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Versteinerter Regen

Physik. - Die Grundidee ist bestechend: Je höher der Luftdruck ist, desto langsamer fallen die Regentropfen herunter und desto kleiner werden die Abdrücke, die sie in möglichen Versteinerungen hinterlassen. Und so sollte man aus diesen Fossilien Rückschlüsse auf die damalige Atmosphäre ziehen können. Eine Studie in der aktuellen "Nature" versucht es.

Von Tomma Schröder |
    Es muss einen kurzen und leichten Schauer gegeben haben damals in Südafrika. Damals, vor etwa 2,6 Milliarden Jahren, als ein paar Regentropfen auf frische Vulkanasche fielen und ihren Abdruck für die Nachwelt hinterließen. Den Astrobiologen und Geowissenschaftler Sanjoy Som von der University of Washington in Seattle brachte das nun auf eine ungewöhnliche Idee: In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature" schildert er, was das Ausmaß der Abdrücke über den Luftdruck in der damaligen Atmosphäre verrät.

    "Wenn die Atmosphäre dicker ist, wird der Regentropfen langsamer fallen, wenn sie dünner ist, fällt er schneller. Und die entsprechende Größe des Abdrucks, die der Regentropfen hinterlässt wird größer oder kleiner sein, je nachdem wie schnell der Tropfen gefallen ist."

    Um zu erfahren, wie groß die Abdrücke von Regentropfen unter heutigen Druckverhältnissen sind und so einen Vergleichswert zu erhalten, baute Sanjoy Som die Versteinerung in einer nicht ganz alltäglichen Versuchsanordnung nach:

    "Wir haben einige Experimente in einem sehr extravaganten Labor gemacht, das in Wirklichkeit das Treppenhaus meines Instituts war. Der Student, der mir geholfen hat, stand ganz oben mit einer Pipette. Damit konnte er die Größe der Tropfen genau regulieren. Und ich stand im Erdgeschoss mit einer Platte, auf der sich Asche befand. Und so fielen die Tropfen also sieben Stockwerke tief auf meine Platte mit Asche und hinterließen dort ihre Abdrücke."

    Mit Hilfe von Haarspray und flüssigem Plastik fixierte Som die Abdrücke und scannte sie sehr genau. Zur seiner Verblüffung waren die Unterschiede zwischen der modernen Haarspray-Versteinerung und den fossilen Abdrücken nicht sonderlich groß. Der Luftdruck vor 2,6 Milliarden Jahren muss also ähnlich hoch gewesen sein wie heute. Berücksichtigt man alle Unsicherheiten über die Größe der Tropfen und die Beschaffenheit der Asche, lässt sich auch ein genauer Grenzwert bestimmen: Der Luftdruck kann höchstens doppelt so hoch gewesen sein wie heute. Und das ist für viele Geowissenschaftler durchaus überraschend. Denn selbst dieser Grenzwert ist noch niedriger, als es bisher in einigen Theorien über die Beschaffenheit der Erde zur jener Zeit angenommen wurde.

    "Es gibt Studien, die annehmen, dass die Ozeantemperaturen damals bei 70 bis 80 Grad Celsius lagen. Dann hätte es aber eine sehr große Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre geben müssen. Und das hätte wiederum bedeutet, dass der Luftdruck weit über dem Wert gelegen hätte, den wir jetzt ermittelt haben."

    Damit widerlegen Soms Berechnungen auch eine der möglichen Theorien über das so genannte "Paradoxon der jungen schwachen Sonne". Denn ein hoher Luftdruck und hohe Konzentrationen an Treibhausgasen hätten erklären können, warum es damals überhaupt flüssiges Wasser auf der Erde gab, obwohl die Sonne rund 20 Prozent schwächer strahlte als heute und alles Wasser auf der Erde hätte gefrieren müssen. Doch ein paar Regentropfen, die vor 2,6 Milliarden Jahren auf die Erde gefallen sind, legen eine andere Theorie nahe. Nun gehen Geowissenschaftler davon aus, dass sehr effektive Treibhausgase wie Methan oder Ethan in vergleichsweise niedrigen Konzentrationen und einem niedrigen Luftdruck für die Erwärmung der Erde gesorgt haben. Wirklich lösen können die versteinerten Tropfen das Paradoxon aber auch nicht, gibt Sanjoy Som zu.