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Vertrauenstest auch für Anleger

Gleich drei angeschlagene Euro-Länder - Griechenland, Portugal und Spanien - versuchen in dieser Woche, mit dem Verkauf von Staatsanleihen Geld in die Staatskassen zu spülen. Sie locken Anleger mit hohen Zinsen, doch sind die Anleihen auch sicher?

Von Michael Braun |
    Es klingt verlockend: Während deutsche Staatsanleihen mit langer Laufzeit nur 2,9 Prozent Rendite bringen, werfen vergleichbare spanische Papiere 5,5 Prozent ab, portugiesische knapp sieben Prozent und griechische gar 11,5 Prozent. Heute Morgen habe es eine kleine Rallye gegeben, sagen Händler. Soll heißen: Das Kaufinteresse für die Papiere hat fühlbar zugelegt. Auch Privatanleger sind dabei. Kundenberater in den Banken sagen, konservative Anleger ließen die Finger von Staatsanleihen aus Spanien, Portugal und Griechenland, aber weniger risikoscheue langten durchaus zu. Es gibt die Papiere in kleinen Stückelungen, schon von hundert Euro an und weniger. Und Ilona Korsch von der Privatbank Hauck & Aufhäuser hält das mit den hohen Renditen verbundene Risiko für begrenzt:

    "Meine persönliche Meinung ist allerdings die, dass die Länder zurückgezahlt werden, insbesondere Portugal. Griechenland ist schon eine andere Kategorie. Wo ich aber auch hier glaube, dass zumindest die nächsten drei Jahre unter dem Rettungsschirm auch bezahlt werden. Das heißt: Auch hier sind für kurze Fälligkeiten sehr hohe Renditen bis teilweise zwölf Prozent zu erwerben. Es ist Spekulation. Ich glaube dennoch, dass die Anleger dennoch mit 100 Prozent plus Kuponertrag bedient werden."

    Frau Korsch vertraut dabei auf den Rettungsschirm und andere Zusagen der Regierungen. Dass vorige Woche die EU-Kommission eine Anleihe über fünf Milliarden Euro begeben hat, mit deren Erlös Irland geholfen werden soll, und dass diese Anleihe im Markt sehr gut verkauft werden konnte, war der Rentenhändlerin ein Beweis, dass die Regierungen ihre Hilfszusagen einhalten werden:

    "Dem Rettungsschirm vertraue ich. Ich vertraue auch unseren Politikern. Die Politiker haben ganz klar gesagt, sie stehen zu dem Rettungsschirm und es wird niemand ausfallen."

    In den Banken ist das aber nicht so. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat sie befragt und herausgefunden, dass die Skepsis bei den Bankmanagern durchaus groß ist. Dirk Müller-Tronnier von Ernst & Young so:

    "Über die Hälfte ist der Auffassung, dass da weder kurz- noch mittelfristig ein Ausfall droht. Man kann es natürlich auch andersherum interpretieren: Knapp die Hälfte erwartet eben dann doch im Zeitraum von drei bis fünf Jahren Ausfälle, die dann natürlich schmerzlich werden."

    Für Anleger bedeutet das große Kursunsicherheit. Wer also nicht bis zur Fälligkeit der Anleihe warten kann, sondern zwischendurch verkaufen muss, muss mindestens heftige Kursverluste einrechnen. Beispiel: Eine portugiesische Anleihe, die 2016 mit 100 Euro zurückgezahlt werden soll, brächte im Moment auf dem Markt nur 90 Euro. Und wenn in Zukunft auch in die Emissionsprospekte von Staatsanleihen eine Mithaftung der Gläubiger hineingeschrieben wird, dann werden nicht nur Banken und andere Großinvestoren haften. Ilona Korsch:

    "Das würde auch die Frau Müller und Herrn Meier betreffen. Das bedeutet, dass derjenige, der kauft, egal, ob es die Bank ist, ein Fonds ist, ein Privatanleger wie Herr Müller, der würde dann im Falle einer Insolvenz in die Umstrukturierung mitgehen, mithaften. Er würde nur noch einen Teilbetrag des eingesetzten Kapitals zurückerhalten."

    Wer Rendite sucht, kommt also am Risiko nicht vorbei. In ihren Verkaufsgesprächen machen die Finanzdienstleister in der Regel darauf aufmerksam, lassen sich die Warnung auch durch Unterschrift quittieren, schon um nicht haften zu müssen. Der Anteil solcher und anderer risikoreicher Papiere im Depot sollte umso niedriger sein, je älter der Anleger ist und je mehr er sein Erspartes für die Altersvorsorge braucht.