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Viel Wind um zwei Windräder

Nahe der deutschen Grenze thront auf französischem Boden das Schloss Malbrouk. Auf der anderen Seite im Saarland stehen zwei Windräder. Diese ruinieren die royale Kulisse, wüten französische Politiker, man prüft juristische Schritte. Während des Genehmigungsverfahrens gab es aber keinen Widerspruch.

Von Tonia Koch | 08.08.2013
    Es braut sich was zusammen am Himmel, der Wind zerrt mächtig am Mikrofon. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich der regionale Energieversorger und der Bauherr, die deutsche Gemeinde Perl, gerade diesen Standort für die beiden Windräder ausgesucht haben.

    "Wir haben hier Windgeschwindigkeiten von größer als 6,5 Meter pro Sekunde."

    Für saarländische Verhältnisse kann sich das sehen lassen, erläutert Alexander Schalk, der Projektleiter des Windpark-Projektes im deutsch- französischen Grenzgebiet.

    "Wir wollen diese Windhöffigkeit nutzen, indem wir Anlagen der neuesten Technik verbauen, dass heißt, Anlagen von einer Nabenhöhe von 140 Metern."

    Aber, das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite spiegelt die geografischen Verhältnisse wider und die sind in dieser Ecke mitunter kompliziert.

    Alexander Schalck:
    " Unsere Autos stehen noch in Frankreich und der Mais dort, das ist schon Frankreich. Die Windkraftanlage kommt direkt in die Mitte und wo das Rotorblatt aufhört, dort beginnt dann Frankreich."

    Ein besonders schönes Stückchen Frankreich. In der landwirtschaftlich geprägten Gegend, wo Grünland und Kornfelder einander abwechseln und der Wein gedeiht, thront nur etwa einen Kilometer vom künftigen Windkraftstandort entfernt, hoch über dem Moseltal das Schloss Malbrouck. Zehn Jahre lang wurde die Burg aus dem 15. Jahrhundert saniert. Inzwischen hat sie sich zu einem touristischen Kleinod entwickelt. Und die französischen Nachbarn fürchten nun, die geplanten Windräder, könnten die Postkartenidylle zerstören. Dass es zwischen Deutschland und Frankreich politischen Streit gibt um die Windmühlen, hat sich bis zu den Schloss- Besuchern herumgesprochen.

    "Ich hab davon gehört, dass die Deutschen die Windräder unmittelbar neben Schloss Malbrouck bauen wollen und dass es unästhetisch wirkt, alles verschandelt. Aber ich bin nicht aus der Gegend. Von der Aussicht her finde ich das nicht sehr schön. Ich denke, wir brauchen die erneuerbaren Energien, auch wenn die Windräder nicht gerade gut aussehen, aber jede Energieform hat ihre Unannehmlichkeiten."

    Als er das sagt, schaut er vom höchsten Turm der Anlage geradewegs auf Cattenom. Die vier Kühltürme des drittgrößten französischen Kernkraftwerkes sind nicht zu übersehen. Die französischen Regionalpolitiker wissen daher sehr genau, dass ihr Argument, die geplanten Windkraftanlagen könnten den Panoramablick trüben auf deutscher Seite nicht auf Gegenliebe stoßen dürfte. Das weiß auch der zuständige Bürgermeister der Gemeinde Manderen, Regis Dorbach:

    "Die Deutschen verlangen die Stilllegung von Cattenom und dagegen setzten sie jetzt die Windräder, nachdem sich bei Cattenom nichts bewegt."

    Der Bürgermeister, der sich gegenüber den Kollegen des französischen Regionalfernsehens äußerte, zeigte sich vor allem darüber verärgert, dass er über das Vorhaben nicht informiert worden ist. Das zuständige saarländische Umweltministerium beteuert allerdings, die Planungsunterlagen – so wie es gute Praxis sei- auf postalischen Weg zumindest an die französische Genehmigungsbehörde, die Präfektur in Metz auf den Weg gebracht zu haben. Holger Zeck.

    "Wir wissen, dass wir sie versandt haben, die Präfektur sagt, die Unterlagen sind bei ihnen nicht eingegangen."

    Der Verbleib der Genehmigungsunterlagen ließ sich bislang nicht klären. Sie sind inzwischen zwar erneut übermittelt und in einer gemeinsamen deutsch-französischen Konferenz auch erläutert worden. Aber, das hat keinen Einfluss mehr auf das Genehmigungsverfahren. Das saarländische Umweltministerium wertet das Schweigen der Franzosen als Zustimmung und hat eine rechtsgültige Genehmigung für die beiden Windkraftanlagen erteilt. Das Ministerium besitze nun keinerlei Handlungsspielraum mehr. Holger Zeck.

    "Das Verfahren ist abgeschlossen, die Genehmigung ist erteilt, insofern habe ich keine Möglichkeit, rechtlich einzugreifen."

    Aufgescheucht ist inzwischen auch der Präsident des lothringischen Generalrates, Patrick Weiten. Er hat angekündigt, dass er den juristischen Instanzenweg beschreiten möchte, bis hinauf zur europäischen Gerichtsbarkeit, wenn es nicht doch noch zu einer politischen Verhandlungslösung kommen sollte. Wie diese aussehen könnte, weiß im Moment allerdings niemand.