"Der Krieg ist aus und jetzt beginnt die Liebe"
Wohl wissend hat Shakespeare sie beide in einen Satz gepackt: Krieg und Liebe. Wer - wenn nicht er - wusste, wie nah diese beiden Exponenten des Menschenmöglichen auch aneinanderliegen, obwohl sie sich ja eigentlich ausschliessen sollten. Doch wie schnell kann Liebe in Eifersucht, Hass und eben Gewalt abkippen? Wie überhaupt kann Liebe entstehen in denen, die gerade vom gesellschaftlich legitimierten Handwerk des Mordens aus dem Krieg zurückkehren? Shakespeare hat all diese Fragen auch in die Handlung seiner Komödie "Viel Lärm um nichts" geschrieben, in denen er vier Figuren als komisches und tragisches Paar gegeneinander führt. Die einen sind verliebt, die anderen wollen es partout nicht werden. Missgunst und Intrige tun ihr übriges und hätte sich Shakespeare nicht einen merkwürdigen "Heile heile Segen" Schluss erfunden, würde alles ganz fürchterlich enden.
"Was heißt das? Keine Hochzeit heißt das. Mit Huren knüpf ich keine zarten Bande."
Den Heile-Heile-Segen hat Regisseur David Bösch für seine Version von "Viel Lärm um nichts" schlichtweg gestrichen und auch sonst tut er alles dafür, dass diese, im wahrsten Sinne des Wortes, fürchterliche Komödie, da landet, wo Shakespeare sie –aus welchen Gründen auch immer – dann doch nicht enden lassen wollte: im tödlichen Verderben. Ohnehin haben die flotten Kerls bei David Bösch ihre Kriegsklamotten nie abgelegt und noch aus dem unglücklichst Liebenden kann jederzeit und ohne Umschaltdifferenz brutalste Gewalt hervorbrechen. Dafür steht dem Regisseur ein überaus potentes junges Ensemble zur Verfügung, das den Gestus des furios Komischen ebenso beherrscht, wie jenen, in dem dieses Komische abkippt in jene Bereiche, in denen das sogenannt Menschliche seine furchtbaren Fratzen zeigt. Bösch lässt in einem Zirkuszelt spielen, unter bunten Glühbirnchen auf einem Rundpodest, auf das sich mit Militärmopeds ebenso brettern lässt, wie es Tummelplatz bietet für Liebeshandel und Exekutionen. Sommertheater also als tiefschwarze Komödie, die jedoch mit ihrem Furor sicherlich der aussichtsreiche Kandidat ist für den "Young Directors Project Award", der in dieser Woche vergeben wird.
Ein leichtes Spiel, könnte man meinen. Immerhin stand Shakespeare Pate, der aber eigentlich dafür bekannt ist, dass man an ihm auch horrend scheitern kann. Trotzdem sicherlich ein dankbareres Spiel als mit jenem Dichter, den sich Regisseurin Friederike Heller nun schon zum zweiten Mal als Objekt vorgenommen hat:
"Ich bin heute traurig. Ich sah meine Frau im Morgenmantel und ihre lackierten Zehennägel und fühlte mich plötzlich einsam."
33 Jahre ist das her, dass Peter Handke seinen Kapitalisten Herrmann Quitt entwarf, der trotz Weltschmerz noch immer so gut seine Rolle spielt und spielen muss, dass er die Konkurrenz trotz Kartellabsprache gewinnbringend zu hintergehen vermag. Dabei will er doch eigentlich nur aus dieser Rolle heraus und zum Eigentlichen - und damit zu dem, was man gemeinhin Gefühl nennt. Indem er sich den Marktgesetzen anpasst, kann Quitt nach außen gleichsam grenzenlos expandieren, während ihm das eigene Innenleben verschlossen bleibt.
Es ist wohl das Thema der Ich-Entfremdung, das die Regisseurin Friederike Heller an Handkes "Die Unvernünftigen sterben aus" interessiert zu haben scheint, weniger Kapitalismus-Schelte oder –parodie. Wir alle sind die Vernünftigen, scheint sie sagen zu wollen. Und so sieht man sich zu Beginn dieses Salzburger Abends als Publikum gespiegelt in den Plexiglasscheiben, die die Spielfläche umstellen. Wir alle sind diese Vernünftigen, die sich längst mit den Marktgesetzen angefreundet haben, die Unvernünftigen aber sind längst tot.
Ist der Plexiglasraum zunächst Spiegelfläche, so wird er später dann Symbol für die klinisch abstrakte Welt, in der Friederike Heller ihren Handke angesiedelt hat. Und so hat die Regisseurin formal sicherlich einen Weg gefunden, sich Handkes in die Jahre gekommenem Stück zu nähern. Trotzdem: Warum sie sich nun wirklich und notwendig für diese Unvernünftigen entscheiden mussten, können weder Friederike Heller noch ihr durchaus einsatzwilliges Ensembles so recht plausibel machen; trotz des beherzten Zugriffs, der das Stück manchmal wie eine alte Fernsehshow aus den 7oern daherkommen lässt. Denn wie so oft bei Handke und insbesondere in seinen Theaterstücken, erfährt man vor allem in der ewig nach höchster Poesie hangelnden Sprache mehr von der Anstrengung des Schriftstellers bei der Herstellung von Kunst, als von dem, was er wirklich erzählen wollte.
Wohl wissend hat Shakespeare sie beide in einen Satz gepackt: Krieg und Liebe. Wer - wenn nicht er - wusste, wie nah diese beiden Exponenten des Menschenmöglichen auch aneinanderliegen, obwohl sie sich ja eigentlich ausschliessen sollten. Doch wie schnell kann Liebe in Eifersucht, Hass und eben Gewalt abkippen? Wie überhaupt kann Liebe entstehen in denen, die gerade vom gesellschaftlich legitimierten Handwerk des Mordens aus dem Krieg zurückkehren? Shakespeare hat all diese Fragen auch in die Handlung seiner Komödie "Viel Lärm um nichts" geschrieben, in denen er vier Figuren als komisches und tragisches Paar gegeneinander führt. Die einen sind verliebt, die anderen wollen es partout nicht werden. Missgunst und Intrige tun ihr übriges und hätte sich Shakespeare nicht einen merkwürdigen "Heile heile Segen" Schluss erfunden, würde alles ganz fürchterlich enden.
"Was heißt das? Keine Hochzeit heißt das. Mit Huren knüpf ich keine zarten Bande."
Den Heile-Heile-Segen hat Regisseur David Bösch für seine Version von "Viel Lärm um nichts" schlichtweg gestrichen und auch sonst tut er alles dafür, dass diese, im wahrsten Sinne des Wortes, fürchterliche Komödie, da landet, wo Shakespeare sie –aus welchen Gründen auch immer – dann doch nicht enden lassen wollte: im tödlichen Verderben. Ohnehin haben die flotten Kerls bei David Bösch ihre Kriegsklamotten nie abgelegt und noch aus dem unglücklichst Liebenden kann jederzeit und ohne Umschaltdifferenz brutalste Gewalt hervorbrechen. Dafür steht dem Regisseur ein überaus potentes junges Ensemble zur Verfügung, das den Gestus des furios Komischen ebenso beherrscht, wie jenen, in dem dieses Komische abkippt in jene Bereiche, in denen das sogenannt Menschliche seine furchtbaren Fratzen zeigt. Bösch lässt in einem Zirkuszelt spielen, unter bunten Glühbirnchen auf einem Rundpodest, auf das sich mit Militärmopeds ebenso brettern lässt, wie es Tummelplatz bietet für Liebeshandel und Exekutionen. Sommertheater also als tiefschwarze Komödie, die jedoch mit ihrem Furor sicherlich der aussichtsreiche Kandidat ist für den "Young Directors Project Award", der in dieser Woche vergeben wird.
Ein leichtes Spiel, könnte man meinen. Immerhin stand Shakespeare Pate, der aber eigentlich dafür bekannt ist, dass man an ihm auch horrend scheitern kann. Trotzdem sicherlich ein dankbareres Spiel als mit jenem Dichter, den sich Regisseurin Friederike Heller nun schon zum zweiten Mal als Objekt vorgenommen hat:
"Ich bin heute traurig. Ich sah meine Frau im Morgenmantel und ihre lackierten Zehennägel und fühlte mich plötzlich einsam."
33 Jahre ist das her, dass Peter Handke seinen Kapitalisten Herrmann Quitt entwarf, der trotz Weltschmerz noch immer so gut seine Rolle spielt und spielen muss, dass er die Konkurrenz trotz Kartellabsprache gewinnbringend zu hintergehen vermag. Dabei will er doch eigentlich nur aus dieser Rolle heraus und zum Eigentlichen - und damit zu dem, was man gemeinhin Gefühl nennt. Indem er sich den Marktgesetzen anpasst, kann Quitt nach außen gleichsam grenzenlos expandieren, während ihm das eigene Innenleben verschlossen bleibt.
Es ist wohl das Thema der Ich-Entfremdung, das die Regisseurin Friederike Heller an Handkes "Die Unvernünftigen sterben aus" interessiert zu haben scheint, weniger Kapitalismus-Schelte oder –parodie. Wir alle sind die Vernünftigen, scheint sie sagen zu wollen. Und so sieht man sich zu Beginn dieses Salzburger Abends als Publikum gespiegelt in den Plexiglasscheiben, die die Spielfläche umstellen. Wir alle sind diese Vernünftigen, die sich längst mit den Marktgesetzen angefreundet haben, die Unvernünftigen aber sind längst tot.
Ist der Plexiglasraum zunächst Spiegelfläche, so wird er später dann Symbol für die klinisch abstrakte Welt, in der Friederike Heller ihren Handke angesiedelt hat. Und so hat die Regisseurin formal sicherlich einen Weg gefunden, sich Handkes in die Jahre gekommenem Stück zu nähern. Trotzdem: Warum sie sich nun wirklich und notwendig für diese Unvernünftigen entscheiden mussten, können weder Friederike Heller noch ihr durchaus einsatzwilliges Ensembles so recht plausibel machen; trotz des beherzten Zugriffs, der das Stück manchmal wie eine alte Fernsehshow aus den 7oern daherkommen lässt. Denn wie so oft bei Handke und insbesondere in seinen Theaterstücken, erfährt man vor allem in der ewig nach höchster Poesie hangelnden Sprache mehr von der Anstrengung des Schriftstellers bei der Herstellung von Kunst, als von dem, was er wirklich erzählen wollte.