Schätzungen zufolge sind drei Prozent der Alzheimer-Erkrankungen auf spezielle Gendefekte zurückzuführen. Zum Beispiel auf das sogenannte "PIN1-Gen". Ist es defekt, bilden sich Ablagerungen in den Nervenzellen, die zu ihrem Untergang führen. Doch was, so fragte sich Professor Joachim Klose von der Charité-Universitätsmedizin Berlin, was ist mit den anderen 97 Prozent der Patienten, bei denen offensichtlich keine Gene im Spiel sind.
"Und da wird dann immer so gesagt, ja, das ist spontan und da spielen Umweltfaktoren eine Rolle und so weiter, und so weiter. Und meine Antwort ist: Das sind die alle, wo diese komplexe Interaktion zwischen den Proteinen eine entscheidende Rolle spielt, und die können wir mit unseren heutigen Mitteln überhaupt nicht genau definieren."
Der Humangenetiker untersuchte Stammzellen von genetisch veränderten Mäusen und stellte fest, dass schon die kleinste Mutation im Erbgut zu erheblichen Veränderungen der Proteinzusammensetzung führen kann. Ähnlich dem Dominoeffekt kann ein einzelnes Protein, selbst wenn es geringfügig verändert wurde, die gesamte Proteinbalance der Zelle durcheinander bringen und Krankheiten wie Alzheimer auslösen, sagt Joachim Klose. Wie die menschlichen Proteine im Räderwerk der Zelle interagieren, untersucht Professor Erich Wanker vom Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin:
"Wir haben Hefezellen und produzieren dort humane Proteine. Und dann testen wir sozusagen in einer Hefezelle zwei verschiedene humane Proteine, die künstlich in diese Zelle eingebracht werden, ob sie da eine Wechselwirkung eingehen. Wir nehmen Tausende humane Proteine und testen die sehr systematisch, ob das Protein A mit dem Protein B eine Wechselwirkung eingeht. Und diese ganze Information wird dann bioinformatisch, also mit entsprechender Computer-Software verarbeitet, und auf dieser Basis werden die Netzwerke erstellt."
Eiweißmoleküle interagieren sehr unterschiedlich: Manche Proteine verändern ihre dreidimensionale Struktur, andere ihre chemische Zusammensetzung, oder sie zerfallen in kleinere Fragmente, die dann weitere Reaktionskaskaden an anderer Stelle auslösen. Es ist dieses "Proteom", das Räderwerk der Proteine, das über das Schicksal der Zelle bestimmt und weniger die Gene, so Professor Wanker über das Ergebnis seiner Analysen.
"Diese zusätzlichen Ebene der Proteine – des Proteoms – das Verständnis der Proteinveränderungen, wie es der Herr Klose macht, oder der Proteinnetzwerke, so wie wir das im Moment angehen, werden ganz entscheidend sein, um phänotypische Veränderungen zu verstehen. Weil wir keinen linearen Zusammenhang zwischen dem Genom und dem Phänotyp haben."
So können Nervenzellen zum Beispiel durch Proteinablagerungen absterben, obwohl keine Alzheimer-Gene erkennbar sind. Auf der anderen Seite kann die Krankheit ausbleiben, obwohl Alzheimer-Gene vorliegen. Es ist das Proteom, das die entscheidenden Weichenstellungen in der Zelle vollzieht. Folgerichtig denkt der Forscher an neue therapeutische Strategien, die auf das Proteom abzielen. Wanker:
"Wenn wir dieses System möglicherweise nur geringfügig unterstützen, mit kleinen Molekülen oder mit Veränderungen, kann es durchaus sein, dass Nervenzellen in der Lage sein werden, die Aufgaben, die sie ja verloren haben, zum Beispiel bei Alzheimer, diese Prozesse durchzuführen. Das ist unsere Hypothese. Und da glauben wir sehr fest dran."
Mehr als 2000 Protein-Protein-Interaktionen wurden bisher im Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin erkundet. Mit Hilfe von automatisierten Roboterstraßen, die Tag und Nacht arbeiten. Bis das Proteom des Menschen verstanden ist, wird es allerdings noch dauern. Vorsichtige Schätzungen gehen von mehreren Hunderttausend Proteinen aus. Mit Interaktionsmöglichkeiten, die zurzeit nicht einmal überblickt werden.
"Und da wird dann immer so gesagt, ja, das ist spontan und da spielen Umweltfaktoren eine Rolle und so weiter, und so weiter. Und meine Antwort ist: Das sind die alle, wo diese komplexe Interaktion zwischen den Proteinen eine entscheidende Rolle spielt, und die können wir mit unseren heutigen Mitteln überhaupt nicht genau definieren."
Der Humangenetiker untersuchte Stammzellen von genetisch veränderten Mäusen und stellte fest, dass schon die kleinste Mutation im Erbgut zu erheblichen Veränderungen der Proteinzusammensetzung führen kann. Ähnlich dem Dominoeffekt kann ein einzelnes Protein, selbst wenn es geringfügig verändert wurde, die gesamte Proteinbalance der Zelle durcheinander bringen und Krankheiten wie Alzheimer auslösen, sagt Joachim Klose. Wie die menschlichen Proteine im Räderwerk der Zelle interagieren, untersucht Professor Erich Wanker vom Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin:
"Wir haben Hefezellen und produzieren dort humane Proteine. Und dann testen wir sozusagen in einer Hefezelle zwei verschiedene humane Proteine, die künstlich in diese Zelle eingebracht werden, ob sie da eine Wechselwirkung eingehen. Wir nehmen Tausende humane Proteine und testen die sehr systematisch, ob das Protein A mit dem Protein B eine Wechselwirkung eingeht. Und diese ganze Information wird dann bioinformatisch, also mit entsprechender Computer-Software verarbeitet, und auf dieser Basis werden die Netzwerke erstellt."
Eiweißmoleküle interagieren sehr unterschiedlich: Manche Proteine verändern ihre dreidimensionale Struktur, andere ihre chemische Zusammensetzung, oder sie zerfallen in kleinere Fragmente, die dann weitere Reaktionskaskaden an anderer Stelle auslösen. Es ist dieses "Proteom", das Räderwerk der Proteine, das über das Schicksal der Zelle bestimmt und weniger die Gene, so Professor Wanker über das Ergebnis seiner Analysen.
"Diese zusätzlichen Ebene der Proteine – des Proteoms – das Verständnis der Proteinveränderungen, wie es der Herr Klose macht, oder der Proteinnetzwerke, so wie wir das im Moment angehen, werden ganz entscheidend sein, um phänotypische Veränderungen zu verstehen. Weil wir keinen linearen Zusammenhang zwischen dem Genom und dem Phänotyp haben."
So können Nervenzellen zum Beispiel durch Proteinablagerungen absterben, obwohl keine Alzheimer-Gene erkennbar sind. Auf der anderen Seite kann die Krankheit ausbleiben, obwohl Alzheimer-Gene vorliegen. Es ist das Proteom, das die entscheidenden Weichenstellungen in der Zelle vollzieht. Folgerichtig denkt der Forscher an neue therapeutische Strategien, die auf das Proteom abzielen. Wanker:
"Wenn wir dieses System möglicherweise nur geringfügig unterstützen, mit kleinen Molekülen oder mit Veränderungen, kann es durchaus sein, dass Nervenzellen in der Lage sein werden, die Aufgaben, die sie ja verloren haben, zum Beispiel bei Alzheimer, diese Prozesse durchzuführen. Das ist unsere Hypothese. Und da glauben wir sehr fest dran."
Mehr als 2000 Protein-Protein-Interaktionen wurden bisher im Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin erkundet. Mit Hilfe von automatisierten Roboterstraßen, die Tag und Nacht arbeiten. Bis das Proteom des Menschen verstanden ist, wird es allerdings noch dauern. Vorsichtige Schätzungen gehen von mehreren Hunderttausend Proteinen aus. Mit Interaktionsmöglichkeiten, die zurzeit nicht einmal überblickt werden.