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Versteckte Überwachungsmöglichkeit
Bundesnetzagentur zieht Kinderpuppe aus dem Verkehr

Kleine Kinder finden "Cayla" vermutlich toll: Die Puppe versteht, was man sagt - und antwortet sogar. Doch nach Ansicht der Bundesnetzagentur erfüllt die Puppe alle Kriterien eines verbotenen Spionagegerätes. Wer "Cayla" zuhause hat, sollte die Elektronik entfernen, sagt DLF-Reporter Kai Rüsberg.

Kai Rüsberg im Gespräch mit Stefan Römermann | 17.02.2017
    Die Puppe "Cayla" in Originalverpackung zwischen anderem Spielzeug.
    Die Puppe "Cayla" auf einer Spielwarenmesse 2014 in London. (AFP/LEON NEAL)
    Die Bundesnetzagentur hat Händler in Deutschland aufgerufen, die Puppe "My Friend Cayla" aus dem Verkauf zu nehmen. In einer Pressemitteilung verweist die Behörde auf das Telekommunikationsgesetz, wonach "unerlaubte funkfähige Sendeanlagen in Kinderspielzeug" verboten sind. "Gegenstände, die sendefähige Kameras oder Mikrophone verstecken und so Daten unbemerkt weiterleiten können, gefährden die Privatsphäre der Menschen", erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. "Das gilt auch und gerade für Kinderspielzeug."
    Wie DLF-Reporter Kai Rüsberg erklärt, steckt in "Cayla" ein Mikrofon, das sich per Bluetooth mit jedem Smartphone in einem Umkreis von zehn Metern verbinden lässt - sogar durch Wände hindurch, so dass ein Fremder die "Gespräche" eines Kindes mit der Puppe belauschen oder es sogar ansprechen könnte.
    Die Puppe "Cayla" zwischen zwei lachenden Mädchen und der Sprechblase "Das war ein guter Zug!"
    Die Puppe "Cayla" mit zwei Mädchen in einem Werbevideo. (Screenshot YouTube)
    Die Puppe ist über eine App mit dem Internet verbunden und holt sich die Antworten auf Fragen, die ihr gestellt werden, auf diese Weise aus dem Netz. Ein Werbevideo zeigt, dass so eine Art Unterhaltung mit dem Kind zustande kommt. Der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels zeichnete die Puppe 2014 als "Top 10 Spielzeug des Jahres" aus.
    Die Bundesnetzagentur kommt jetzt zu einer anderen Einschätzung. DLF-Reporter Kai Rüsberg rät: Wer ein Exemplar von "My Friend Cayla" besitzt, sollte die Elektronik der Puppe funktionsuntüchtig machen und dies mit einem Foto dokumentieren. Denn Besitz und Vertrieb von Spionageräten können laut dem Telekommunikationsgesetz mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.
    Verbraucherzentrale: Puppe reklamieren
    Verbraucherschützer empfehlen Puppenbesitzern, die Puppe nach der Zerstörung an den Händler zurückzugeben und das Geld zurückzufordern. "Cayla kann nicht mehr zu ihrem bestimmungsmäßigen Gebrauch genutzt werden, da sie jetzt verboten ist. Das begründet unserer Ansicht nach einen Mangel, so dass Besitzer die Puppe beim Händler reklamieren können", so Rechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg.
    Eltern könnten die Puppe etwa zu einer Abfallwirtschaftsstation bringen und sich die Entsorgung mit einem Vernichtungsnachweis bestätigen lassen. Der Vernichtungsnachweis und der Kaufbeleg sollten dann ausreichen, um Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Händler geltend zu machen. "Je nachdem, wie lange man die Puppe schon besitzt, erhält man dann den Kaufpreis zurück, eventuell abzüglich einer sogenannten Nutzungsentschädigung", so Fischer-Volk.
    (am/cvo/mw)