Das ist die natürliche Art, wie die Kälber auf der Weide groß werden, das ist schon seit ein paar tausend Jahren so, und wir wollen die Natur nicht umstellen!
Peter Houdek ist einer der wenigen Landwirte, die den Mut hatten, nach der Wende neu anzufangen. Der 54-Jährige ist ein Typ, der zupacken kann. Seit 9 Jahren versucht er sich als selbstständiger Landwirt, seit einem Jahr betreibt er ökologische Viehzucht und verbindet damit die Hoffnung auf den Zugang zum europäischen Markt. 1000 Hektar Land gehören zu seinem Hof, 300 Milchkühe, 150 Jungtiere und 200 Fleischrinder verteilen sich auf dem Grünland. Neben den Simmentalern hält er noch eine Kreuzung aus Charolais und Limousin und Deutsche Holsteiner auf seinen Weiden. Die Weiden im Schluckenauer Zipfel werden übrigens seit mehr als 10 Jahren nicht mehr gedüngt – den Bauern hat es nach der Wende in Tschechien schlicht an Geld für Düngemittel gefehlt. Umso besser eignen sich die Flächen nun für eine nachhaltige und ökologische Bewirtschaftung der Gegend. Doch von wirtschaftlicher Zufriedenheit ist Peter Houdek noch weit entfernt. Beispiel Milchpreis:
Die Milch wird zur Zeit für acht Kronen pro Liter verkauft. Nach unseren Vorstellungen, was auch die Kosten bei der Herstellung betrifft, müssten wir jedoch 9 Kronen 20 als Gewinn bekommen!
Ähnlich ist die Situation bei den Fleischpreisen. Bauer Houdek verkauft seine Rinder für 45 bis 55 Kronen pro Kilo Lebendgewicht. 60 Kronen, also 2 Euro für ein Kilo Ökorindfleisch wären wünschenswert. Für Fleisch würde er etwas mehr Geld bekommen, doch Schlachtmöglichkeiten gibt es auf dem Hof nicht.
Im Stall zwitschern Schwalben, eine Gruppe etwa einjähriger Kälber drängt sich um die Futtertröge – sie können jederzeit nach draußen, die Tür ist immer offen, aber heute ist es ihnen zu nass. Niedrige Preise für Milch und Fleisch sind nicht das einzige, was dem Landwirt Schwierigkeiten macht:
Es stört die Leute vor allem in kleineren Betrieben, dass man riesige Mengen Formulare ausfüllen muss, bevor man sich für eine ökologische Bewirtschaftung anmelden kann. Die Bürokratie ist zu groß, man würde lieber mehr arbeiten und weniger Formulare ausfüllen!
Doch nicht nur die Bürokratie legt den Bauern im Schluckenauer Zipfel Steine in den Weg. Es fehlt beispielsweise auch an landwirtschaftlichen Fachkräften. In Decin war eine Landwirtschaftsschule in Planung, die ursprünglich in diesem Jahr ihre Arbeit aufnehmen sollte, doch auch hier hat die Bürokratie zugeschlagen: Die Zuständigkeit für die Ausbildung wurde nach Ustí verlegt. Ein weiteres Problem ist, dass beide Städte sehr stark von den Elb-Überflutungen betroffen sind und derzeit ganz andere Probleme haben, sehr viel Geld für nötige Wiederaufbauarbeiten aufbringen müssen, dass dann an anderen Stellen fehlen wird. Und selbst wenn es die ausgebildeten Fachkräfte – die in kurzer Zeit dringend benötigt werden - geben würde, kaum ein Bauer könnte sie bezahlen. Die Euroregion Elbe-Neiße gilt als strukturschwache und daher förderungswürdige Region. Viel Geld, aber noch längst nicht genug, ist schon in den Zipfel geflossen. Peter Houdeks Hoffnung liegt im vorgesehen Beitritt Tschechiens in die EU:
Wir hoffen natürlich nach dem Beitritt zur EU, dass sich die Direktzahlungen für unsere Landwirte nach ihren Vorstellungen verbessern! Heute gibt es etwa 3000 Kronen pro Hektar Zuschüsse, in der EU sind es 14.000 Kronen pro Hektar. Wir hoffen, dass wir nach einigen Jahren 5.500 Kronen pro Hektar bekommen können. Es ist uns klar, dass wir nicht so hohe Zahlungen wie in der EU bekommen werden, aber ein bisschen höher, das wäre schön.