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Viele Bilder – ein Risiko

Bislang überwachen noch immer Wachleute per Monitor ihre Sicherheitsbereiche. Kollege Computer soll zukünftig hier helfend beispringen. Doch dem Rechenknecht beizubringen, Situationen zu interpretieren und zu bewerten, ist eine kniffelige Aufgabe.

Von Mirko Smiljanic |
    Wer etwas sucht, muss das Gesuchte kennen, sonst findet er nichts! Übertragen auf die computergestützte Mustererkennung heißt das: Die Software muss die Abweichung vom "Normalen" kennen. Bei Farbfehlern in Teppichen zum Beispiel ist das kein Problem. Wie aber sieht es aus bei dem eher verschwommenen Begriff "Sicherheit". Wann ist eine Situation sicher, wann beginnt das Risiko?

    "Man weiß dort nicht Gut und Böse richtig zu unterscheiden, wie man das in der Qualitätsprüfung eines Produktes macht, weil in der Security, da kämpfen immer Menschen gegen Menschen und der, der einem Böses will, der versucht natürlich die Regeln, die ich kenne zu brechen. Und automatisieren kann man grundsätzlich nur etwas, wo man die Regeln kennt,..."

    …sagt Jürgen Geisler, Leiter der Abteilung Interaktive Analyse und Diagnose am Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung in Karlsruhe. Der Computer als Risikobewerter hat es schwer, trotzdem arbeiten rund um den Globus viele Tausend Informatiker an der Lösung des Problems. Ein wichtiger Punkt: Der Rechner braucht präzise Informationen aus vielen Kanälen. Dazu zählen herkömmliche Fotos, aber auch Radar- und Infrarotbilder, die sich zu einem Bild fusionieren lassen.

    "Wenn ich Bilder aus ähnlichen spektralen Quellen nehme, sagen wir mal Radarbilder und ein optisches Bild, kann man die in gewissem Maße überlagern, man kann sie fusionieren, ich habe in gewissem Maße ein neues Bild, das aus beiden Quellen zusammengesetzt ist, auf dem ich bestimmte Effekte, die ich beobachten will, besser sehe, als wenn ich nur die beiden Bilder alleine anschauen könnte."

    Mittlerweile stößt diese Technik in neue Dimensionen vor. So ist es beispielsweise möglich, optische Informationen mit akustischen zu koppeln.

    "Sie können mit einem akustischen Sensor peilen, zum Beispiel einen Scharfschützen. Aus diesen Mikrophonen heraus haben Sie eine gewisse Wahrscheinlichkeit, wo sich dieser Scharfschütze befindet und seinen Schuss abgegeben hat – wobei es dann natürlich schon zu spät ist – und jetzt können Sie dieses wahrscheinliche Aufenthaltsgebiet in die Karte malen. Da die Karte im Grunde auch nichts anderes ist, also ein Bild eines geographischen Gebietes, können Sie dann zum Beispiel mit dem Luftbild einer Drohne überlagern und können dann in diesem Gebiet mit erhöhter Aufmerksamkeit nach Merkmalen suchen, bildgestützten Merkmale, die auf einen solchen Schützen hindeuten,..."

    …um ihn – das wäre der Idealfall einer computergestützten Risikoanalyse – automatisch zu bekämpfen.

    "Da gibt es diesen Begriff aus den USA "The sensor to shooter", man möchte natürlich einen Sensor haben und ohne dass ein Mensch noch eingekoppelt ist, sofort feuern,…"

    ….was in militärischen Szenarien funktioniert, im zivilen Sicherheits-Bereich aber nicht möglich ist.

    "Stellen Sie sich vor, der Personenschützer eines Politikers sieht im Augenwinkel, da tut sich was Verdächtiges, ich ziehe jetzt mal meine Pistole und schieße dahin – kill first, ask questions later – das wäre übertragen auf eine Automatisierung, das wird in einem Rechtsstaat nicht funktionieren, und deshalb funktionieren solche Automatisierungen nicht."

    Neben der präzisen Information entscheiden verbesserte Hard- und Software über die Qualität der automatischen Risikobewertung. Dabei zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. Zukünftig steht nicht mehr die Hardware im Vordergrund, sondern die Software.

    "Man hat im Grunde genommen in den letzten Jahren, im letzten Jahrzehnt Schwächen in der Software dadurch verstecken können, weil die Rechner, die Prozessoren immer schneller geworden sind. Das geht jetzt nicht mehr! Jetzt ist die Herausforderung sehr stark in die Software verlagert, um dort die Prozesse zu optimieren. Das Thema Grid-Computing zum Beispiel kommt immer stärker auf, um hochkomplexe aber parallele Prozesse zu beherrschen."

    Bezüglich der Algorithmen fordert Jürgen Geisler vom Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung "smarte" Lösungen,…

    "…sie müssen durchdachter werden, man muss, möchte ich mal sagen, Luft rausnehmen, man muss sie auf jeden Fall mal schneller machen."

    Gleichgültig wie smart, durchdacht und schnell sie werden, das Grundproblem der automatisierten Risikobewertung lösen aber auch sie nicht: Was gut ist und was böse, das wissen nur Menschen.

    "Es wird nicht so sein, dass wir in 15 Jahren 99 Prozent der Leistung durch die Maschine bekommen und ein Prozent der Leistung durch den Menschen, es wird höchstens eine Fifty-Fifty-Aufteilung sein."