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Verschrottung neuerer Dieselfahrzeuge
Ist alt gegen neu auch besser?

Deutlich sichtbare Rußfahnen sind selten geworden. Trotzdem sind die Abgase alter Dieselfahrzeuge besonders schmutzig. Viele Autohersteller versuchen, den Markt mit Prämien für den Neukauf anzuheizen. Die Bedingung: Das alte Auto muss nachweislich verschrottet werden. Doch ist das wirklich besser?

Von Uschi Götz | 18.12.2017
    Schrottfahrzeuge stehen aufgetürmt auf dem Gelände des Autoverwerters Kiesow in Norderstedt bei Hamburg.
    Manches Blech bekommt nach der Verwertung ein zweites Leben - im Bestfall als Teil eines Elektroautos (dpa/Marcus Brandt )
    Viel Platz ist auf dem Hof nicht mehr. In mehreren Reihen stehen Autos und warten auf die Schrottpresse. Fast alle Fahrzeuge stehen noch ganz gut da, haben kaum Lackschäden, selbst die Sitze zeigen wenig Verschleißspuren.
    "Hier haben wir jetzt einen wunderschönen Audi A 6, S-Line, mit einem 3-Liter- Dieselmotor, und der wurde jetzt eingetauscht. Gegen was für ein Fahrzeug weiß ich nicht, aber es sind nicht nur Kleinwagen, die abgegeben werden."
    Das Tübinger Familienunternehmen AV Möck hat eine fast 100-jährige Tradition im Bereich Autoverwertung und Rohstoffrecycling. Philipp Möck gehört zur vierten Generation und managt zurzeit den Bereich "Umweltprämie" in der Firma:
    "Die Autos werden von uns bei den Autohäusern abgeholt und ein Teil wird auch bei uns von Privatkunden angeliefert."
    80 Prozent der Autos in ordentlichem Zustand
    Durchschnittlich doppelt so viele Fahrzeuge wie sonst sind es, die täglich nach Tübingen kommen. Das liegt an der sogenannten Umweltprämie, die einige Autobauer Besitzern von Fahrzeugen mit älteren Dieselmotoren anbieten. Die Prämie soll ein Zugeständnis der Autobauer sein, um möglichst viele ältere Diesel-Fahrzeuge gegen schadstoffärmere Fahrzeuge auszutauschen. Entsprechende Vereinbarungen wurden auf dem Dieselgipfel Anfang August getroffen.
    Wer umsteigt, bekommt zwischen 2.000 bis fast 12.000 Euro.
    Entscheidet sich etwa eine VW-Kunde für einen Elektro-Golf gibt es eine Prämie von rund 11.800 Euro.
    Ende des Jahres ist es vorbei mit der Prämie, zumindest bei einigen Herstellern. Und diese Frist spürt man jetzt im Dezember deutlich bei Möck:
    "Das sind jetzt die Fahrzeuge, die in den letzten Tagen angenommen wurden, die werden jetzt hier zwischengepuffert und gehen dann als Nächstes in die Trockenlegung und dann zum Teile-Ausschlachten. Das ist insgesamt schon eine bunte Mischung, wobei tendenziell schon 80 Prozent der Autos, meiner Schätzung nach, in einem guten und ordentlichen Zustand sind und durchaus auch noch ein paar Kilometer hätten gefahren werden können."
    "Entsorgen das hier nach den Umweltstandards"
    Viele Autos ließen sich bestimmt noch für ein paar Tausend Euro verkaufen. Doch da läuft gar nichts.
    "Wir garantieren mit dem Verwertungsnachweis, dass das Fahrzeug bei uns verwertet wird. Wir entsorgen das hier nach den Umweltstandards, sorgen dafür, dass das Auto nicht wieder irgendwo auf der Welt in den Verkehr kommt."
    Phillip Möck geht in Richtung Trockenlegungsanlage, vor einer mittelgroßen Halle stehen noch einmal rund zwei Dutzend Autos.
    "Es sind schon viele VW und Audi-Modelle dabei, Opel auch einige, auch einige schöne Opel-Modelle. Mercedes‘ und BMWs eher weniger. Man sieht hier, das ist eine bunte Mischung. Von Autos Baujahr 1998 bis 2010- 2011.
    In der Halle saugt ein Mitarbeiter bei einem Golf den Kraftstoff ab, lässt Motoren- und Getriebeöl heraus, auch Bremsflüssigkeit, Kühlerfrostschutz sowie Stoßdämpferöl werden herausgesaugt. Im nächsten Schritt kommen eine Station weiter die Ersatzteile heraus. Von Motoren über Tachometer bis Autotüren, alles wird codiert und gelagert. Übers Internet werden die Ersatzteile später weiter gehandelt.
    Differenziertere Diskussion über Sinn der Umweltprämie
    Übrig bleibt die Karosserie, darunter im Moment Autos, die nicht älter als sechs Jahre alt sind. Spätestens beim Anblick der Paketierpresse stellt sich die Frage, ob diese Form alt gegen neu sinnvoll ist, ob die Umweltprämie ihren Namen verdient?
    "Ich finde es schade, dass solche Autos jetzt verwertet werden müssen. Andererseits hängt bei uns in der Region natürlich sehr viel am Automobil. Das darf man auch nicht vergessen. Das sind sehr viele Angestellte in den Autohäusern, regionale Arbeitsplätze, die auch einen tollen Job machen, natürlich auch die Automobilhersteller, wo sehr viele Leute gerade bei uns in der Region angestellt sind und Arbeit finden."
    Phillip Möck wünscht sich eine differenziertere Diskussion über die Frage, ob die Umweltprämie ihren Zweck erfüllt. Vor allem von den Medien wünscht er sich eine ausgewogenere und ehrlichere Berichterstattung.
    Ein Bagger greift nach einem Auto:
    "Jetzt sehen wir hier ein Corsa-C. Der kommt jetzt in die Paketierpresse"
    Wenige Minuten später zieht der Bagger ein kompaktes Blechpaket aus der Presse. Das Paket geht weiter in den Recyclingkreislauf und wird am Ende wiederverwertet. Manches Blech bekommt so ein zweites Leben, im Bestfall als Teil eines Elektroautos.