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Vertretungsprofessoren sind keine Arbeitnehmer

Darf jemand lange Jahre eine Vertretungsprofessur innehaben und dann von einem Semester auf das nächste nicht mehr beschäftigt werden? Oder hat man nach einer bestimmten Zeit einen Anspruch auf eine feste Stelle? Um diese Frage ging es heute vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Geklagt hatte ein Romanist und Sprachwissenschaftler, der sechs Jahre lang Vertretungsprofessur an der pädagogischen Hochschule Erfurt war.

Von Claudia van Laak |
    Die Universität Erfurt muss sich nicht überlegen, wie und wo sie den Kläger beschäftigt und aus welchen Mitteln sie ihn bezahlt. Das Bundesarbeitsgericht gab der Universität - sprich dem Freistaat Thüringen - Recht und wies die Revision des Klägers zurück. Die Entscheidungen der vorausgegangenen Instanzen wurden damit bestätigt. Die obersten deutschen Arbeitsrichter sind der Argumentation des Freistaats Thüringen gefolgt. Deren Rechtsanwalt Andreas Schenck hatte vor Gericht erläutert, der Kläger hätte kein Arbeitsverhältnis mit der Pädagogischen Hochschule - der Vorgängerin der Universität Erfurt - gehabt. Der Vertretungsprofessor sei also im rechtlichen Sinne kein Arbeitnehmer gewesen, sondern es sei lediglich ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet worden.

    Bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wird einseitig durch den Dienstherren, also in dem Fall die Hochschule, ein öffentliches Verhältnis begründet, das einem Arbeitsverhältnis nicht vergleichbar ist.

    Dies hatte der Kläger, der Romanist und Sprachwissenschaftler Peter Stein ganz anders gesehen. Er war vom 1.Oktober 1994 bis zum 31.März 2001 Vertreter für die Romanistik-Professur an der Pädagogischen Hochschule Erfurt gewesen - mit allen Verpflichtungen, die auch ein ordentlicher Professor hat.

    Für mich ist es ein Angestelltenkettenvertragsverhältnis. Ich war vier Jahre im Fakultätsrat. Die Thüringer alle Realschullehrer für Französisch haben weitestgehend ihr Examen bei mir gemacht, und dann heißt es plötzlich nach sechs Jahren, das war's.

    Sechs Jahre - eine ungewöhnlich lange Zeit für eine Vertretungsprofessur. Grund dafür waren die Umstrukturierungen an der Pädagogischen Hochschule. Die PH sollte in die neu gegründete Universität Erfurt integriert werden, erläutert der Rechtsanwalt des Klägers Gregor Lülf.

    Hintergrund ist es, dass man Uni Erfurt mit neuen Dozenten versehen wollte. Man wollte den "alten Mief" der Pädagogischen Hochschule ablegen, doch als man merkte, dass das nicht so einfach ist, nimmt man jetzt noch auf den Kläger Rückgriff und ihn Prüfungen abnehmen lässt, damit die Kontinuität gewährleistet ist. Das ist völlig widersprüchlich und eigentlich mit dem Thüringer Hochschulgesetz nicht im Ansatz vereinbar.

    Der Anwalt des Klägers wies außerdem vor dem fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts daraufhin, dass die Pädagogische Hochschule sich widersprüchlich verhalten habe. Auf der einen Seite habe der Kläger immer wieder Briefe bekommen, in denen von einem Arbeitsverhältnis die Rede war, auf der anderen Seite wurde dieses Arbeitsverhältnis bestritten.

    Das Paradoxe an der Situation ist, dass das beklagte Land ihn selbst immer wieder anschreibt und sagt, aufgrund ihres Arbeitsvertrags von 1999 beispielsweise werden Sie auch jetzt weiterbeschäftigt.

    Das sei ein Formfehler gewesen, argumentierte Rechtsanwalt des Freistaats Thüringen. Dies sah auch das Bundesarbeitsgericht so. Der Kläger Peter Stein - zurzeit Vertretungsprofessor an der TU Berlin - hat also keine Chance, von der Universität Erfurt beschäftigt zu werden. Ähnlich wird es seinen beiden Kollegen ergehen, die sich ebenfalls entschieden hatten, vor das Bundesarbeitsgericht zu ziehen. Ihre Fälle sind ähnlich gelagert, auch sie hatten jahrelang Vertretungsprofessuren an der Pädagogischen Hochschule Erfurt inne.