Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Viel Lärm um nichts

Das Beethoven-Festspielhaus in Bonn sollte eine internationale Attraktion werden. Doch noch vor dem ersten Spatenstich haben die Stadt und die designierten Bauherren Telekom, Post und Postbank das Handtuch geworfen. Stattdessen könnte nun wie Phönix aus der Planungsasche die Beethovenhalle zu neuen Ehren kommen.

Von Jörg Biesler | 21.04.2010
    Die Architektur der 50er- und 60er-Jahre hat es schwer in Deutschland und das wird noch eine ganze Weile so bleiben. Wo immer - oft durch mangelnde Pflege und Instandhaltung - ein Gebäude dieser Zeit so weit heruntergekommen ist, dass es nicht mehr funktionstüchtig ist, werden die Abrissbagger bestellt.

    Die Gesellschaft liebt diese Häuser nicht, und wann immer eines bedroht wird von einem glänzenden Neubau, heben nur wenige Fachleute die Hand und verweisen auf die architekturgeschichtliche Bedeutung aber auch die Kraft, die einst der jungen Republik gerade durch die Kulturbauten des Wiederaufbaus gegeben wurde. Der Idealismus der 60er Jahre ist weit entfernt, auch wenn wir gerade diskutieren, ob nicht gerade das Gemeinwesen gegenüber Partikularinteressen wieder die Oberhand gewinnen sollte. Den gebauten Symbolen des Gemeinsinns in den Städten hilft das nicht. Was dem Geschmack der Masse nicht entspricht, das lassen Politiker gern mit Blick auf ihre Wiederwahl abreißen und der Denkmalschutz ist da kein Hindernis. Es ist ein Treppenwitz, dass selbst in der heutigen Mitteilung der Stadt Bonn der Denkmalschutz der Beethovenhalle lediglich als ein Hindernis Erwähnung findet, das künftige Planungen belasten könne. Dabei ist die Stadt Bonn selbst eine Instanz des Denkmalschutzes und steht in der Pflicht, das bauliche Erbe zu bewahren.

    Jetzt sind es allein wirtschaftliche Gründe, die die Beethovenhalle vor dem Abriss bewahren. Die flächendeckende Pleite der Kommunen und der öffentlichen Haushalte insgesamt, so bedauerlich sie ist, zeitigt positive Wirkung. Die Kommunen müssen sich verabschieden von glamourösen Prestigeprojekten und werden gezwungen, die so oft beschworene Nachhaltigkeit als Leitkategorie kommunalen Handelns ernst zu nehmen. In Köln wurde gerade das Schauspielhaus von Wilhelm Riphahn vor allem aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen gerettet und in Hannover scheitert der Abriss des Landtagsbaus von Dieter Oesterlen zumindest vorerst am Geld. So begrüßenswert diese Entwicklung ist. Sie ist kein Ergebnis von Besinnung, ja nicht mal eines politischen Willens. Sie ist durch die Umstände erzwungen. Das gibt wenig Hoffnung für die Zukunft und es scheint dringend geboten, ernst zu machen mit den architekturhistorischen Schulungen für Politiker, wie sie auf dem Konvent für Baukultur in der vergangenen Woche vorgeschlagen wurden. Dass neu nicht billiger heißt, haben sie inzwischen verstanden. Jetzt müssen sie lernen, dass neu nicht unbedingt schöner heißen muss und nicht besser.