenen Jahres nach dem skandalösen Handspiel von Thierry Henry, das die Franzosen zur WM brachte und Irland ausscheiden ließ. FIFA-Präsident Joseph Blatter beruhigte die Gemüter seinerzeit am Rande der WM-Endrundenauslosung, in dem er andeutete, schon zur WM werde man sich etwas einfallen lassen. Es war nur eine Finte.

    Ob die FIFA das Schiedsrichterwesen tatsächlich radikal umkrempelt und weitere technische Hilfsmittel wie die Torkoemara oder den Chip im Ball zulässt, ist völlig offen.

    Einerseits hat sich der Druck von Medien, vor allem aber auch, und das zählt für die FIFA, der Druck von den Geldgebern aus Fernsehen- und Sponsorenwirtschaft erhöht. Entscheidend wird sein, wie sich Verbände, allen voran die UEFA und vor allem die großen Profiklubs verhalten. Drängen sie auf Lösungen – oder gehen sie zur Tagesordnung über?

    Vor knapp zwei Wochen hatte Blatter behauptet, das regelgebende International Football Association Board (IFAB) werde Mitte Juli über das Problem beraten. Ein umfassendes Reformpaket versprach er für den Herbst. Nun sagte er auf seiner Pressekonferenz mit dem Organisationskomitee in Johannesburg, das IFAB werde erst im Herbst mit der Regeldebatte beginnen.

    Handeln wird die FIFA erfahrungsgemäß nur, wenn sie weltweit weiter unter Druck gesetzt werden sollte. Flaut das Interesse am Thema nach der WM und damit im Sommerloch ab – wird die FIFA entsprechend reagieren.