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Verwendung für Feinstaub

Umwelt. – Feinstaub ist seit dem vergangenen Jahr ein Problem in europäischen Städten. Damals führte die EU Grenzwerte für die Belastung der Luft mit den unsichtbaren Schwebstoffen ein. Regelmäßig gibt es seitdem Alarm an Hauptverkehrsstraßen. Bonner Wissenschaftler bringen jetzt Moose als Feinstaubfilter ins Gespräch, die besonders an neuralgischen Stellen angepflanzt werden könnten. Der Mooskundler Professor Jan-Peter Frahm erklärt im Gespräch mit Arndt Reuning den Sinn des Vorschlags.

    Reuning: Herr Professor Frahm, wie funktioniert denn Moos als Staubfänger?

    Frahm: Die Moose auf den Matten nehmen ihre Nährstoffe und das Wasser über die gesamte Oberfläche auf. Da muss man als Laie einmal umdenken. Man denkt immer, dass Pflanzen Wasser und Nährstoffe über die Wurzeln aufnehmen. Das stimmt zwar für Blütenpflanzen, aber nicht für Moose. Die nehmen das über die Blätter auf. Und um an ihre Nährstoffe heranzukommen, müssen Sie diese Nährstoffe erst einmal festhalten können. Und das machen sie nach dem Prinzip des Mikrofaser-Staubtuches auf elektrostatische Weise. Da der Feinstaub jetzt aber nun einen Schwebstaub ist, der festgehalten werden muss, um zu sedimentieren, besitzen diese Moose also das Patent, diesen Staub aus der Luft anzudocken, sozusagen festzuhalten. Es kommt hinzu, dass etwa 40 Prozent des Feinstaubes aus Ammoniumnitrat besteht. Und die Moose leben unter anderem von Ammoniumnitrat, so dass sie den Feinstaub, erst festhalten, anschließend sogar verstoffwechseln. Das heißt, sie halten ihn nicht nur fest, sondern sie können ihn in der Biomasse umwandeln.

    Reuning: Wie groß müssten denn die Flächen seien, die man mit diesen Matten belegen muss, um die Feinstaubkonzentration der Luft wirklich deutlich zu senken?

    Frahm: Das ist überhaupt gar kein Problem: Unsere Versuche haben ergeben, dass ein einmaliger Versuch, bei dem Feinstaub auf einem Moos gebracht wird und eingewaschen wird, mehr Feinstaub absorbiert, als in einem ganzen Jahr dort draußen in der Natur an Feinstaub überhaupt niedergeht. Also die Frage nach der Begrenzung des Systems stellt sich gar nicht.

    Reuning: Wo muss man denn diese Matten überhaupt anbringen? Direkt an der Quelle, oder irgendwo weit entfernt?

    Frahm: Also das Feinstaubproblem stellt sich hauptsächlich an den Verkehrsknotenpunkten, an denen die Überschreitung der europäischen Grenzwerte erfolgt. Und das ist an innerstädtischen Plätzen, an Straßen, aber auch an Autobahnen der Fall. Und dort kommt es zu diesen Überschreitungen, die eine entsprechende Geldstrafe von der EU nach sich ziehen. Wir haben allgemein in Deutschland eine sehr hohe Feinstaubbelastung, eine beinahe natürlich hohe, und diese Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte, die passieren nur an gewissen Knotenpunkten, an gewissen Brennpunkten sozusagen. Würde man solche Moosmatten an schluchtartig angelegten Autobahnrändern, an Autobahnenkreuzen, in den Städten an Betonwänden et cetera anbringen, dann könnte es dazu führen, dass die Überschreitung dieser Werte an diesen Stellen unterbleibt.


    Reuning: Feinstaub gibt es ja auch in der Wohnung. Könnte man sich vorstellen, mit Moos die Luft in Räumen zu reinigen?

    Frahm: Das wird sogar schon gemacht. In Japan - Sie sprachen es ja schon an, dass man in Japan ein ganz anderes Verhältnis zu Moosen hat - kennt man Raumteiler beispielsweise, die mit lebenden Moosen bepflanzt sind. Sie haben einen herrlichen Einfluss auf das Raumklima beispielsweise, indem sie Feuchtigkeit abgeben, indem sie die Luftfeuchtigkeit erhöhen und dann allerdings auch Keime in der Luft, Pilzsporen, Bakterien, die im Aerosol in der Luft herumschwirren, an sich binden und inaktivieren. Sie verbessern also auch das Klima der Luft in Innenräumen und entkeimen diese Luft.