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Versteckte Kosten

Was der Verkehr in Deutschland wirklich kostet, hat die Initiative "Allianz pro Schiene" nachgerechnet. Der Verein macht sich für die Bahn als Alternative zum Auto stark und kommt nun zum Ergebnis, dass der Autoverkehr ungerechtfertigt subventioniert wird.

Von Dieter Nürnberger | 08.05.2007
    Das Ergebnis dieser Untersuchung ist, wie der Auftraggeber der Studie, die "Allianz pro Schiene", versichert, eine erstmalige Auflistung der Folgekosten der verschiedenen Verkehrsträger in Deutschland. Und eine Zahl aus der Untersuchung gleich vorweg: Rund 80 Milliarden Euro so genannter externer Folgekosten entstehen nämlich jährlich in Deutschland. Der größte Anteil dieser Folgekosten wird durch Unfall- und Umweltkosten verursacht. Stichworte sind hierbei Lärm, Unfälle und natürlich auch Luftverschmutzung. Diese genannten 80 Milliarden Euro gelten also für alle Verkehrsträger zusammen, schaut man genauer hin, dann erkennt man jedoch, dass vor allem die Kosten des Straßenverkehrs, also Lkw und auch Pkw-Nutzung, den Hauptanteil ausmachen, nämlich knapp 77 Milliarden Euro. Der Schienenverkehr trägt laut dieser Studie mit gut 3 Prozent zu den Folgekosten bei und der Inlands-Luftverkehr mit 0,6 Prozent. Erstellt hat die Studie Christoph Schreyer vom Schweizer Forschungsinstitut Infras. Er nennt folgende Details:

    "Wir sehen, dass der Pkw ungefähr doppelt so hohe CO2-Emissionen generiert pro zurückgelegten Kilometer einer Person wie der Schienenverkehr. Der Luftverkehr verursacht sogar die dreifache Menge. Insofern ergibt sich für den Schienenverkehr ein eindeutiger Vorteil im Bereich der CO2-Emissionen. Das Gleiche gilt auch für den Güterverkehr: Dort sehen wir, dass die Schiene fast viermal niedrigere CO2-Emissionen pro transportierte Tonne und Kilometer aufweist als der Straßenverkehr."

    Auffällig sind natürlich die vergleichsweise niedrigen Werte, die die Wissenschaftler dem Flugverkehr zuschreiben. Aber hier geht es ausschließlich um den reinen Inlandsflugverkehr. Externe Kosten des internationalen Luftverkehrs und auch des Transitluftverkehrs, also all jene Maschinen, die Deutschland lediglich überfliegen, sind nicht mit eingerechnet. Interessant ist auch, dass die Umweltfolgekosten nicht den größten Anteil an dieser Summe von 80 Milliarden Euro darstellen, es seien vielmehr die Unfall- oder Sicherheitskosten. Noch einmal Christoph Schreyer:

    "Gerade im Bereich der Unfall- und Sicherheitskosten ist der Straßenverkehr mit knapp 5400 Todesopfern und über 60.000 Schwerverletzten plus 300.000 Leichtverletzten im Jahr sehr viel unsicherer als der Schienenverkehr. Daraus ergeben sich deutliche Vorteile für die Schiene. Das Gleiche gilt auch für die Luftverschmutzung: Insbesondere ist hier die Umweltbelastung durch Feinstaub zu nennen, diese setzt der Straßenverkehr im erhöhten Maße frei. Auch andere Bereiche sind da eindeutig, etwa die Zerstörung von Natur und Landschaft. Hier ist die Schieneninfrastruktur weit weniger umweltbelastend als die der Straße."

    Diese soeben vorgestellten Zahlen sollen natürlich auch politisch bewertet werden. Die "Allianz pro Schiene", der Auftraggeber der Studie, fordert nun, so wörtlich, mehr Kostenwahrheit in der Diskussion. Gerade vor dem Hintergrund des abzeichnenden Klimawandels dürften die tatsächlichen Kosten besonders beim Straßenverkehr nicht länger verschleiert werden. Dirk Flege ist der Geschäftsführer der "Allianz pro Schiene". Er fordert auch finanzielle Konsequenzen:

    "Für Autofahrer hieße dies, dass der gefahrene Kilometer, bei Einbeziehung aller externen Kosten, um neun Cent teurer werden müsste. Es hieße auch, dass der Straßengüterverkehr deutlich teurer werden müsste. Wir müssten also die Lkw-Maut in der Höhe anheben, wir müssten sie zudem auf Bundes- und Landstraßen ausdehnen. Und beim Flugverkehr sollte endlich Schluss sein mit der Kersosinsteuerbefreiung, auch mit Ökosteuerbefreiung des Flugverkehrs. Auch müsste die Mehrwertsteuer im grenzüberschreitenden Flugverkehr eingeführt werden. Das sind alles Dinge, die die Schiene schon heute zahlen muss. Hier wird also der Bahnreisende preislich benachteiligt. Und das am wenigsten umweltfreundlichste Verkehrsmittel, das Auto, wird von uns allen subventioniert."

    Schlussfolgerung und Fazit der Studie: Diese berechneten Folgekosten der verschiedenen Verkehrsträger müssten sich bei einer konsequenten Verkehrspolitik dann auch auf die Preise der verschiedenen Verkehrsmittel niederschlagen.