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Viele neue Helferlein

Die technische Entwicklung im Kommunikationsbereich ist rasant. Vieles kann sich der Nutzer bereits zunutze machen, doch gibt es stets Ausbaumöglichkeiten. Die Verbesserung und Anpassung eines technischen Produkts ist Aufgabe des Zentrums Interactive Media der Universität Hohenheim.

Von Thomas Wagner |
    Ein Stadtbus unterwegs in Stuttgart. Unter den Fahrgästen eine Studentin: Sie hält ein nagelneues TV-Handy in der Hand, schaut gebannt auf den winzigen Bildschirm.

    "Ich habe das Handy mitgenommen beim U-Bahn-fahren, beim S-bahn-Fahren, auch beim Busfahren. Ich habe das auch zu Hause genutzt. Die häufigste Nutzungsart ist zu Hause, auf dem Klo."

    Ulrike Ebner ist "Handy-Scout". Über Wochen hinweg hat die Studentin der Kommunikationswissenschaften ein neues TV-Handy ausgetestet – und sich überlegt: Wie lässt sich das Programmangebot verbessern?

    "Wichtig wäre vor allem, die Länge der Beiträge zu verkürzen, weil einfach die Nutzungsdauer beträgt zehn Minuten maximal. Von daher müssen das kurze Beiträge sein. Vor allem eignen sich dazu Nachrichten, aber auch Musikvideos und solche Sachen."

    Diese Beobachtungen fließen in die Erhebungen des neuen Zentrums Interactive Media an der Universität Hohenheim ein. Wie verändern die neuen Medien den Lebensalltag? Wie verändern sich klassische Medien unter dem Einfluss neuer Techniken? Und wie müssen die Inhalte angepasst werden? Da geht es nicht nur um die Nutzung der neuen TV-Handys. Projektleiter Professor Frank Brettschneider vom Fachgebiet Kommunikationswissenschaft nennt das Beispiel der "elektronischen Programmführer":

    "Wir haben heute einen Dschungel von Informationsangeboten, eine Kanalvielfalt, wie wir sie nie gekannt haben bislang. Und es ist niemandem mehr möglich, in irgendeiner Programmzeitschrift 400 Sender danach abzutesten, die einen interessiert. Das heißt: Man braucht Krücken, man braucht Hilfen."

    Doch wie werden diese "Krücken" in Zukunft aussehen?

    "Das sind die elektronischen Programmführer, bei denen man angibt, welche Präferenzen man hat: Man interessiert sich für Sport, für Dokumentationen, für Nachrichten aus aller Welt und bekommt dann genau Informationen über diese Sendung. Der elektronische Programmführer sagt ihnen dann, wo sie diese Inhalte finden."

    Dabei knüpft das Zentrum Interactive Media Kontakte zur Industrie und zu den Programmanbietern. Dort, so heißt es in Stuttgart-Hohenheim, werden die Anregungen begierig aufgenommen. Damit, so Professor Brettschneider, bestimmen die Nutzer der Neuen Medien aber stärker als bisher über Form und Inhalte der zukünftigen Programmangebote mit. Dass viel Kritik an den neuen Medien geübt wird, möchte Frank Brettschneider gar nicht verschweigen.

    "Vereinsamung, Virtualisierung, die Flucht in eine virtuelle Welt, nicht mehr die sozialen Kontakte haben, die man früher hatte. Das ist aber nur die eine Seite."

    Die andere Seite mündet in der Frage:

    "Was machen die Menschen mit den Medien? Wie können sie selbst Interessen in die Inhalte einbringen, Mitstreiter finden beispielsweise im Web? Wie versuchen, herauszufinden, welche positiven Möglichkeiten existieren?"

    Dabei arbeiten Brettschneider und die Hohenheimer Kommunikationsforscher auch mit externen Experten zusammen. Einer von ihnen ist der Medienberater Ralf Müller aus Starnberg. Er hat unter anderem Travel-Shopping-Programme mitentwickelt; der Anbieter "Sonnenklar-TV" gehört dazu. Über Nutzerbefragungen des Stuttgarter Zentrum Interactive Media ergibt sich für ihn die eine oder andere Verbesserungsidee:

    "Ein Beispiel ist, dass man einem, der eine Reise gebucht hat bei einem solchen Anbieter, dann fünf oder sieben Tage vor Antritt der Reise eine SMS zukommen lässt auf sein Handy und dort nochmals als freundlicher Reminder nachfragt: Haben Sie auch an alles gedacht? Haben Sie einen Personalausweis, der noch gültig ist? Haben Sie sich eine nötige Impfung geben lassen?"

    Ermutigt durch solche konkreten Verbesserungsvorschläge bestehender medialer Angebote, wird den Hohenheimer Medienforschern die Arbeit so schnell nicht ausgehen.