Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Verwirrung unter Hausbesitzern

Umweltpolitik. Um Hausbesitzer zum Sparen zu animieren, hatte die EU ihren Mitgliedern auferlegt, bis Januar 2006 einen Energiepass für Häuser einzuführen. Deutschland ist im Zeitverzug, hat erst jetzt einen Entwurf vorgelegt. Bleibt er so, wie er ist, wird nichts aus den Absichten der EU.

Von Sönke Gäthke | 20.11.2006
    Eigentlich ist er eine gute Idee, der Gebäudeenergiepass für alte Häuser. Das ist ein Papier, auf dem verzeichnet werden soll, wie viel Energie ein Haus verbraucht und das Tipps enthält, wie sich das reduzieren lässt. Käufer können so einschätzen, wie viel sie ein neues Haus wirklich kosten wird, und was sie tun müssen, um diese Kosten zu senken. Das ist nicht nur gut für den eigenen Geldbeutel, sondern auch gut für das Klima. Denn, so Hans Hertle vom Institut für Energie und Umweltforschung in Heidelberg.

    "in durchschnittlicher Bürger hat seine elf Tonnen pro Jahr, CO2, und da gehen dann auf Kosten der Heizung dann zwischen zwei und vier Tonnen."

    Und genau diese zwei bis vier Tonnen Kohlendioxid im Jahr ließen sich je nach Zustand des Hauses um bis zu 75 Prozent verringern, wenn Hausbesitzer und -käufer wissen, wie viel Energie das Haus verbraucht. Um das zu bestimmen, lässt die geplante Novelle der Energieeinsparverordnung, die den Gebäudeenergiepass auch für Altbauten vorschreibt, zwei Verfahren zu:

    "Der Aussteller hat Energieausweise (...) auf der Grundlage des berechneten Energiebedarfs oder des gemessenen Energieverbrauchs (...) auszustellen. Es ist zulässig, sowohl den Energiebedarf als auch den Energieverbrauch anzugeben."

    Genau diese Bestimmung könnte aber die gute Absicht untergraben. Den Energiebedarf ermittelt ein Berater nämlich anhand der Wärme, die Wände, Fenster, Türen und Dach passieren lassen. Das ist ein aufwendiges und teures Verfahren, denn der Energieberater muss wissen, aus welchen Steinen und Fenstern das Haus besteht, den Grundriss kennen und dann viel rechnen.

    Der Energieverbrauch lässt sich dagegen einfacher bestimmen: Der Hausbesitzer zeigt die letzten drei Energieabrechnungen vor, der Berater mittelt diese, schlägt einen Ortsbonus oder Malus drauf und fertig ist der gemessene Energieverbrauch. Ob damit allerdings irgendjemand etwas anfangen kann, ist zumindest offen. Denn,

    "der Verbrauch zumindest beim Einfamilienhaus weicht Plus-Minus 50 Prozent vom Standartverbrauch ab, das hilft ihnen also nicht allzu viel, wenn sie diesen Verbrauchspass haben, weil sie eine komplett andere Nutzung haben als der Vorgänger","

    sagt Hans Hertle und zieht zum Vergleich ein Autokauf heran.

    ""Wenn Sie überlegen, Sie kaufen ein Auto, und da steht drauf sechs Liter Normverbrauch, und der Kunde vor ihnen sagt, er hat aber nur drei Liter gebraucht, ich weiß nicht, ob sie ihm glauben würden-"

    Trotzdem dürfen gemäß der geplanten Novelle bis zum 31. Dezember 2007 alle Hausbesitzer einen Verbrauchspass erstellen lassen, der dann zehn Jahre lang gültig ist. Erst vom ersten Januar 2008 an sollen Bedarfspässe für Häuser mit bis zu vier Wohnungen Pflicht sein, wenn der Bauantrag für das Haus vor dem ersten November 1977 gestellt wurde und zwischenzeitlich keine Sanierung erfolgt ist. Sonst darf der Hausbesitzer auch weiterhin wählen.

    Aus der Sicht von Forschern ist das aus zwei Gründen eine unglückliche Lösung, so Hertle.

    "Die EU-Richtlinie schlägt ja nicht nur den Pass vor, sondern sie fordert ja auch Maßnahmen, die der Berater dann dem Kunden ausstellen soll, und die kann ich im Prinzip nur ausstellen, wenn ich einen Bedarfspass mache, denn der Verbrauch sagt mir noch nicht viel aus über die Maßnahmen, die nötig sind."

    Dafür muss der Energieberater eben wissen, aus welchen Steinen das Haus besteht. Die Novelle der Energiesparverordnung lässt diesen Punkt offen.

    Die vollständige Wahlfreiheit zwischen den Pässen bis zum Ende des kommenden Jahre vergrößert dieses Problem noch. Denn zu erwarten sei, dass viele Hausbesitzer sich jetzt schnell einen verbrauchsorientierten Energiepass ausstellen ließen, so Hertle. Sie hätten damit dem Gesetz Genüge getan. Doch die eigentlich beabsichtigte Anregung zum Energiesparen würde untergraben.