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Viele Sieger und ein Verlierer

Gewonnen haben fast alle - die Grünen, die Freien Demokraten, die Nationaldemokraten, die Familienpartei, die PDS, selbst die Grauen - und natürlich die CDU.

Eine Sendung von Tonia Koch, Martin Steinhage und Jörg Sucker |
    Verloren hat nur einer - und das kräftig: die SPD. Sie stürzte auf 30,8 Prozent ab.
    Dass Peter Müller gewinnen würde, das überraschte eigentlich niemanden. Bemerkenswert an dieser Wahl ist vor allem die Zahl der Nicht-Wähler: Fast die Hälfte der Wahlberechtigten zog es vor, von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch zu machen. Und von jenen, die an die Wahlurnen gingen, gaben über 20 Prozent ihre Stimme Parteien, die bisher nicht dem Saarländischen Landtag angehörten. Die CDU kann zwar weiter allein regieren, aber auch sie erhielt weniger Stimmen als vor fünf Jahren. Die politische Landschaft an der Saar ist also in Bewegung. Wer und was sich wohin bewegte, erläutert Jörg Sucker.

    Mit 47,5% erreichte die CDU ihr bestes Ergebnis bei einer saarländischen Landtagswahl seit 1975. Aufgrund von Abwanderungen zu anderen Parteien, insbesondere aber aufgrund der drastisch gesunkenen Wahlbeteiligung, die von knapp 69 auf gut 55% zurückging, musste jedoch auch die CDU an absoluten Wählerstimmen gemessen einen Verlust von 44.000 gegenüber 1999 hinnehmen. Fast jeder 5. Wähler von vor 5 Jahren versagte ihr diesmal die Stimme. Was mit dazu beitrug, dass das gestrige Ergebnis für die CDU etwas hinter den Erwartungen zurückblieb; lag sie in den Umfragen der letzten Monate doch z. T. deutlich über der 50%-Marke. Hat also auch die Union ein Mobilisierungsproblem? Roberto Heinrich vom Meinungsforschungsinstitut Infratest-dimap meint ja:

    Im Saldovergleich sind ihr rund 34.000 Stimmen verlorengegangen an das Nichtwählerlager. Die Union hatte also ein Mobilisierungsproblem, aber die SPD ein noch viel stärkeres.

    Und dies hat dazu geführt, dass die CDU in%en letztlich doch um 2% zulegen und im Parlament an Mandaten ihre absolute Mehrheit ausbauen konnte. Die SPD, sie ist der eindeutige Verlierer der Saarlandwahl. Es gibt keine andere Partei, an die sie nicht Stimmen abgeben musste. Im Saldo 10.000 an die CDU, zwischen 3000 und 5000 Stimmen an Grüne, FDP, NPD und PDS. Besonders groß war der Aderlass an das Nichtwählerlager. Mehr als 60.000 ihrer Wähler von 1999 blieben diesmal der Wahlurne fern. Insgesamt büßte die SPD fast die Hälfte ihrer Wähler von vor 5 Jahren ein und musste das schlechteste Ergebnis bei einer saarländischen Landtagswahl seit mehr als 40 Jahren hinnehmen. Besonders drastisch, die Einbrüche in der einstigen Stammwählerschaft. Roberto Heinrich:

    Die SPD hat in ihrem Traditionssegment verloren, bei den kleinen Leuten, bei den Arbeitern, bei den Arbeitslosen.

    Kamen die Sozialdemokraten 1999 bei den saarländischen Arbeitern noch auf mehr als 60%, so sind es nunmehr noch gut 40. Bei den Arbeitslosen rutschte die SPD von ebenfalls rund 60% gar auf 35% ab. Erhebliche Verluste gab es auch bei Angestellten, Rentnern und Auszubildenden.
    Die CDU konnte von diesem drastischen Einbruch der Sozialdemokraten in der Arbeiterschaft nur geringfügig profitieren. Anders die NPD, die bei Arbeitern und Arbeitslosen fast 10% erreichte. Auffällig, dass die Grünen bei in Ausbildung befindlichen Jugendlichen und Arbeitslosen ihre kräftigsten Gewinne haben. Die CDU hat ihre höchsten Wähleranteile weiterhin bei Beamten, Selbständigen und Rentnern. Die FDP liegt besonders gut bei Auszubildenden und Selbständigen, mit Anteilen von 9 bzw. 8%.

    Den Liberalen gelang, wie den Grünen auch, diesmal der Sprung über die 5%-Hürde. Beide sind mit jeweils 3 Mandaten im Landtag vertreten. Die Grünen waren in der letzten Wahlperiode nicht im Parlament, die FDP war schon seit zwei Legislaturperioden nicht mehr vertreten. Dass die Liberalen diesmal die für sie so wichtige Hürde, mit 5,2 %, übersprangen, das dürfte nicht zuletzt der geringen Wahlbeteiligung zu verdanken sein: Noch einmal Roberto Heinrich vom Meinungsforschungsinstitut Infratest-dimap:

    Generell ist es ja so, dass kleinere Parteien von einer niedrigen Wahlbeteiligung profitieren, weil sie viel weniger Stimmen brauchen, um Stimmanteile zu erreichen, wie sie sie jetzt auch im Saarland erreicht haben. Insofern ist sicherlich die Aussage berechtigt, bei einer höheren Wählerbeteiligung, bei einer stärkeren Mobilisierung der Anhänger von SPD und CDU hätte die FDP Schwierigkeiten gehabt in den Landtag einzuziehen.

    Eine Analyse des Wahlverhaltens nach Altersgruppen zeigt, dass die FDP ihre höchsten Stimmanteile bei den Jungwählern bis 24 sowie den 45 – 59jährigen hat. Die CDU liegt in letzterer Altersgruppe im Landestrend von 47%, schnitt bei den über 60jährigen mit 57% am besten ab und ist in den jüngeren Altersgruppen mit 38 – 43% eher schwach vertreten. Bei den Jungwählern hat sie sogar 6%- Punkte eingebüßt; ist aber auch dort stärkste Partei.

    Die Sozialdemokraten schneiden bei den 35-44jährigen mit 39% am besten ab. Von den jüngeren Wählern bis 34 wählte dagegen nur noch jeder 4. die SPD. Hier ist auffällig, dass sowohl die Grünen, wie auch die NPD mit jeweils 11% überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen konnten.
    Regional betrachtet ist die CDU diesmal fast überall stärkste Partei geworden. Erreichte sie 1999 in 30 der 52 Gemeinden Platz 1, so schaffte sie es diesmal in 49. Nur noch 3 Gemeinden haben jetzt eine relative SPD-Mehrheit.

    Die Grünen erzielten ihr Spitzenergebnis (mit knapp 10%) in Saarbrücken, die NPD holte fast ebenso viele Stimmen in der Stadt Völklingen und die FDP erreichte ihr bestes Resultat in Nalbach mit knapp 19%.

    Gerade mal 450.000 Deutsche haben gestern an der Saar ihre Stimme abgegeben - also nicht einmal eine halbe Million. Und doch kommt dem Wahlergebnis bundespolitische Bedeutung zu - nicht zuletzt als Stimmungsbarometer für die Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz jenes Reformpakets, das unter dem Kürzel HARTZ IV firmiert und auch an diesem Montag wieder viele Menschen in unserem Land auf die Straße gehen lässt. Für die SPD ist der Absturz an der Saar ein weiterer Warnschuss vor den Bug. Wie Regierung und Opposition mit dem Wahlergebnis umgehen, wie sie Niederlage und Sieg politisch verkaufen - dazu aus unserem Hauptstadtstudio Martin Steinhage.

    Gerhard Schröder blieb heute dabei: Es wird weiter Kurs gehalten - auch nach der Pleite an der Saar:

    Ich rate jetzt, nach vorne zu gucken, die Kontroversen Vergangenheit sein zu lassen, um die SPD an der Saar zu alter Stärke zurückzuführen.

    Doch so ganz wollte der Kanzler die Kontroversen dann doch nicht auf sich beruhen lassen: Denn mit Blick auf die Rolle von Ex-Parteichef Lafontaine und den Wahlkampf des saarländischen Spitzenkandidaten Maas diktierte Schröder den Journalisten in die Schreibblöcke, dieser Wahlkampf sei gegen die Bundesregierung und auch gegen ihn selbst geführt worden. - Klare Worte, die andere so nicht wiederholen wollten, auch wenn ihnen vielleicht danach war - Generalsekretär Klaus Uwe Benneter:

    Ich sehe es nicht so, und auch im Präsidium ist das auch nicht so gesehen worden, dass hier im Saarland Wahlkampf gegen die Bundes-SPD gemacht worden wäre.

    Dank und Respekt habe das Präsidium SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas ausgesprochen, referierte Benneter. Da war Parteichef Franz Müntefering weniger diplomatisch im Umgang mit dem Parteifreund, den er kaum verklausuliert kritisierte:

    Es wäre noch besser gewesen, sich ganz deutlich hinter die Reformen hier in Berlin zu stellen, weil ich glaube, dass der Mittelweg zu einem Wissen dafür und einem Wissen dagegen überhaupt nicht hilfreich sein kann.

    Immerhin einig war sich die SPD-Spitze in dem Bemühen, die Aufregung um Oskar Lafontaine herunterzuspielen, wohl auch, um den Abtrünnigen nicht noch aufzuwerten: Sicher habe der Ex-Parteichef seinen Teil zur Pleite an der Saar beigetragen, hieß es heute etwa aus dem Munde Franz Münteferings. Doch von Parteiausschlussverfahren und ähnlichem wollte Müntefering nichts wissen – und flüchtete sich in Sarkasmus:

    Ich werde das nicht anregen. Ich rege auch bei niemandem an, dass der das anregt. Ich weiß, dass welche sich aufregen.

    Grünen-Chef Reinhard Bütikofer äußerte deutlicher, als die Genossen dies heute öffentlich taten, komplettes Unverständnis für den Wahlkampf der Saar-SPD:

    Warum soll eigentlich jemand SPD wählen, dem die SPD-Spitzen im Land erklären: Was die SPD in Berlin macht, sei alles falsch.

    Während Bütikofer - bei aller Freude über das gute Abschneiden seiner Grünen - Betroffenheit und auch Verärgerung über die Schlappe der SPD zeigte, hatte das Berliner Oppositionslager damit naturgemäß keine Probleme: CDU wie FDP nannten es unisono einen großen Fehler der SPD, sich nicht klipp und klar von Lafontaine losgesagt zu haben. Dieses Versäumnis habe die Niederlage der Sozialdemokraten begünstigt, freute sich CDU-Chefin Angela Merkel. Sie diagnostizierte als Ursache für das Verhalten der SPD innere Zerrissenheit wegen des eingeschlagenen Reformkurses:

    Das eigentliche Problem besteht darin, dass die Spitze der Sozialdemokratie sich nicht entschieden von Lafontaine abwendet, sondern unsicher ist, auch zerfranst und zerfasert ist, ob nicht doch ein Stückchen Wahrheit an den Positionen von Lafontaine ist. Und das bedeutet dann, dass die Menschen überhaupt nicht mehr wissen, woran sie sich halten sollen.

    Ganz anders die CDU: Da wüssten die Wähler, woran sie sind, und honorierten dann auch Reformen, die zunächst schmerzhaft anmuteten, sagte Merkel – und nannte die Politik Peter Müllers als bestes Beispiel für diese These:

    Es geht darum, dass Reformen erklärt werden, Veränderungen beschrieben werden, der Nutzen deutlich wird. Die Tatsache, dass das Saarland sich entschieden hat, schon 1999, den Menschen zu sagen: Wir steigen aus dem Steinkohlebergbau aus; wir schaffen neue Arbeitsplätze; - diese Wahrheit hat sich bewährt insoweit, als 40.000 neue Arbeitsplätze entstanden sind und die Menschen gesehen haben: Veränderung bedeutet nicht Nachteil, sondern Veränderung bedeutet ein Signal für die Zukunft.

    Als ein Signal für die – nähere – Zukunft, nämlich die noch in diesem Monat anstehenden Urnengänge, wertete Merkel auch das gestrige Wahlergebnis:

    Wir haben natürlich festgestellt, dass dies auch ein guter Rückenwind für unsere Wahlkämpfer in Sachsen, Brandenburg und in dem Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen ist.

    ... und FDP-Chef Guido Westerwelle las aus dem Resultat an der Saar, wo die Liberalen ihren Stimmenanteil verdoppelt haben und nach zehn Jahren wieder in den Landtag zurückkehren, einen Trend heraus:

    Es zeigt sich, dass die FDP weiter an Substanz gewinnt und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung weiter verbreitet.

    Ähnlich verheißungsvoll empfinden die Grünen ihre Situation: Wie die FDP sind sie im Saarbrücker Landtag zurück, genau wie die Liberalen haben sie nun die Hoffnung, auch im Osten zu reüssieren, erklärte Grünen-Chef Bütikofer in ungewohnt blumigen Worten:

    Wir haben wieder einen weißen Fleck auf der politischen Landkarte der Bundesrepublik begrünt, und das Staffelholz wird jetzt von Saarbrücken nach Potsdam und Dresden wandern.

    Zu derlei Optimismus besteht bei realistischer Betrachtung im Lager der SPD derzeit kein Anlass: Gleichwohl waren die Granden der Partei heute bemüht, zuversichtlich nach vorne zu schauen, ganz so wie der Kanzler das verordnet hatte – auch wenn es dem heute niedergeschlagen wirkenden Generalsekretär Benneter spürbar schwer fiel, Reformbemühungen und Wahlerfolge unter einen Hut zu bringen:

    Wir Sozialdemokraten werden weiter darangehen, unser Vorgehen im Detail zu erläutern, deutlich machen, dass wir hier in einer konsequenten Linie gegen die Massenarbeitslosigkeit vorgehen./

    ... und dies in der Hoffnung, dass es alsbald vom Wähler belohnt werden möge.
    Die Würfel an der Saar sind gefallen. Der neue Ministerpräsident ist der alte. Peter Müller darf weitermachen. Das heißt jedoch nicht, dass er sich auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. Peter Müller muss eine überzeugende Antwort finden auf die Frage: "Was kommt nach der Kohle?" Und das ist beileibe nicht das einzige Problem, das die Saarländer bewegt. Das Saarland vor neuen Herausforderungen - aus Saarbrücken unsere
    Landeskorrespondentin Tonia Koch.


    Peter Müller, der CDU-Front-Mann hat die Wahl gewonnen und die Menschen erwarten viel vom alten und neuen Ministerpräsidenten an der Saar.

    Arbeitsplätze, Strukturpolitik, gute Kulturpolitik, gute Schulpolitik - und das ist bei Peter Müller und seiner Regierung in guten Händen.

    Ich denke, dass wir immer noch eine sehr hohe Arbeitslosenquote haben. Die ist zwar zurückgegangen, aber von einem sehr hohen Niveau.

    Es sind eigentlich immer noch Probleme, die es jetzt auch gibt: Neue Arbeitsplätze schaffen, die Sozialreformen mitgestalten über den Bundesrat.

    Der Haushalt ist natürlich ein Problem. Hier muss die Landesregierung versuchen, durch Einsparungen den Haushalt einigermaßen, ja, in Ordnung zu bringen. Sie muss Schwerpunkte setzen in der Familienpolitik. Bildungspolitik ist ganz wichtig. Und natürlich auch Arbeitsplätze -, ja.

    Themen spielten im saarländischen Wahlkampf keine Rolle. Es ging um Emotion, um das Lebensgefühl der Saarländer. Fünf Jahre hatte Peter Müller seinen Landsleuten immer wieder versprochen, er werde das Saarland zu einem Aufsteigerland machen. Das war neu und gänzlich ungewohnt. Schließlich redeten Politiker bis dahin im Zusammenhang mit dem kleinsten deutschen Flächenland stets von Strukturwandel. Dieser hatte sich zu großen Teilen bereits Ende der 90er Jahre vollzogen. Und die Ergebnisse zeigten sich in sinkenden Arbeitslosenzahlen und überdurchschnittlichem Wachstum. Doch diese Erfolge gilt es nun zu konsolidieren. Das wird schwer. Peter Müller weiß es.

    Wir versprechen nicht in der Zukunft Projekte, von denen wir heute schon wissen, dass die Haushaltslage des Landes nicht in der Lage sein wird, dafür Sorge zu tragen, dass wir diese Versprechen auch einlösen können. Auch nach der Wahl wird es keine zusätzlichen Verteilungsspielräume geben, auch wenn die Haushaltsnotlage nicht Folge unserer Politik ist, sondern Folge des Umstandes, dass keine Steuern mehr in die Kassen fließen wegen der chaotischen Politik der rot-grünen Regierung in Berlin.

    Und da war es plötzlich, das unschöne Wort von der Haushaltnotlage, das so gar nicht mit dem Image vom Aufsteigerland zusammenpassen möchte. Der Finanzminister war um eine sparsame Haushaltsführung bemüht, das ist nicht zu leugnen. Fakt ist aber, dass es ihm nicht gelungen ist, die extrem hohe Verschuldung des Landes abzubauen. Im Gegenteil, sie ist um eine Milliarde Euro, auf siebeneinhalb Milliarden Euro, gestiegen. Und das obwohl der Bund das Saarland in den vergangenen fünf Jahren mit jährlichen Ratenzahlungen von insgesamt 2,5 Milliarden Euro unterstützt hat. Für die anhaltende Finanzmisere verantwortlich seien allein die Steuerausfälle von Bund und Ländern, argumentiert Finanzminister Peter Jacoby.

    Die waren in einer Dimension, dass sie sämtliche Teilentschuldungsleistungen aufgefressen haben.

    Wäre es mit der Konjunktur aufwärts statt abwärts gegangen, dann hätte das Saarland, so rechnet Jacoby vor, über 700 hundert Millionen Euro mehr in der Kasse. Doch hätte, wäre, wenn, das sind keine Vokabeln die für einen Finanzminister taugen. Ende des Jahres versiegt der Geldsegen des Bundes endgültig, und die Frage ist, was passiert dann?

    Wir bleiben auf die solidarische Hilfe der bündischen Gemeinschaft angewiesen.

    Doch zu guter Letzt sei es auch mit Finanzspritzen nicht getan. Peter Jacoby.

    Letztendlich sind wir darauf angewiesen, dass in Deutschland noch einmal Wirtschaftswachstum stattfindet, dass in Deutschland Arbeitsplätze geschaffen werden. Man kann keinen Haushalt sanieren in Zeiten einer andauernden Restriktion.

    Finanzwirksame Programme der neuen Landesregierung wird es nicht geben. Peter Müller hat es angekündigt. Und das bedeutet auch, dass nicht nur für alle Ressorts harte Zeiten anbrechen sondern auch für die Kommunen. Das Land hatte ihnen zu Beginn der letzten Legislaturperiode z.B. ein Gewerbesteuersenkungsprogramm schmackhaft gemacht. Städte und Gemeinden, die sich bereit gefunden hatten, ihren ortsansässigen Unternehmen die Gewebesteuern zu senken, wurden dafür aus der Landeskasse entlohnt. Doch nun fehlt das Geld für solche Geschenke, sehr zum Leidwesen des Wirtschaftsministers Hans-Peter Georgie.

    Wir werden bald darüber beraten wie es weitergeht. Ich persönlich hatte ja gehofft, dass Deutschland in der Lage ist, die Gewerbesteuer insgesamt zu Fall zu bringen; das ist nicht gelungen. Jetzt muss man sehen, wie es mit dem Gewerbesteuer-Senkungsprogramm im Saarland weitergeht.

    Darüber nachdenken ob ein zweites Senkungsprogramm aufgelegt wird, darf der Wirtschaftsminister sicher. Er weiß sich auch in guter Gesellschaft, denn diese Forderung wird von der Industrie- und Handelskammer des Landes vehement unterstützt. Aber die Aussichten auf Wiederholung stehen schlecht, so dass die Kommunen, wollen sie ihre Einnahmen sichern, die Gewerbesteuern wieder anheben müssen. Für ein Aufsteigerland das auf Wachstum setzt nicht eben das allerbeste Signal. Auch an andere Stelle geraten die Kommunen unmittelbar nach Regierungsbildung in den Blickpunkt. Für den Herbst hat die Innenministerin des Landes, Annegret Kramp–Karrenbauer, die Vorlage eines Gutachtens angekündigt, das zum Ziel hat, die kommunalen Strukturen neu zu ordnen. Wie viele Handlungsebene benötigt das Land, wer macht zukünftig was, wer ist überflüssig? In dieser Frage ist viel Zündstoff drin, denn es geht um Kompetenzen. Annegret Kramp-Karrenbauer.

    Ich glaube, dass in einer Situation, in der die öffentlichen Kassen leer sind, man geradezu verdammt ist, Strukturreformen zu machen. Und ich gehe davon aus, dass wir mit dem Gutachten schon merken werden, dass wir in vielen Bereichen schon jetzt effektiver und schlanker arbeiten als das in der Bundesrepublik der Fall ist. Dennoch kann es Ebenen oder Institutionen geben, wo man sagen muss, jawohl, da ist was überflüssig, da kann man schneiden. Das wird die Hauptaufgabe sein.

    Die These vom Saarland als Aufsteigerland sie wurde von den Regierenden stets auch an der Bildungspolitik
    festgemacht. Weg mit alten Zöpfen, verkürzte Schulzeiten bis zum Abitur, mehr Leitung und mehr Selektion, das kennzeichnet die saarländische Bildungspolitik. Um sie umzusetzen, wurden neue Lehrer eingestellt. Aus Sicht der Betroffenen zwar nicht genug, aber mehr war nicht drin, der Finanzen wegen. Standard sichern heißt daher die Losung von Bildungsminister Jürgen Schreier.

    Das große Projekt ist die Frage, wie sichere ich die Qualitätsmaßnahmen, die wir in dieser Legislaturperiode gesetzt haben. Wie kann ich dafür sorgen, dass diese Qualität auch nachhaltig in den Schulen bleibt. Wir überlegen nach Konzepten, ein Qualitätsmanagement, ein beratendes Qualitätsmanagement einzuführen.

    Schreier hofft, dass Qualität auch ohne viel Geld zu haben ist. Wenngleich er sicher sein kann, sollte es überhaupt noch finanzielle Spielräume geben, diese für den Bildungssektor, für Schulen und Hochschulen des Landes genutzt werden. Ansonsten aber wird Peter Müller, der Gewinner der Wahl in den kommenden fünf Jahren wohl kleinere Brötchen backen müssen.