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Video im US-Wahlkampf
Trump-Unterstützer inszenieren islamistisches Deutschland

Der Kölner Dom wird zur Moschee, das Oktoberfest alkoholfrei, die Nationalflagge neu: Ein Video malt im Internet den "Islamischen Staat von Deutschland" an die Wand. Es stammt von einer Gruppe, die im US-Wahlkampf Donald Trump unterstützt. Ein weiteres Beispiel für das Klima im Land.

Von Michael Borgers | 02.11.2016
    Schloss Neuschwanstein unter islamistischer Beflaggung.
    Schloss Neuschwanstein unter islamistischer Beflaggung: So stellt sich "Secure America Now" die deutsche Zukunft vor. (Screenshot: Secure America/YouTube)
    "Welcome to the 'Islamic State of Germany'", kurz IOSG, begrüßt zu Beginn des anderthalbminütigen Videoclips eine männliche Stimme den Zuschauer. Auf Englisch, aber mit deutlich erkennbarem deutschen Akzent. Das Schwarz-Rot-Gold der deutschen Flagge ist diagonal, nicht mehr längst gestreift. In der Mitte auf Arabisch der weiße Schriftzug des sogenannten "Islamischen Staats" vor schwarzem kreisrunden Hintergrund.
    In der Folge wird beschrieben, wie es zum "Islamischen Staat von Deutschland" kam: Nachdem "unser Volk" zunächst in Deutschland auf Straßen und Bahnhöfe gezwungen worden sei, könne es inzwischen leben, "wie es das verdiene" - dank Abu Bakr al-Baghdadi, dem Kopf der Terrororganisation. Und so geht es weiter: Auf Schloss Neuschwanstein weht die Flagge des "IOSG", auf dem Oktoberfest werden nicht mehr Schweinefleisch und Alkohol verkauft, der Kölner Dom ist nicht mehr ein katholisches, sondern muslimisches Gotteshaus.
    Das Kölner Domkapitel bezeichnete das Video als indiskutabel. Man wolle es daher auch nicht durch einen Kommentar aufwerten, sagte ein Sprecher.
    Urheber des Clips ist eine Organisation namens Secure America Now (SAN). Ihre "Graswurzelarmee" sei fast vier Millionen Menschen stark, behauptet die Gruppe auf ihrem Onlineauftritt. Demokraten, Republikaner, Unabhängige und Liberale seien in dieser Armee vereint. Doch wer sich die Blogeinträge und Videos der Seite anschaut, erkennt nur wenig Sympathie für demokratische Politiker oder deren Inhalte.
    US-Präsident Barack Obama und die demokratische Bewerberin Hillary Clinton werden immer wieder attackiert und für islamistischen Terror weltweit verantwortlich gemacht. Deutschland muss als mahnendes Beispiel für die Folgen vermeintlich falscher Einwanderungspolitik herhalten. Man verliere die "Kontrolle über die Straßen", heißt es im jüngsten Eintrag, der "Merkels Deutschland" beschreibt, das in "Gesetzlosigkeit versinkt". Ähnlich wird Frankreich kritisiert.
    Wie auch die aktuelle Video-Idee nicht neu ist: "Willkommen zum Islamischen Staat von Frankreich" - mit mehr oder weniger identischem Erzählduktus - wurde bereits vor Wochen veröffentlicht.
    Auch in der republikanischen Partei unter Donald Trump hat der negative Blick auf die deutsche Flüchtlingspolitik Tradition: Im August hatte der Präsidentschaftsbewerber über seine Kontrahentin und die Bundeskanzlerin gesagt: "Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel werden, und ihr wisst, was für eine Katastrophe diese massive Einwanderung für Deutschland und die Menschen Deutschlands ist."
    "Politisch vergiftetes Klima"
    Erwähnt wird Trump in dem aktuellen Video nicht. Aber weitere - dann vielleicht mit ihm - sind offenbar bereits geplant: Kurzfilme über die USA sollen folgen, sagte ein Sprecher der rechtspopulistischen US-Internetseite "Breitbart". Die sollen ihm zufolge zeigen, wie es in vier Jahren aussehen würde, sollte Clinton die Wahl am 8. November gewinnen. Man wolle damit Wähler in umkämpften Bundesstaaten ansprechen.
    Für Deutschlandfunk-Korrespondent Thilo Kößler ist dieser Versuch politischer Einflussnahme ein weiteres Beispiel für das "politisch vergiftete Klima" in den USA. Der ganze Wahlkampf bestehe aus "grobschlächtiger Polarisierung", berichtet Kößler im Gespräch mit uns. "Es geht nur um Reflexe, nicht um Fakten."