Russlands Präsident Wladimir Putin hat früher als erwartet gehandelt: Eigentlich wollte er den NATO-Staaten bis zum 12. Dezember Zeit geben, den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa KSE zu ratifizieren. Erst, wenn diese Frist verstrichen sei, wollte er entscheiden, ob er das von der Duma bereits beschlossene Gesetz in Kraft setzt, nach dem Russland aus dem Vertrag aussteigen kann. Aber der russische Präsident glaubte nicht mehr daran, dass die NATO-Staaten den Vertrag bis zum 12.12.2007 ratifizieren würden, schließlich war am 30. November in der überwiegenden Zahl der NATO-Staaten das Ratifikationsverfahren noch gar nicht eingeleitet worden. Und vorher hatte man ihm erklärt, dass ein solches Verfahren bis zu einem Jahr dauern würde. Keine Chance also, die russische Bedingung zeitgerecht zu erfüllen. So nutzte Putin schon am 30. November die ihm gewährte Ermächtigung und entschied, dass der Vertrag ab morgen, dem 12. Dezember außer Kraft gesetzt wird.
Nun ist die Sorge groß, dass der KSE-Vertrag das Symbol für das gegenwärtig problematische Verhältnis zwischen Russland und der NATO sein könnte. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier stellte nach der Konferenz der NATO-Außenminister mit deren russischem Kollegen fest:
" Das der KSE-Vertrag nicht irgendein Abrüstungsvertrag ist, sondern das es sich hier um einen Eckstein der internationalen Abrüstungsarchitektur handelt. Fällt der, wird sich relativ schnell herausstellen, dass der Ehrgeiz an anderen Stellen auch fehlen wird und das in der Tat würde nicht ein Gebäude von Abrüstungsarchitektur bedrohen, sondern würde auch massiv Sicherheit in Europa einschränken. "
Bei der Sicherheitskonferenz in München im Februar dieses Jahres hatte Putin erstmals öffentlich beklagt, dass die Verpflichtungen aus dem KSE-Vertrag von den NATO-Staaten nicht erfüllt würden. Später schob er die Drohung mit der Aussetzung des Vertrages dann nach. Hinter den Kulissen wurde darüber schon länger gesprochen.
Mit der Bemerkung Putins in München war plötzlich ein Thema wieder auf die internationale Tagesordnung gekommen, um das es lange Zeit sehr ruhig geworden war: Rüstungskontrolle und Abrüstung. Eigentlich konnte man damit keine Schlagzeilen mehr machen, nun plötzlich wurde dieses Thema wieder zu einem Gradmesser des internationalen Klimas. Putin verknüpfte Politisches und Sachliches miteinander: Neben der Forderung nach Ratifizierung des KSE-Vertrages fordert Russland auch eine Aufgabe der USA-Pläne, ein Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien zu stationieren.
Was steht inhaltlich hinter diesen Forderungen? Noch im Oktober hat NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer beim informellen Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Noordwijk Russland aufgefordert, aus dem KSE-Vertrag nicht auszutreten.
" Die NATO-Alliierten betrachten den KSE-Vertrag als einen, wenn nicht den Eckstein der europäischen Sicherheit. Ich sehe, dass Parteien und Staaten miteinander sprechen, dass einige der Probleme, die Russland mit dem KSE-Vertrag hat, verstanden werden. Mein Rat an alle, Alliierte und russische Freunde und Partner: Macht keine irreversiblen Bewegungen, macht keine irreversiblen Schritte. Gebt diesem Prozess eine Chance. Es sind Vorschläge auf dem Tisch, die besprochen werden. Ich wäre enttäuscht, wenn Russland jetzt suspendierte. "
Welche Rolle spielt der KSE-Vertrag heute? Ende der achtziger Jahre war der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa eines der bedeutendsten Rüstungskontrollinstrumente auf diesem Kontinent. Zum ersten Mal hatten die NATO und der damals noch bestehende Warschauer Pakt Obergrenzen für konventionelle Waffensysteme und Soldaten vereinbart.
Als 1989 die Blockkonfrontation zusammenbrach, hat man den Vertrag dennoch erhalten, lediglich die für die DDR vorgesehenen Ansätze wurden einfach gestrichen. Deutschland hatte damit ein besonders hohes Abrüstungskontingent zu erfüllen, bis die eigentlich nur für die alte Bundesrepublik ausgehandelten Grenzen erreicht waren.
Im Herbst 1999 wurde am Rande einer Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE in Istanbul ein angepasster KSE-Vertrag beschlossen, der den Gegebenheiten entsprach, die sich mittlerweile entwickelt hatten: Der Warschauer Pakt hatte sich aufgelöst, die NATO erweiterte sich - die Sicherheitsarchitektur in Europa veränderte sich dramatisch. In dem angepassten KSE-Vertrag wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass es die Trennung zwischen NATO und Warschauer Pakt nicht mehr geben konnte. Es wurden regionale und nationale Obergrenzen vereinbart. Konkret hieß dies, dass für die NATO-Staaten eine Regelung getroffen wurde, die es zuließ, dass sie Truppen von Verbündeten aufnehmen konnten. Die regionalen Obergrenzen sind also höher als die nationalen. Im Nicht-NATO-Gebiet waren die beiden Obergrenzen identisch. Dies entsprach den Interessen der Länder: Die NATO-Mitglieder, auch die Staaten, die der NATO beizutreten beabsichtigten, wollten die Möglichkeit haben, Truppen von Partnern aufzunehmen - in der Regel ging es dabei um US-Truppen. Die Staaten, die der NATO nicht angehörten und keine oder noch keine klare Beitrittsperspektive hatten, wollten diese Möglichkeit bewusst ausschließen.
Die NATO koppelte 1999 ihre Zustimmung zu diesem Vertrag an die Zusage Moskaus, die in Georgien und Moldawien stationierten russischen Truppen abzuziehen. Erst, wenn das erfolgt sei, könnten die NATO-Staaten den Vertrag ratifizieren.
In Moldawien hat Russland zunächst rund die Hälfte seiner Truppen und der dort lagernden Munition abgezogen. Wegen des Konflikts um Transnistrien sind dort aber rund 1.500 russische Soldaten stationiert, die von Moskau als Friedenstruppen verstanden werden.
Aus Georgien wurden fast alle Truppen abgezogen. Bei dem Rest, der sich noch dort befindet, handelt es sich um eine Basis, in der ausschließlich logistische Truppen stationiert sind. Allerdings liegt diese Basis in der Unruheprovinz Abchasien.
Es scheint so, dass mit Georgien eine Vereinbarung über diese Basis zu erreichen wäre. Die sog. Friedenstruppen in Moldawien sind nach russischer Lesart schon gar kein Grund, den Vertrag nicht zu ratifizieren. Die NATO allerdings verweist darauf, dass es für diese Friedenstruppe kein UN-Mandat gibt, frei nach dem Motto: Kein UN-Mandat, keine offizielle Friedenstruppe.
Nun enthält der KSE-Vertrag nicht nur regionale und nationale Obergrenzen, sondern auch Bestimmungen darüber, dass die Truppen nicht ohne Weiteres verlegt werden dürfen. Russische Militärs beklagen nun, dass sie solchen Bewegungsbeschränkungen unterliegen, während die USA solche nicht einhalten müssen, da das Gebiet der USA nicht zum Vertragsgebiet gehört. Dies ist russischen Offizieren natürlich ein Dorn im Auge.
Aus russischer Sicht gibt es vor allem vier Gründe, den Vertrag so nicht mehr zu akzeptieren. Der Magdeburger Professor Erhard Forndran:
" Zunächst mal muss man sagen, dass die NATO-Staaten nie ratifiziert haben, während die russische Seite das getan hat. "
Ein weiterer Grund besteht darin,
" dass die baltischen Staaten durch die Osterweiterung der NATO dazu gekommen sind, aber ablehnend diesen Vertrag zu verhandeln und dem Vertrag zuzustimmen, was für Russland bedeutet, das ein Teil der Westfront, der Westgrenze dadurch gekennzeichnet ist, dass eventuell riesige Potentiale dort auflaufen. "
Es kommen politisch-psychologische Gründe hinzu:
" Dass auf der russischen Seite natürlich eine Sehnsucht danach ist, wieder anerkannt zu werden, als eine der wichtigsten Mächte der Welt. Das hat der Westen in den 90er Jahren und in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts nicht sehr intensiv getan. "
Auch aus russischer Sicht hat sich die Sicherheitsanalyse in den letzten Jahren drastisch verändert. Manche alte Hardliner leben immer noch in der Vorstellung, die Bedrohung könne aus dem Westen kommen. Aber die Realisten in Moskau haben durchaus erkannt, dass die Risiken eher aus dem Süden kommen:
" Wir haben also eine Konstellation, die sehr viel stärker Nord-Süd-Dimensionen beinhaltet, Konfliktpotentiale, die in der Zukunft schwer steuerbar sein werden, da brauchen wir nicht nur an die Schurkenstaaten zu denken, da können wir auch an terroristische Gruppierungen, also nicht-staatliche Akteure mit Massenvernichtungswaffen denken. Wir haben Konstellationen, die eigentlich dazu führen müssten, dass es eine Kooperation gemeinsame Position der NATO und Russlands gegenüber diesen neuen Gefahren ergibt und mein Eindruck ist, dass das auf der russischen Seite auch so gesehen wird, und eigentlich der Versuch gemacht wird zusammen mit der NATO Sicherheitsprobleme zu lösen. "
Die Richtung, aus der mögliche Bedrohungen kommen, hat sich also gedreht. Genau in der Region, aus der die Risiken jetzt drohen, dürfen Truppen aber weder verstärkt noch bewegt werden.
Präsident Putin hat noch ein anderes Dilemma, wie Professor Forndran erläutert:
" Das alte Konzept des Gleichgewichts ist nicht mehr zu erreichen. Russland kann nicht den Versuch machen, ein Gleichgewicht gegenüber allen anderen Staaten Europas zu erreichen. Das heißt, Russland wird immer in Zukunft in einer etwas schwächeren Position sein, als zur klassischen Zeit des Ost-West-Konflikts. Aber nach innen ist das schwer zu verkaufen. Putin muss deutlich machen, wie stark eigentlich Russland ist um sein politisches System zu stabilisieren. Aber er kann andererseits, und das ist das Dilemma, eigentlich ein Rüstungswettlauf mit dem Westen mit den NATO-Staaten nicht anstreben, dass ist nicht zu bezahlen, das würde erhebliche soziale Probleme für Russland im Inneren bedeuten. Das heißt, dass ist eine Dilemma-Situation und deswegen ist Putin zunächst mal auf Konfrontationskurs gegangen, aber er hat ja zugleich immer wieder angeboten, die Probleme doch kooperativ zu lösen. "
Ein weiterer, wichtiger Teil des KSE-Vertrages sind die Verifikationsregeln. An diesen hat der Westen ein besonderes Interesse. Der Vertrag sieht vor, dass die Vertragsstaaten sich wechselseitig in die Arsenale schauen können. Diese Inspektionen müssen nicht vorher angekündigt werden. Dass eine solche Inspektion stattfindet, erfährt der Staat, der aufgesucht wird, wenige Tage vor dem Eintreffen der Teams. Die Standorte, die untersucht werden, erfahren die Soldaten erst bei Eintreffen der Inspektoren. Nun werden die durch den KSE-Vertrag begrenzten Waffensysteme zum Teil auch in zivilen Firmen instand gesetzt oder gewartet. Dann befinden sie sich nicht in der Kaserne, sondern in der betreffenden Firma. Die Firmen müssen den Zugang zu ihrem Gelände aber nicht ohne gesetzliche Grundlage gestatten. Es müssen also innerstaatliche Gesetze geändert werden. Eine solche gesetzliche Regelung kann jedoch erst erlassen werden, wenn der Vertrag auch formal verpflichtend, also ratifiziert ist. Diese wechselseitige Informationsbeschaffung in den Standorten der KSE-Staaten ist ein bedeutsames Element für alle Beteiligten.
Nun steht also die Verpflichtung Russlands, die sog. Istanbul-Pflichten zu erfüllen, gegen die Ratifikation. Russland argumentiert, es habe die Verpflichtungen im wesentlichen erfüllt, nun müssten die anderen Staaten endlich ratifizieren. Doch die USA haben daran bisher kein großes Interesse gehabt. Sie wollen Verträge, die ihre globale Beweglichkeit einschränken nicht mehr unterzeichnen. Denn die Obergrenzen, die der Vertrag erlaubt, erfüllen alle westlichen Staaten schon längst nicht mehr. In diesem Bereich hat der Vertrag seine Bedeutung mittlerweile verloren.
In dieser politisch verkanteten Situation hat Russland intern schon lange gedroht, es steige aus dem KSE-Vertrag aus, wenn er nicht bald ratifiziert werde. Russlands Interesse richtet sich darauf, nach dem Inkrafttreten des Vertrages in neue Verhandlungen einzutreten, die den neuen Sicherheitsanalysen besser Rechnung tragen.
Wie kann nun die KSE-Problematik gelöst werden? Mittlerweile ist die NATO auf einen Vorschlag eingeschwenkt, der aus Deutschland kam: Man sollte Schritt für Schritt die verschiedenen Problemkreise angehen: Die NATO-Staaten beginnen mit der Ratifikation, dann erfüllt Moskau ebenfalls nach und nach die noch offenen Verpflichtungen. Die NATO hat sich dies nun auf die Fahnen geschrieben. Aber viele NATO-Länder haben zu Protokoll gegeben, sie seien bereit für diesen "Action-by-action"-Ansatz, wollten selbst jedoch am Ende der Operation ratifizieren.
Forndran setzt auf eine Entspannung in der Zukunft.
" Insgesamt glaube ich, dass die konfrontative Konstellation, die sich aufgebaut hat doch nicht bestehen bleibt, und zwar auf der einen Seite weil in Amerika eine Veränderung eintritt, die deutsche Politik zum Beispiel deutlich gemacht hat, dass sie die Dinge nicht so hoch fährt, wie die amerikanische Politik was KSE angeht und auf der anderen Seite, die russische Führung muss sich klar sein, dass sie sich eigentlich einen Rüstungswettlauf nicht leisten kann. "
Die russische Duma hat das entsprechende Gesetz mit einem breiten Handlungsspielraum für den russischen Präsidenten beschlossen: Er kann jederzeit den suspendierten Vertrag wieder in Kraft setzen. Darauf setzen einige ihre Hoffnungen.
In den letzten Wochen wurden mehrere Versuche unternommen, hinter den Kulissen den Konflikt zu entschärfen. Drei Konferenztermine gab es dafür, aber Außenminister Steinmeier muss enttäuscht feststellen:
" Die Zeit oder der Wille hat jedenfalls nicht ausgereicht, um die russische Seite davon zu überzeugen, die angekündigte Aussetzung zurückzunehmen, sie ist inzwischen, das wissen Sie, verkündet worden. "
Für kurze Zeit kam auch der Vertrag über Mittelstreckenraketen, der INF-Vertrag, in die Diskussion. Mit diesem Vertrag hatten die USA und die Sowjetunion den völligen Abbau nuklearer Mittelstreckenraketen vereinbart. Russland argumentiert nun, dass diese Regelung für die USA völlig unproblematisch sei, für Russland aber außerordentlich riskant: Im direkten Umfeld Russlands befinden sich Staaten, die Mittelstreckenraketen haben oder entwickeln und die sich auch um nukleare Sprengköpfe bemühen, wenn sie sie nicht schon besitzen. Pakistan, Indien und der Iran sind drei Länder, auf die das zutrifft.
Russland will nicht in erster Linie selbst wieder solche Systeme aufbauen. Es will erreichen, dass der INF-Vertrag für weitere Mitglieder geöffnet wird. Dass dafür eine Kündigung des Vertrags nötig sei, haben die USA und Russland durch eine gemeinsame Erklärung im Sommer verneint. Damit ist dieses Thema, das die Rüstungskontroll-Debatte vorübergehend angeheizt hatte, wohl wieder vom Tisch - zumindest in dieser Runde.
In der politischen Diskussion wird die KSE-Thematik mit dem in Tschechien und Polen geplanten US-Raketenabwehrschirm verknüpft. Die USA wollen in Tschechien Radarstellungen und in Polen damit verbundene Abwehrraketen stationieren, die den Zweck haben, möglicherweise aus dem Iran abgefeuerte Nuklearraketen abzufangen. Russlands Befürchtungen, dass dies sich gegen möglicherweise aus Russland abgefeuerte Raketen richte, sind nicht zu halten, wie Alexander Bitter, Abrüstungsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, erläutert:
" Ein Großteil der möglichen Flugbahnen russischer Interkontinentalraketen, ginge über den Pol oder über Alaska, und damit eben gar nicht europäisches Territorium "
Abwehrraketenstellungen dafür sind bereits aufgebaut. Alexander Bitter:
" Das spielt sich eigentlich in Alaska und in Kalifornien ab und da gibt es zwei Standorte, wo die stationiert sind, und je nachdem, wie die Flugbahnen sich entwickeln, also ob sie vom mehr westlichen Teil Russlands kommen, oder mehr aus dem östlichen Teil, werden sie dort postiert. "
Die Verknüpfung von KSE-Vertrag und Raketenabwehr sei, so Bitter, sachfremd:
" Da denke ich, dass sind zwei tatsächlich verschiedene Felder und es wäre auch wichtig, das im Sinne von positiven Entwicklungen auf beiden Feldern, es da zu einer Lösung kommt und zu besseren und produktiveren Gesprächen. "
Auch in der Frage der Raketenbedrohung sieht Russland die Hauptrisiken nicht mehr aus dem Westen, sondern aus dem Süden:
" Meiner Auffassung nach, spielt das eine sehr große Rolle, denn auch Russland sieht dort Bedrohungsszenarien heranwachsen, auch aus dem Bereich China, und dort liegen auch aus meiner Sicht Möglichkeiten einer Kooperation. "
Da die Risikoanalyse in der NATO und in Russland durchaus ähnliche Richtungen hat, könnte man an eine gemeinsames Raketenabwehrprogramm denken, was Russland in die Diskussion eingeführt hat. Wie könnte das aussehen?
" Ich denke eine Kooperation zwischen NATO und Russland könnte soweit gehen, dass man sich Informationen gibt über Frühwarnsysteme, dass man Satellitendaten weiterreicht, dass man praktisch die Systeme aneinander oder miteinander kompatibel macht, aber das es eben soweit geht, dass man gemeinsam betreibt, das halte ich doch tatsächlich für eine zu weitreichende Kooperation. "
Vor allem Fragen des Technologietransfers sprechen dagegen. Wenn der KSE-Vertrag nun ausgesetzt wird, dann hat Moskau damit ein Faktum auf der internationalen Bühne geschaffen. Das Ende der Gespräche über die Rüstungskontrolle, aber auch über die Notwendigkeiten der Abwehr bestehender Risiken ist damit aber nicht eingeleitet. Nach dem Treffen der NATO-Außenminister mit ihrem russischen Kollegen Lawrow in Brüssel in der vergangenen Woche erklärte Außenminister Steinmeier:
" Das uns nicht zufrieden stellen kann, aber immerhin, der Bereitschaft sowohl von der amerikanischen Seite und der russischen Seite den jetzt begonnenen Gesprächstonus wieder aufzunehmen. Und trotz der verkündeten Aussetzung nach Möglichkeiten zu suchen, die Gespräche zum folgenden Inkrafttreten der KSE-Regelungen weiterzuführen. Der russische Kollege hat das begleitet mit einer Formulierung: zwar sind die Verträge im Augenblick ausgesetzt, ist das KSE-Regime zwar im Augenblick ausgesetzt, aber wir können ja versuchen, so seine Formulierung, die Zeitdauer der Aussetzung möglichst kurz zu halten. "
Nun ist die Sorge groß, dass der KSE-Vertrag das Symbol für das gegenwärtig problematische Verhältnis zwischen Russland und der NATO sein könnte. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier stellte nach der Konferenz der NATO-Außenminister mit deren russischem Kollegen fest:
" Das der KSE-Vertrag nicht irgendein Abrüstungsvertrag ist, sondern das es sich hier um einen Eckstein der internationalen Abrüstungsarchitektur handelt. Fällt der, wird sich relativ schnell herausstellen, dass der Ehrgeiz an anderen Stellen auch fehlen wird und das in der Tat würde nicht ein Gebäude von Abrüstungsarchitektur bedrohen, sondern würde auch massiv Sicherheit in Europa einschränken. "
Bei der Sicherheitskonferenz in München im Februar dieses Jahres hatte Putin erstmals öffentlich beklagt, dass die Verpflichtungen aus dem KSE-Vertrag von den NATO-Staaten nicht erfüllt würden. Später schob er die Drohung mit der Aussetzung des Vertrages dann nach. Hinter den Kulissen wurde darüber schon länger gesprochen.
Mit der Bemerkung Putins in München war plötzlich ein Thema wieder auf die internationale Tagesordnung gekommen, um das es lange Zeit sehr ruhig geworden war: Rüstungskontrolle und Abrüstung. Eigentlich konnte man damit keine Schlagzeilen mehr machen, nun plötzlich wurde dieses Thema wieder zu einem Gradmesser des internationalen Klimas. Putin verknüpfte Politisches und Sachliches miteinander: Neben der Forderung nach Ratifizierung des KSE-Vertrages fordert Russland auch eine Aufgabe der USA-Pläne, ein Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien zu stationieren.
Was steht inhaltlich hinter diesen Forderungen? Noch im Oktober hat NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer beim informellen Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Noordwijk Russland aufgefordert, aus dem KSE-Vertrag nicht auszutreten.
" Die NATO-Alliierten betrachten den KSE-Vertrag als einen, wenn nicht den Eckstein der europäischen Sicherheit. Ich sehe, dass Parteien und Staaten miteinander sprechen, dass einige der Probleme, die Russland mit dem KSE-Vertrag hat, verstanden werden. Mein Rat an alle, Alliierte und russische Freunde und Partner: Macht keine irreversiblen Bewegungen, macht keine irreversiblen Schritte. Gebt diesem Prozess eine Chance. Es sind Vorschläge auf dem Tisch, die besprochen werden. Ich wäre enttäuscht, wenn Russland jetzt suspendierte. "
Welche Rolle spielt der KSE-Vertrag heute? Ende der achtziger Jahre war der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa eines der bedeutendsten Rüstungskontrollinstrumente auf diesem Kontinent. Zum ersten Mal hatten die NATO und der damals noch bestehende Warschauer Pakt Obergrenzen für konventionelle Waffensysteme und Soldaten vereinbart.
Als 1989 die Blockkonfrontation zusammenbrach, hat man den Vertrag dennoch erhalten, lediglich die für die DDR vorgesehenen Ansätze wurden einfach gestrichen. Deutschland hatte damit ein besonders hohes Abrüstungskontingent zu erfüllen, bis die eigentlich nur für die alte Bundesrepublik ausgehandelten Grenzen erreicht waren.
Im Herbst 1999 wurde am Rande einer Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE in Istanbul ein angepasster KSE-Vertrag beschlossen, der den Gegebenheiten entsprach, die sich mittlerweile entwickelt hatten: Der Warschauer Pakt hatte sich aufgelöst, die NATO erweiterte sich - die Sicherheitsarchitektur in Europa veränderte sich dramatisch. In dem angepassten KSE-Vertrag wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass es die Trennung zwischen NATO und Warschauer Pakt nicht mehr geben konnte. Es wurden regionale und nationale Obergrenzen vereinbart. Konkret hieß dies, dass für die NATO-Staaten eine Regelung getroffen wurde, die es zuließ, dass sie Truppen von Verbündeten aufnehmen konnten. Die regionalen Obergrenzen sind also höher als die nationalen. Im Nicht-NATO-Gebiet waren die beiden Obergrenzen identisch. Dies entsprach den Interessen der Länder: Die NATO-Mitglieder, auch die Staaten, die der NATO beizutreten beabsichtigten, wollten die Möglichkeit haben, Truppen von Partnern aufzunehmen - in der Regel ging es dabei um US-Truppen. Die Staaten, die der NATO nicht angehörten und keine oder noch keine klare Beitrittsperspektive hatten, wollten diese Möglichkeit bewusst ausschließen.
Die NATO koppelte 1999 ihre Zustimmung zu diesem Vertrag an die Zusage Moskaus, die in Georgien und Moldawien stationierten russischen Truppen abzuziehen. Erst, wenn das erfolgt sei, könnten die NATO-Staaten den Vertrag ratifizieren.
In Moldawien hat Russland zunächst rund die Hälfte seiner Truppen und der dort lagernden Munition abgezogen. Wegen des Konflikts um Transnistrien sind dort aber rund 1.500 russische Soldaten stationiert, die von Moskau als Friedenstruppen verstanden werden.
Aus Georgien wurden fast alle Truppen abgezogen. Bei dem Rest, der sich noch dort befindet, handelt es sich um eine Basis, in der ausschließlich logistische Truppen stationiert sind. Allerdings liegt diese Basis in der Unruheprovinz Abchasien.
Es scheint so, dass mit Georgien eine Vereinbarung über diese Basis zu erreichen wäre. Die sog. Friedenstruppen in Moldawien sind nach russischer Lesart schon gar kein Grund, den Vertrag nicht zu ratifizieren. Die NATO allerdings verweist darauf, dass es für diese Friedenstruppe kein UN-Mandat gibt, frei nach dem Motto: Kein UN-Mandat, keine offizielle Friedenstruppe.
Nun enthält der KSE-Vertrag nicht nur regionale und nationale Obergrenzen, sondern auch Bestimmungen darüber, dass die Truppen nicht ohne Weiteres verlegt werden dürfen. Russische Militärs beklagen nun, dass sie solchen Bewegungsbeschränkungen unterliegen, während die USA solche nicht einhalten müssen, da das Gebiet der USA nicht zum Vertragsgebiet gehört. Dies ist russischen Offizieren natürlich ein Dorn im Auge.
Aus russischer Sicht gibt es vor allem vier Gründe, den Vertrag so nicht mehr zu akzeptieren. Der Magdeburger Professor Erhard Forndran:
" Zunächst mal muss man sagen, dass die NATO-Staaten nie ratifiziert haben, während die russische Seite das getan hat. "
Ein weiterer Grund besteht darin,
" dass die baltischen Staaten durch die Osterweiterung der NATO dazu gekommen sind, aber ablehnend diesen Vertrag zu verhandeln und dem Vertrag zuzustimmen, was für Russland bedeutet, das ein Teil der Westfront, der Westgrenze dadurch gekennzeichnet ist, dass eventuell riesige Potentiale dort auflaufen. "
Es kommen politisch-psychologische Gründe hinzu:
" Dass auf der russischen Seite natürlich eine Sehnsucht danach ist, wieder anerkannt zu werden, als eine der wichtigsten Mächte der Welt. Das hat der Westen in den 90er Jahren und in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts nicht sehr intensiv getan. "
Auch aus russischer Sicht hat sich die Sicherheitsanalyse in den letzten Jahren drastisch verändert. Manche alte Hardliner leben immer noch in der Vorstellung, die Bedrohung könne aus dem Westen kommen. Aber die Realisten in Moskau haben durchaus erkannt, dass die Risiken eher aus dem Süden kommen:
" Wir haben also eine Konstellation, die sehr viel stärker Nord-Süd-Dimensionen beinhaltet, Konfliktpotentiale, die in der Zukunft schwer steuerbar sein werden, da brauchen wir nicht nur an die Schurkenstaaten zu denken, da können wir auch an terroristische Gruppierungen, also nicht-staatliche Akteure mit Massenvernichtungswaffen denken. Wir haben Konstellationen, die eigentlich dazu führen müssten, dass es eine Kooperation gemeinsame Position der NATO und Russlands gegenüber diesen neuen Gefahren ergibt und mein Eindruck ist, dass das auf der russischen Seite auch so gesehen wird, und eigentlich der Versuch gemacht wird zusammen mit der NATO Sicherheitsprobleme zu lösen. "
Die Richtung, aus der mögliche Bedrohungen kommen, hat sich also gedreht. Genau in der Region, aus der die Risiken jetzt drohen, dürfen Truppen aber weder verstärkt noch bewegt werden.
Präsident Putin hat noch ein anderes Dilemma, wie Professor Forndran erläutert:
" Das alte Konzept des Gleichgewichts ist nicht mehr zu erreichen. Russland kann nicht den Versuch machen, ein Gleichgewicht gegenüber allen anderen Staaten Europas zu erreichen. Das heißt, Russland wird immer in Zukunft in einer etwas schwächeren Position sein, als zur klassischen Zeit des Ost-West-Konflikts. Aber nach innen ist das schwer zu verkaufen. Putin muss deutlich machen, wie stark eigentlich Russland ist um sein politisches System zu stabilisieren. Aber er kann andererseits, und das ist das Dilemma, eigentlich ein Rüstungswettlauf mit dem Westen mit den NATO-Staaten nicht anstreben, dass ist nicht zu bezahlen, das würde erhebliche soziale Probleme für Russland im Inneren bedeuten. Das heißt, dass ist eine Dilemma-Situation und deswegen ist Putin zunächst mal auf Konfrontationskurs gegangen, aber er hat ja zugleich immer wieder angeboten, die Probleme doch kooperativ zu lösen. "
Ein weiterer, wichtiger Teil des KSE-Vertrages sind die Verifikationsregeln. An diesen hat der Westen ein besonderes Interesse. Der Vertrag sieht vor, dass die Vertragsstaaten sich wechselseitig in die Arsenale schauen können. Diese Inspektionen müssen nicht vorher angekündigt werden. Dass eine solche Inspektion stattfindet, erfährt der Staat, der aufgesucht wird, wenige Tage vor dem Eintreffen der Teams. Die Standorte, die untersucht werden, erfahren die Soldaten erst bei Eintreffen der Inspektoren. Nun werden die durch den KSE-Vertrag begrenzten Waffensysteme zum Teil auch in zivilen Firmen instand gesetzt oder gewartet. Dann befinden sie sich nicht in der Kaserne, sondern in der betreffenden Firma. Die Firmen müssen den Zugang zu ihrem Gelände aber nicht ohne gesetzliche Grundlage gestatten. Es müssen also innerstaatliche Gesetze geändert werden. Eine solche gesetzliche Regelung kann jedoch erst erlassen werden, wenn der Vertrag auch formal verpflichtend, also ratifiziert ist. Diese wechselseitige Informationsbeschaffung in den Standorten der KSE-Staaten ist ein bedeutsames Element für alle Beteiligten.
Nun steht also die Verpflichtung Russlands, die sog. Istanbul-Pflichten zu erfüllen, gegen die Ratifikation. Russland argumentiert, es habe die Verpflichtungen im wesentlichen erfüllt, nun müssten die anderen Staaten endlich ratifizieren. Doch die USA haben daran bisher kein großes Interesse gehabt. Sie wollen Verträge, die ihre globale Beweglichkeit einschränken nicht mehr unterzeichnen. Denn die Obergrenzen, die der Vertrag erlaubt, erfüllen alle westlichen Staaten schon längst nicht mehr. In diesem Bereich hat der Vertrag seine Bedeutung mittlerweile verloren.
In dieser politisch verkanteten Situation hat Russland intern schon lange gedroht, es steige aus dem KSE-Vertrag aus, wenn er nicht bald ratifiziert werde. Russlands Interesse richtet sich darauf, nach dem Inkrafttreten des Vertrages in neue Verhandlungen einzutreten, die den neuen Sicherheitsanalysen besser Rechnung tragen.
Wie kann nun die KSE-Problematik gelöst werden? Mittlerweile ist die NATO auf einen Vorschlag eingeschwenkt, der aus Deutschland kam: Man sollte Schritt für Schritt die verschiedenen Problemkreise angehen: Die NATO-Staaten beginnen mit der Ratifikation, dann erfüllt Moskau ebenfalls nach und nach die noch offenen Verpflichtungen. Die NATO hat sich dies nun auf die Fahnen geschrieben. Aber viele NATO-Länder haben zu Protokoll gegeben, sie seien bereit für diesen "Action-by-action"-Ansatz, wollten selbst jedoch am Ende der Operation ratifizieren.
Forndran setzt auf eine Entspannung in der Zukunft.
" Insgesamt glaube ich, dass die konfrontative Konstellation, die sich aufgebaut hat doch nicht bestehen bleibt, und zwar auf der einen Seite weil in Amerika eine Veränderung eintritt, die deutsche Politik zum Beispiel deutlich gemacht hat, dass sie die Dinge nicht so hoch fährt, wie die amerikanische Politik was KSE angeht und auf der anderen Seite, die russische Führung muss sich klar sein, dass sie sich eigentlich einen Rüstungswettlauf nicht leisten kann. "
Die russische Duma hat das entsprechende Gesetz mit einem breiten Handlungsspielraum für den russischen Präsidenten beschlossen: Er kann jederzeit den suspendierten Vertrag wieder in Kraft setzen. Darauf setzen einige ihre Hoffnungen.
In den letzten Wochen wurden mehrere Versuche unternommen, hinter den Kulissen den Konflikt zu entschärfen. Drei Konferenztermine gab es dafür, aber Außenminister Steinmeier muss enttäuscht feststellen:
" Die Zeit oder der Wille hat jedenfalls nicht ausgereicht, um die russische Seite davon zu überzeugen, die angekündigte Aussetzung zurückzunehmen, sie ist inzwischen, das wissen Sie, verkündet worden. "
Für kurze Zeit kam auch der Vertrag über Mittelstreckenraketen, der INF-Vertrag, in die Diskussion. Mit diesem Vertrag hatten die USA und die Sowjetunion den völligen Abbau nuklearer Mittelstreckenraketen vereinbart. Russland argumentiert nun, dass diese Regelung für die USA völlig unproblematisch sei, für Russland aber außerordentlich riskant: Im direkten Umfeld Russlands befinden sich Staaten, die Mittelstreckenraketen haben oder entwickeln und die sich auch um nukleare Sprengköpfe bemühen, wenn sie sie nicht schon besitzen. Pakistan, Indien und der Iran sind drei Länder, auf die das zutrifft.
Russland will nicht in erster Linie selbst wieder solche Systeme aufbauen. Es will erreichen, dass der INF-Vertrag für weitere Mitglieder geöffnet wird. Dass dafür eine Kündigung des Vertrags nötig sei, haben die USA und Russland durch eine gemeinsame Erklärung im Sommer verneint. Damit ist dieses Thema, das die Rüstungskontroll-Debatte vorübergehend angeheizt hatte, wohl wieder vom Tisch - zumindest in dieser Runde.
In der politischen Diskussion wird die KSE-Thematik mit dem in Tschechien und Polen geplanten US-Raketenabwehrschirm verknüpft. Die USA wollen in Tschechien Radarstellungen und in Polen damit verbundene Abwehrraketen stationieren, die den Zweck haben, möglicherweise aus dem Iran abgefeuerte Nuklearraketen abzufangen. Russlands Befürchtungen, dass dies sich gegen möglicherweise aus Russland abgefeuerte Raketen richte, sind nicht zu halten, wie Alexander Bitter, Abrüstungsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, erläutert:
" Ein Großteil der möglichen Flugbahnen russischer Interkontinentalraketen, ginge über den Pol oder über Alaska, und damit eben gar nicht europäisches Territorium "
Abwehrraketenstellungen dafür sind bereits aufgebaut. Alexander Bitter:
" Das spielt sich eigentlich in Alaska und in Kalifornien ab und da gibt es zwei Standorte, wo die stationiert sind, und je nachdem, wie die Flugbahnen sich entwickeln, also ob sie vom mehr westlichen Teil Russlands kommen, oder mehr aus dem östlichen Teil, werden sie dort postiert. "
Die Verknüpfung von KSE-Vertrag und Raketenabwehr sei, so Bitter, sachfremd:
" Da denke ich, dass sind zwei tatsächlich verschiedene Felder und es wäre auch wichtig, das im Sinne von positiven Entwicklungen auf beiden Feldern, es da zu einer Lösung kommt und zu besseren und produktiveren Gesprächen. "
Auch in der Frage der Raketenbedrohung sieht Russland die Hauptrisiken nicht mehr aus dem Westen, sondern aus dem Süden:
" Meiner Auffassung nach, spielt das eine sehr große Rolle, denn auch Russland sieht dort Bedrohungsszenarien heranwachsen, auch aus dem Bereich China, und dort liegen auch aus meiner Sicht Möglichkeiten einer Kooperation. "
Da die Risikoanalyse in der NATO und in Russland durchaus ähnliche Richtungen hat, könnte man an eine gemeinsames Raketenabwehrprogramm denken, was Russland in die Diskussion eingeführt hat. Wie könnte das aussehen?
" Ich denke eine Kooperation zwischen NATO und Russland könnte soweit gehen, dass man sich Informationen gibt über Frühwarnsysteme, dass man Satellitendaten weiterreicht, dass man praktisch die Systeme aneinander oder miteinander kompatibel macht, aber das es eben soweit geht, dass man gemeinsam betreibt, das halte ich doch tatsächlich für eine zu weitreichende Kooperation. "
Vor allem Fragen des Technologietransfers sprechen dagegen. Wenn der KSE-Vertrag nun ausgesetzt wird, dann hat Moskau damit ein Faktum auf der internationalen Bühne geschaffen. Das Ende der Gespräche über die Rüstungskontrolle, aber auch über die Notwendigkeiten der Abwehr bestehender Risiken ist damit aber nicht eingeleitet. Nach dem Treffen der NATO-Außenminister mit ihrem russischen Kollegen Lawrow in Brüssel in der vergangenen Woche erklärte Außenminister Steinmeier:
" Das uns nicht zufrieden stellen kann, aber immerhin, der Bereitschaft sowohl von der amerikanischen Seite und der russischen Seite den jetzt begonnenen Gesprächstonus wieder aufzunehmen. Und trotz der verkündeten Aussetzung nach Möglichkeiten zu suchen, die Gespräche zum folgenden Inkrafttreten der KSE-Regelungen weiterzuführen. Der russische Kollege hat das begleitet mit einer Formulierung: zwar sind die Verträge im Augenblick ausgesetzt, ist das KSE-Regime zwar im Augenblick ausgesetzt, aber wir können ja versuchen, so seine Formulierung, die Zeitdauer der Aussetzung möglichst kurz zu halten. "