Als im März 1989 die Exxon Valdez auf Grund lief, war Jeffrey Short ein junger Wissenschaftler der Nationalen Ozean- und Atmosphärenforschungsorganisation der USA. Fast sein gesamtes folgendes Berufsleben lang hat er die Folgen dieses Ölunfalls in Alaska untersucht. Dabei stieß er immer wieder auf schwer geschädigte Fischembryonen, deren Herzen zerstört waren, oder solche die unter Herzrhythmusstörungen, verlangsamtem Herzschlag oder Ödemen litten. Der Verdacht lag nahe, dass die jungen Fische durch das Öl geschädigt worden waren. Aber niemand wusste, wie genau Öl Herzen angreift.
"Deshalb haben einige Leute in der Ölindustrie immer wieder behauptet, diese Schäden hätten nichts mit dem Öl zu tun. Und solange Sie den Mechanismus nicht erklären können, mit dem die chemischen Bestandteile des Öls die Zellen angreifen, bleiben immer Zweifel, ob wirklich ein Zusammenhang besteht."
Deshalb findet Jeffrey Short die Ergebnisse sehr spannend, die Fabien Brette und seine Kollegen der Stanford University heute im Fachmagazin "Science" veröffentlichen. Die kalifornischen Forscher haben Herzzellen von jungen Thunfischen im Labor geringen Rohölkonzentrationen ausgesetzt.
Brette: "Wir fanden zwei Effekte. Das eine ist die elektrische Aktivität. Das Herz zieht sich ja zusammen, weil es auf einen elektrischen Impuls reagiert. Wir haben also bei den Zellen eine Art EKG angelegt um diese elektrische Erregung messen zu können. Kamen die Zellen in Kontakt mit Rohöl, verlängerte sich das Aktionspotential, die Zellen brauchten also länger um erregt zu werden. Das ist keine gute Nachricht."
Fabien Brette konnte beobachten, das bestimmte Bestandteile des Öls, sogenannte Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe, die Ionenkanäle in den Zellwänden blockierten, die dafür zuständig sind dass die elektrischen Impulse weitergeleitet werden.
"Außerdem entdeckten wir, dass der Calciumfluss in den Zellen durch das Öl vermindert wird. Nun gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen der Calciumkonzentration in einer Zelle und der Kontraktion dieser Zelle. Auf das ganze Herz übertragen bedeutet das, durch die geringeren Calciummengen in den Zellen pumpt das Herz weniger effizient Blut, als unter normalen Umständen."
Fabien Brette beunruhigen diese Ergebnissen. Denn gerade der Ionenkanal, der durch diese speziellen Aromaten im Öl blockiert wird, hat sich sehr früh in der Evolution entwickelt. Er kommt nicht nur bei Thunfischen vor, sondern bei jedem Tier. Von der Fliege bis zum Menschen
"Wir können unsere Ergebnisse also sehr leicht auf den Menschen übertragen. Nun schwimmen wir in der Regel zwar nicht in ölverseuchten Gewässern, aber schon durch das Einatmen der Öldämpfe können wir ähnliche Probleme bekommen. Und es gibt eine ganze Reihe von aktuellen Studien, die zeigen, dass in Großstädten mit starker Luftverschmutzung immer mehr Menschen mit Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus eingeliefert werden."
Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe werden nicht nur bei Ölunfällen auf hoher See frei. Sie sind in den Abgasen jedes Autos, jedes Kohlekraftwerks und im Rauch jeder Zigarette enthalten.