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Versuchstiere
"Frankensteins Katze"

Emily Anthes liebt Tiere, vor allem Haustiere - und sie ist Wissenschafts-Fan. Ohne ideologische Scheuklappen und Vorurteile widmet sie sich in ihrem Buch "Frankensteins Katze" dem Leben von Versuchstieren. Ihr Zorn aber richtet sich eher gegen die klassische Tierzucht.

Von Michael Lange | 26.08.2014
    "Frankensteins Katze" ist kein Monster. Sie schnurrt und ist auch sonst ganz lieb. Egal ob geklont, genetisch manipuliert oder elektronisch aufgerüstet, niemand muss Angst vor ihr haben. Im Buch der New Yorker Wissenschaftsautorin Emily Anthes steht "Frankensteins Katze" für Lebewesen aus dem Labor.
    "Allerdings führt nicht jede genetische Bastelei zu einem Desaster"
    Dennoch: Das Leben als Versuchstier ist kein Ponyhof.
    "Selbst wenn wir zu dem Schluss kommen, dass es Fälle gibt, in denen das Leiden von Tieren gerechtfertigt ist, sollten wir dieses Leiden sehr ernst nehmen."
    Emily Anthes liebt Tiere, vor allem Haustiere. Aber sie ist auch Wissenschafts-Fan. Und wenn Forscher das Erbgut von Tieren verändern, dann ist das aus ihrer Sicht nicht einfach nur "böse", es kann auch "Gutes" bewirken.
    "Wenn wir das Tierwohl wirklich voranbringen wollen, sollten wir vielleicht auf Technik setzen, statt vor ihr davonzurennen."
    Die Wissenschaft denkt freilich zuerst an die Menschen. Rinder, Ziegen oder Schafe produzieren in ihrer Milch wertvolle Medikamente, Schweine werden zu Organspendern und Käfer durch technische Elemente zu fliegenden Sensoren. Solange die Tiere nicht leiden, ist das für Emily Anthes OK.
    "Ist ein voll funktionstüchtiger transgener Fisch vom ethischen Standpunkt nicht einem künstlich selektierten, aber stark behinderten Fisch vorzuziehen?"
    Der Zorn der "wissenschaftsfreundlichen Tierfreundin" richtet sich eher gegen die klassische Tierzucht. Ein Dackel, dem das Laufen schwerfällt, oder eine Bulldogge, die ständig Rückenschmerzen hat – das ist nicht akzeptabel für Emily Anthes. Ihr Vorschlag: Die Gentechnik könnte so manchem gequälten Tier zu einem besseren Leben verhelfen.
    "Möglicherweise können wir unsere Durchbrüche im Labor dazu verwenden, alle Tiere der Welt einen Schritt näher an die Unsterblichkeit heranzuführen."
    Emily Anthes hat gut recherchiert. Sie hat Wissenschaftler befragt und Unternehmer, aber auch Ethiker, Tier- und Naturschützer. Was sie stört, sind ideologische Scheuklappen und Vorurteile. Immer wieder fordert sie ihre Leser auf, jeden Fall für sich zu betrachten.
    Zielgruppe
    Menschen, die ohne Schuldgefühle von außen in einen Tierkäfig schauen können.
    Erkenntnisgewinn
    Gedeihliches Zusammenleben von Tieren und Wissenschaftlern ist schwierig, scheint aber möglich.
    Spaßfaktor
    Unterhaltsame Gewissenserforschung für Querdenker im weißen Kittel. Tierschützer hingegen bringt dieses Buch auf die Palme. Garantiert.
    Emily Anthes: "Frankensteins Katze"
    Springer-Spektrum, 361Seiten, 24,99 Euro