Freitag, 19. April 2024

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Verschwinden der Games-Zeitschriften
Die Suche nach einem neuen, digitalen Games-Journalismus

Die Zeitschrift "Computer Bild Spiele" erscheint zur Gamescom diese Woche zum letzten Mal. Dabei sind die Zielgruppe und der Bedarf an informativen Formaten groß. Die sind zunehmend online zu finden. Doch können sich journalistische Angebote dort neben User-Formaten wie "Let's Plays" durchsetzen?

Von Michael Voregger | 19.08.2019
Eine junge Frau sitzt in einer Wohnung und spielt Videospiele eber das Fernsehgeraet. (Symbolbild)
Der Umsatz der Games-Branche steigt laut Statista jährlich um über drei Prozent (picture alliance / dpa / Christin Klose)
"Computer Bild Spiele" erscheint im Vorfeld der Gamescom zum letzten Mal. Die verkaufte Auflage des Springer-Videospielmagazins ist mit den Jahren drastisch gesunken. 2002 wurden noch gut 736.000 Exemplare verkauft. Anfang dieses Jahres waren es weniger als 28.000. Linda Breitlauch ist Medienwissenschaftlerin und Professorin für Gamedesign an der Hochschule Trier.
"Ich glaube nicht, dass alle Printmagazine verschwinden werden, aber man muss sich in der Zielgruppe besser umhören, ob ein generalistisches Format, was einfach nur auf Neuerscheinungen abzielt, ob das funktioniert oder ob man Spezialhefte beispielsweise macht. Das würde sich anbieten, zum Beispiel zur Gamescom, da kommt so ein Format immer noch gut an. Ich glaube, dass 'Computerbild Spiele' immer schon für eine sehr breite Zielgruppe angelegt war, aber keine besondere Tiefe in den Reviews und so weiter anbieten konnte."
Große Zielgruppe
Wie es mit der Berichterstattung über Computerspiele beim Springer-Verlag weitergehen wird, ist noch offen. Der Verlag äußert sich dazu aktuell nicht. In Deutschland gibt es mehr als 34 Millionen Gamerinnen und Gamer. Hierzu gehören auch alle, die gelegentlich Computer- und Videospiele spielen. Die Zielgruppe und der Bedarf an informativen Formaten sind also groß.
"Ich glaube, dass die Communities sich deutlich mehr ausdifferenziert haben, als das noch früher der Fall war. Sprich dass man sich vor allem in den einschlägigen Foren informiert und sich dort auch austauscht. Ich glaube, die Nachfrage nach Informationen ist deutlich spezieller geworden."
In der Vergangenheit konnten die Print-Magazine vor allem mit für Spieler interessanten Extras auf den beigelegten CDs und DVDs punkten. Dazu gehörten Demo-Versionen von Spielen, kleine Filme und hilfreiche Programme. Das findet sich heute alles online und die Datenträger spielen keine große Rolle mehr.
Youtuber für Entwickler ebenso wichtig wie Journalisten
Unter Computerspielern sind besonders die "Let's Play"-Formate auf Youtube beliebt. Das sind Videos, in denen Gamer ihren Bildschirm beim Spielen abfilmen, den Spielverlauf kommentieren und Tipps geben. Zu den bekanntesten Let's Playern in Deutschland gehört Erik Range, der unter dem Pseudonym Gronkh auf fast fünf Millionen Abonnenten kommt. Die Youtuber werden von den Entwicklern der Spiele inzwischen wie klassische Journalisten zu den Vorstellungen neuer Titel eingeladen.
Aktuelle Spiele haben besonders viele Zuschauer. Die Spieler können sich in den Videos ein genaues Bild von der Veröffentlichung machen, bevor sie sich für den Kauf entscheiden.
Die Rezension zu dem Spiel "Wolfenstein Youngblood" kommt aktuell auf 87.000 Aufrufe bei Youtube. Es muss aber nicht immer das bewegte Bild sein. Andre Peschcke ist seit 20 Jahren Fachjournalist für Computerspiele. Seit 2016 macht er mit einem Kollegen einen Spielepodcast.
"Das ist im Grunde genommen eine Spielemagazin zum Hören. So ein bisschen das was wir vorher schon gemacht haben. Nämlich Hintergrundberichterstattung über Computerspiele für Leute, die sich mit dem Hobby sehr intensiv auseinandersetzen möchten. Nur komplett als Podcast, also als Audioinhalt, den man runterladen oder anhören kann."
Das Format beinhaltet Rezensionen, Reportagen, Kolumnen, Interviews und Retro-Themen.
"Wir haben eine andere Formatreihe, da geht es konkret darum wie werden Sex und Romantik in Computerspielen dargestellt, aber auf einer sehr sachlichen Ebene. Wir haben eine Mitarbeiterin, die Nina Kiel, die selber geforscht hat in diese Richtung. Das dann aus einer sehr wissenschaftlichen Perspektive für uns analysiert."
Verlage in einer Übergangsphase
Die Print-Magazine werden wohl nicht vollständig verschwinden. Viele Experten sehen die Zukunft in hochwertig produzierten Magazinen mit vielen Hintergrundinformationen. Diese könnten dann allerdings auch deutlich über den aktuellen Preisen von bis zu acht Euro liegen.
Derzeit befinden sich die Verlage in einer Übergangsphase. Viele Print-Magazine sind nicht übrig geblieben. Wer noch über ausreichend Abonnenten und Käufer verfügt, wartet ab. Die Zukunft des Journalismus über Computerspiele und digitale Unterhaltung liegt aber eindeutig im Internet.