Archiv


Verspätete Züge, annullierte Flüge

Wer Ärger hat bei Fahrten mit Flugzeug, Bus oder Bahn, sei es im Nah- oder im Fernverkehr, der kann sich an die Schlichtungsstelle Mobilität wenden. Diese Stelle wird vom Verkehrsclub Deutschland betrieben. Bilanz: Die Erfolgsquote bei Schlichtungsverfahren mit der Bahn liegt bei immerhin 85 Prozent. Probleme im Flugverkehr scheinen da weitaus schwerer lösbar.

Von Philip Banse |
    Das Bundesverbraucherschutzministerium fördert die Schlichtungsstelle Mobilität auf jeden Fall bis Ende 2009. In den vergangenen drei Jahren sind 7300 Anfragen bei der Schlichtungsstelle eingegangen, im Schnitt sind das pro Tag also knapp sieben Beschwerden. Mehr als die Hälfte dieser Klagen betreffen den Flugverkehr, ein gutes Drittel die Bahn. Pauschalreisen, Bus und Schiff spielen so gut wie keine Rolle. Die Probleme der Reisenden sind seit Jahren die gleichen, sagt die juristische Leiterin der Schlichtungsstelle Mobilität, Birgit Zandke-Schaffhäuser:

    "Die Anliegen der Kunden sind im Bahnverkehr Verspätungen, Probleme mit der Bahncard, Probleme mit Fahrpreisnacherhebungen, mit Online-Tickets. Im Flugverkehr ist es so, dass es sich um Annullierungen, Verspätungen und sehr häufig um Gepäckprobleme handelt, das heißt mein Koffer kommt gar nicht an, zu spät oder zerstört. "

    Von den gut 7300 Anfragen würden über 80 Prozent sofort geregelt, zum Beispiel, weil kein Anspruch besteht. Der Rest, gut 20 Prozent der Anfragen, würden in einem Schlichtungsverfahren geklärt, sagt Birgit Zandke-Schaffhäuser. Die Erfolgsquote ist bei Bahn und Fluggesellschaften allerdings sehr unterschiedlich:

    "Bei Bahnkunden ist es so, dass wir die Probleme der Bahnkunden zu 85 Prozent regeln können, eben auch zur Zufriedenheit aller. Im Flugbereich ist es ein bisschen anders, hier ist die Erfolgsquote der Schlichtungsvorschläge ungefähr bei 45 Prozent."

    Dass Schlichtungsverfahren im Flugverkehr nicht einmal in der Hälfte der Fälle erfolgreich verlaufen, habe zwei Ursachen. Zum einen sei der Flugverkehr extrem komplex reglementiert, Rechtsauffassungen lägen hier oft weit auseinander. Zum zweiten arbeiten einige große Fluggesellschaften mit der Schlichtungsstelle einfach nicht zusammen, etwa die Deutsche Lufthansa, Air Berlin, German Wings, Ryan Air und Easy Jet. Diese Airlines verweisen Reisende im Konfliktfall an das Luftfahrtbundesamt. Dessen Aufgabe sei jedoch nicht die zivilrechtliche Schlichtung, argumentiert Michael Gehrmann, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland. Den - in seinen Augen - bockigen Fluggesellschaften hält Gehrmann vor:
    "Sie verstehen nicht, dass dieses Angebot nicht nur zum Nutzen der Kunden, sondern auch des Unternehmens ist. Denn durch die außergerichtliche Einigung kann es uns gelingen, verloren gegangenes Vertrauen zurückzuführen an das Unternehmen."

    Deshalb sollten Verbraucher bei allen Fluggesellschaften verstärkt auf das Kleingedruckte achten, vor allem, wenn die Airline nicht mit der Schlichtungsstelle kooperiert. Wenn EasyJet beispielsweise schon für das erste Gepäckstück eine Gebühr verlange, sei das nicht in Ordnung. Arbeitet eine Airline mit der Schlichtungsstelle zusammen, kann das Reisenden bares Geld bringen. Problemfall Nummer eins: Der Koffer ist verschwunden:

    "Sollte es gar nicht aufgetaucht sein und die Airline auch keinen Schadensersatz leisten wollen, machen wir hier einen Schlichtungsvorschlag auf die Haftungshöchstsumme, das wären in diesem Fall 1160 Euro. Das wird in der Regel am Anfang nicht so gern gezahlt. Aber im Schlichtungsverfahren dann doch."

    Mit der Bahn laufe die Zusammenarbeit hingegen sehr gut. Auch während des Bahnstreiks. 70 Anfragen hätten die Schlichtungsstelle in zwei Streikwochen erreicht. Es sei nicht alles so kulant verlaufen, wie von der Bahn versprochen: Die Hotline sei oft besetzt gewesen, Erstattungsregelungen seien vielen Reisenden unklar gewesen, es dauere zu lange, bis das Geld überwiesen wird.

    Aus den Erfahrungen der Schlichtungsstelle leitet der VCD ab, dass Schlichtung gesetzlich verankert werden müsse. Bahnkunden müssten vor allem bei Verspätungen mehr Rechte bekommen. Im Flugverkehr hätten Reisende bereits viele Rechte, diese müssten aber besser durchgesetzt werden.