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Viele Baustellen bei der Energiewende

Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mahnt die Bundesregierung, mehr für die Energiewende zu tun. Netzausbau, Versicherungssicherheit im Winter und Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes sind derzeit die Herausforderungen.

Von Christel Blanke | 03.01.2013
    Keine Zeit, die Hände in den Schoß zu legen. Die Ziele sind erreichbar, aber dafür ist noch viel zu tun: Diese Mahnung hat ein Expertenteam um Andreas Löschel vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung der Bundesregierung am Ende des vergangenen Jahres mitgegeben auf den Weg ins neue Jahr. 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 verglichen mit dem Stand von 1990. Bis 2050 18 Prozent der gesamten Energie aus regenerativen Quellen, beim Strom sogar 35 Prozent. Dafür heißt es klotzen, nicht kleckern. Auf gutem Weg ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Bundesumweltminister Peter Altmaier:

    "Wir werden die Ausbauziele bis zum Jahre 2020 erreichen und aller Voraussicht nach übertreffen."

    Die großen Baustellen für dieses Jahr heißen: Netzausbau, Versorgungssicherheit im Winter und Reform des EEG, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. In den nächsten Monaten will Altmaier vor allem Vorschläge sammeln. Einen Schnellschuss lehnt er ab:

    "Die Reform des EEG ist ein Prozess, der sicherlich mindestens so ambitioniert ist wie eine Gesundheits- oder eine Rentenreform, der tief eingreift."

    So viel steht aber schon fest: Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll besser als bisher mit dem Ausbau der Netze koordiniert werden. Und das Ganze soll bezahlbar bleiben. Sozial- und Umweltverbände fordern, dabei vor allem einkommensschwache Haushalte im Blick zu behalten. Michael Spielmann von der Deutschen Umwelthilfe denkt an effektive Erleichterungen:

    "Das ginge, das ist eine sozialpolitische Frage, die man lösen kann. Alleine Stichwort Mehrwertsteuereinnahmenumverteilung würde mit Leichtigkeit dieses Problem derzeit lösen."

    Solche Maßnahmen lehnt die Bundesregierung aber bisher ab. Auf den Weg gebracht hat sie ein Förderprogramm zur energetischen Gebäudesanierung. 300 Millionen Euro stehen dafür in diesem und in den nächsten sieben Jahren zusätzlich zur Verfügung. Dem Regierungsberater Löschel reicht das nicht:

    "Die Aussagen, die wir haben in den verschiedenen Bereichen, sind, dass wir sogar mehr Geld bräuchten als die 1,8 Milliarden, die bisher da vorgesehen sind."

    Im Bereich Energieeffizienz sehen die Experten großen Nachholbedarf. Vor allem mit Blick auf die Bereiche Gebäude und Verkehr, auf die zwei Drittel des gesamten Energieverbrauches entfallen. Auch die Deutsche Umwelthilfe glaubt, das Ziel einer jährlichen Sanierungsquote von zwei Prozent im Gebäudebereich ist mit den bisherigen Maßnahmen nicht zu erreichen:

    "Wir befürchten sehr, dass das bis zur Bundestagswahl die Sanierungsquote noch weiter senkt. Wir sind da derzeit bei unter einem Prozent im Jahr, das heißt, wir werden hundert Jahre brauchen, um den Bereich des Bestandsbaus überhaupt zu sanieren."

    Handlungsbedarf sehen die Experten um Andreas Löschel auch bei der Versorgungssicherheit mit Blick auf künftige Winter. Vor allem in Süddeutschland könnte die Situation kritisch werden, besonders, wenn ab 2015 weitere Atomkraftwerke abgeschaltet werden:

    "Das heißt einmal Netzausbau, aber dann auch die europäische Integration voranbringen, hier die Importe und Exporte stärker nutzen und eben Kapazitäten aufbauen."

    Bei den Netzen sieht Löschel die Weichen durch den Bundesbedarfsplan richtig gestellt. Jetzt müssen noch die Ausbauziele der einzelnen Bundesländer mit denen des Bundes koordiniert werden. Wirtschaftsminister Philip Rösler:

    "Jetzt haben wir nach wie vor noch die Situation, trotz der erklärten Bereitschaft, dass wir 16 verschiedene Energiekonzepte haben bei 16 Bundesländern."

    Daneben müssen die Probleme bei der Anbindung von Offhore-Windparks ans Stromnetz gelöst, Speicherkapazitäten aufgebaut und der Handel mit CO2-Verschmutzungrechten wieder in Gang gebracht werden. Viel zu tun also bis zum Sommer für Schwarz-gelb und danach für die nächste Bundesregierung.

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