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Vertrauen in die Banken schwindet

Laut einer weltweiten Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hat die Finanzkrise das Vertauen in die Banken erschüttert. Vor allem in den Schuldenländern Südeuropas fürchten die Kunden um ihre Spareinlagen. An Ansehen hat aber auch die deutsche Kreditwirtschaft verloren.

Von Michael Braun | 25.06.2012
    Wer Staatshilfe annimmt, die stillen Einlagen des Staates nicht mal verzinst, gleichwohl wieder normale Vorstandsgehälter zahlt und all dies normal findet, weil es der Gesetzgeber erlaubt – der muss sich nicht über sein schlechtes Image wundern. Banken haben Ansehen verloren, das Vertrauen in sie hat gelitten. Die Beratungsgesellschaft Ernst & Young hat im März in einer weltweiten Umfrage die Meinung der Kundschaft über ihre Banken erfragen lassen. Heraus kam, dass in Deutschland das Vertrauen in die Branche in den vergangenen zwölf Monaten bei 58 Prozent der Befragten gesunken und nur bei fünf Prozent gestiegen ist. Die Menschen, so Ernst & Young Partner Ulrich Trinkaus, hätten dafür vor allem drei Gründe genannt:

    "Hauptgrund ist, dass die Bonuskultur nach wie vor als sehr kritisch gesehen wird, die in den Banken – aus Wahrnehmung der Kunden - nach wie herrscht; auch vor dem Hintergrund der Staatshilfen, die geflossen sind. Auch die gesamtwirtschaftliche Lage spielt eine Rolle, was den Vertrauensverlust angeht, aber auch Themen wie die Qualität der Beratung und die Qualität der angebotenen Dienstleistungen. Die Kunden sprechen auch das Thema "Sicherheit der Einlage" an als weiteren Grund für den Verlust des Vertrauens. Wir interpretieren das in die Richtung, dass es in der Tat vor allem die Werthaltigkeit der Anlage angeht. Da haben die Kunden schon Sorge, wie wahrscheinlich wir alle, vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; Thema "Staatsschuldenkrise in Europa."

    Obwohl das Vertrauen in die Kreditwirtschaft als Ganzes gesunken ist, denkt etwa die Hälfte der Kundschaft nicht daran, die Bankverbindung zu wechseln. Woher diese recht hohe Loyalität kommt, war nicht Gegenstand dieser Studie. Ernst & Young-Partner Claus-Peter Wagner hat aber eine Vermutung:

    "Nun, wir haben den Eindruck, dass insbesondere der Genossenschaftssektor und der Sparkassensektor weniger an Vertrauensverlust zu leiden haben als der Privatbankensektor einschließlich der ausländischen Institute. Das ist etwas, was wir nicht explizit abgefragt haben, was wir aber aus der Studie aber durchaus interpretieren wollen."

    Noch schlimmer als in Deutschland hat das Vertrauen in die Banken in anderen, meist den südlichen Ländern Europas gelitten. Ulrich Trinkaus:

    "Die Resultate zeigen sich da so, wie man es auch erwarten würde, wenn man ganz abstrakt mal jemanden fragen würde. Also: Die Länder wie Griechenland, wie Spanien – da gibt es deutlich höhere Vertrauensverluste im Vergleich zu Deutschland."

    In Griechenland etwa haben die Banken bei 81 Prozent der Befragten Vertrauen eingebüßt, in Spanien bei 76 Prozent. In den Niederlanden waren es "nur" 49 Prozent, der beste europäische Wert. Vertrauenszuwachs gab es auch, aber nur in Indien, Russland, Brasilien und China. Ulrich Trinkaus interpretiert das so:

    "Dass es eine Rolle spielt, dass dort das Banking an sich noch nicht so etabliert, noch nicht so "reif" ist, wie es hier in der westlichen Welt, in Euroland insbesondere der Fall ist, sodass es einfach noch keine so starke Kritik an dieser Branche gibt in Richtung Vertrauen, wie wir das hier wahrnehmen."

    Was so viel heißen könnte wie: Je entwickelter ein Bankensystem, umso größer der potenzielle Vertrauensverlust. Die Lehren, die die Banken daraus ziehen könnten: Die Bankdienstleistungen besser an die individuellen Wünsche der Kunden anpassen. Oft geschieht das Gegenteil: Auf der Jagd nach Spareinlagen etwa bekommen Neukunden oft bessere Konditionen als die, die schon lange dabei sind.