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Videobotschaft vom Regisseur

Früher hat der iranische Regisseur Mohsen Makhmalbaf das Regime unterstützt und sich selbst gerühmt, die Filmindustrie von säkularem Gedankengut gereinigt zu haben. Heute kritisiert der im Exil lebende Makhmalbaf nicht nur in seinen Filmen die Unmenschlichkeit der iranischen Regierung.

Von Stephanie Rohde |
    Sein Brief an den Revolutionsführer des Iran, Ali Khamenei, hat einen lyrischen Tonfall. Doch der Inhalt hat wenig gemein mit persischer Poesie. Einer der bekanntesten iranischen Regisseure, Mohsen Makhmalbaf, bezichtigt das iranische Staatsoberhaupt des mehrfachen Mordes am höchsten schiitischen Trauertag: Ashura.

    Seine Reaktion auf die Tötungen enthält zwei Kernbotschaften. Zum einen lobt Makhmalbaf die Opposition und zum anderen beschuldigt er Khamenei. Überschwänglich erläutert er die Wirkung der grünen Bewegung, die er selbst auch unterstützt:

    "Die gesamte Geschichte des iranischen Films entfaltete nicht annähernd die Wirkung, die die Aufnahmen der Handyfilmer für das Schicksal des iranischen Volkes haben. Die wahren Filmemacher sind die Millionen von Menschen, die die Vorgänge aufzeichnen, um in der Zukunft nicht die gleichen Fehler zu wiederholen. Die Videoaufnahmen haben einen enormen Einfluss auf den Zustand des Systems. Denn sie offenbaren, dass die Iraner zugleich Protestierende, Filmemacher, Journalisten und Erbauer ihrer eigenen Zukunft sind."

    Seit zwei Tagen zeigen diese Internetvideos nicht mehr nur passiv beteiligte Demonstranten, sondern auch randalierende Iraner, die Einsatzwagen der paramilitärischen Bassidji demolieren und umstürzen. Für den im Iran geborenen Autoren Bahman Nirumand sind die Videos ein Sinnbild dafür, dass die Demonstranten nun darauf zielten, das Regime zu Fall zu bringen.

    "Eine gewisse Radikalisierung ist eindeutig und bei diesen Unruhen am Wochenende hat sich gezeigt, dass die Demonstranten aggressiver gegen die Ordnungskräfte vorgehen. Allerdings denke ich, dass das Regime eine Radikalisierung der Opposition forciert, denn das könnte zu einer Spaltung der Bewegung führen."

    Wie sehr sich der Konflikt zuspitzt, wird auch in der zweiten Kernaussage des Filmemachers Makhmalbaf deutlich. So wirft Makhmalbaf Khamenei vor:

    "Nur zu, töte mehr Leute, vergewaltige mehr, du wolltest dich selbst befreien, dabei hast du die Prinzipien des obersten Rechtsgelehrten abgeschafft. Khamenei! Du hast Montaseri vergiftet und beneidest ihn nun um die trauernden Menschen. Du bist nicht Khomeini, der den Schah vertrieben hat, um für einige Jahre vom Volk geliebt zu werden. Du bist auch nicht der Schah, der irgendwann eingesehen hat, dass er sein Land verlassen muss. Khamenei, du verwerflicher bist als Yazid, weil nur du an Ashura Menschen tötest."

    Yazid ist für Schiiten der Inbegriff eines Despoten. Verantwortlich für den Tod Hosseins im Jahre 680, um den an Ashura getrauert wird, setzen ihn viele Iraner mit Satan gleich. Khamenei soll nun laut Makhmalbaf der erste sein, der es nach Yazid wagte, Menschen an Ashura zu töten. Dieser Vergleich ist im Iran nicht unbekannt. Auch schon der Schah wurde 1979 von den Anführern der Revolution als Yazid diffamiert.

    Obwohl Bahman Nirumand den Vergleich für überzogen hält, betont er, wie wichtig die Äußerungen von Filmemachern in der jetzigen Situation sind:

    "Die Kulturschaffenden haben ein sehr großes Gewicht. Allerdings ist es so, wenn Leute im Ausland sind und sich äußern, dann hat das eine andere Bedeutung, als wenn sie im Inland sind, denn man weiß im Iran sehr genau, dass man im Ausland sagen kann was man will, da gehört kein Mut dazu."

    Dennoch äußern sich immer mehr Regisseure im Exil zu den Entwicklungen im Iran. Mehran Tamadon hat in seiner aktuellen Dokumentation "Bassidji" die paramilitärischen Gruppen porträtiert, die man zur Zeit als Schlägertrupps auf den Straßen wahrnimmt. Er zeigt, wie sich die militärische Bewegung der Bassidji der islamischen Ideologie bedient. Dabei enthält er sich eines Urteils, anders als Bahman Nirumand, der dasselbe Phänomen beobachtet hat:

    "Was da geschehen ist an Ashura und Tasua bestätigt noch einmal, dass dieses Regime seine Legitimation endgültig verloren hat. Wir haben eine Militärdiktatur im Iran."