Schmitz: Ein Zentrum gegen Vertreibung in Berlin würde dem ja nicht widersprechen. Man könnte sich ja vorstellen, dass dieses Zentrum in Berlin ein Element, eine Stimme im Chor der verschiedenen Orte in Osteuropa sein könnte, in diesem Netzwerk der Vertreibung?
Lesser: Ja, da hat auch niemand widersprochen. Dieses Zentrum gegen Vertreibung kann der BdV ja gründen. Als Stiftung gibt es diese Initiative für das Zentrum gegen Vertreibung. Das kann privat entstehen. Wenn diese Institution dann zusammenarbeiten möchte mit diesem Netzwerk, dass jetzt mit Sicherheit entstehen wird, dann kann es natürlich zusammenarbeiten. Das wird nicht ausgeschlossen.
Schmitz: Dieses Zentrum in Berlin wird dann nicht mit Bundesmitteln unterstützt werden?
Lesser: Nein, und es wird auch keine zentrale Rolle spielen, sondern es wird eine unter vielen, vielen verschiedenen Institutionen sein.
Schmitz: Die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, hatte ja schon den Zeitraum der Vertreibung ausgeweitet, damit auch andere Opfer anderer Umsiedlungen mit integriert werden könnten ins Gedenken. Über welche Umsiedlungen und Vertreibungen soll denn überhaupt gesprochen werden, diskutiert werden? Geht es nur um die 15 Millionen Deutsche, die nach dem 2. Weltkrieg vertrieben worden sind, oder wird das Spektrum geöffnet?
Lesser: Ja, dieses Netzwerk ist ja sowieso von Anfang an offen gewesen. Es
gab ja eher umgekehrt den Vorwurf an das Zentrum gegen Vertreibung, die ja zunächst nur der Vertreibung der Deutschen gedenken wollten. Ganz am Anfang hieß es ja sogar: Zentrum der 15 Millionen, oder so ähnlich. Frau Steinbach hat sozusagen ihr Objekt erweitert. Dieses angedachte Netzwerk war von vornherein europäisch gedacht. Und wie gesagt, das ist jetzt noch nicht in irgendwelche festgelegten Normen eingepasst worden. Sondern jetzt sind die Experten erst mal gefragt, die diese Landkarte, von der ich vorhin schon sprach, ausarbeiten sollen. Dass heißt, einmal eine Landkarte von verschiedenen Institutionen, Museen aber auch Denkmälern, auch Lagern, die es ja nach wie vor als Gedenkstätten gibt und eine zweite Landkarte, auf der man genau nachvollziehen kann, wann welche Vertreibungen stattgefunden haben.