Wer die Zeitungsstände in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sieht, bekommt den Eindruck einer florierenden Presselandschaft. Dutzende Blätter liegen aus, zwei sogar auf Englisch, eine überraschende Vielfalt in diesem verarmten Land im Süden der arabischen Halbinsel, in dem die Hälfte der Bevölkerung gar nicht lesen und schreiben kann. Aber der erste Eindruck täuscht. Viele der Zeitungen werden von der Regierung selbst herausgegeben und verbreiten nur die staatliche Propaganda. Und auch die meisten Oppositionsblätter verstehen sich lediglich als Sprachrohr ihrer jeweiligen Partei.
Auch der Journalist Jamal Amer schrieb für verschiedene Parteizeitungen, ehe er vor drei Jahren sein eigenes Wochenblatt gründete: "al-Wasat", "die Mitte", eine der wenigen unabhängigen Zeitungen im Jemen. In den USA wurde Amer gerade mit einem Preis für die Verteidigung der Pressefreiheit ausgezeichnet. Im Jemen wird der 39-Jährige immer wieder zum Ziel von Schmutzkampagnen und persönlichen Angriffen durch regierungstreue Blätter:
"Zum Beispiel die Zeitungen' al-Bilad', 'ad-Dustur', 'asch-Schummu', die gehören alle zur Regierung. Ihre Hauptaufgabe ist es, kritische Journalisten zu attackieren, dafür wurden die gegründet. 'Asch-Schummu' etwa hat mich mehr als einmal der Spionage für die Amerikaner beschuldigt. 'Ad-Dustur' ist spezialisiert darauf, mich zu verleumden. Und wenn man versucht, gegen so etwas juristisch vorzugehen, dann tut sich gar nichts vor Gericht."
Ins Visier der regierungstreuen Presse geraten jene, die sich zu weit vorwagen mit ihrer Kritik. Jamal Amer wurde vor gut einem Jahr sogar Opfer einer Entführung. Er hatte enthüllt, wie die Regierenden und die Scheichs ihren Söhnen Stipendien zum Studieren im Ausland zugeschustert hatten.
"Die wichtigste rote Linie, die man in der Berichterstattung nicht überschreiten darf, ist die Kritik am Präsidenten und an den einflussreichen Scheichs der Stämme. Das ist sogar noch gefährlicher. Mich haben uniformierte Männer in einem Militärfahrzeug verschleppt, und sie warfen mir vor, das Staatsoberhaupt und die Regierungsmitglieder nicht zu achten. Damals war schon eine richtige Kampagne gegen kritische Presseorgane am Laufen. Mir wurde zum Verhängnis, dass ich die Namen genannt habe von Studenten, die Stipendien fürs Ausland bekommen haben. Statt bedürftiger junger Leute, die gute Leistungen zeigen, haben sie die Zöglinge von großen Tieren in der Regierung bedient. Ich habe die Namen dieser Leute veröffentlicht, die dem Präsidenten nahe stehen. Das war natürlich nicht ganz ungefährlich, und deswegen haben sie mich auch kurzerhand für ein paar Stunden entführt."
In anderen Fällen bemühen die Machthaber die Gerichte. Eine Oppositionszeitung wurde verboten, weil sie über den Aufstand schiitischer Abtrünniger im Norden des Landes berichtete. Ihr Chefredakteur musste für ein Jahr ins Gefängnis. Andere Journalisten erhielten vorübergehend Berufsverbot, weil sie darüber spekuliert hatten, der Präsident könne bei der nächsten Wahl seinen Sohn als Nachfolger installieren.
"Das Problem ist: Wir haben zwölf Punkte im Pressegesetz, die nicht in Frage gestellt werden dürfen. Dazu gehören zum Beispiel die Traditionen und Gebräuche, der Präsident, die Beziehungen zu befreundeten Bruderstaaten und die Religion. Diese Verbote sind sehr dehnbar, die Auslegung ist äußerst flexibel. Deshalb kann es sein, dass man schon bei kleineren Sachen schnell vor Gericht gestellt wird."
Zum Beispiel, wenn es darum geht, den Propheten zu verteidigen. Vor allem der Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen ist dafür verantwortlich, dass der Jemen auf dem Index von "Reporter ohne Grenzen" vergangenes Jahr weiter abrutschte, fast auf den Stand des Polizeistaats Syrien. Katrin Evers, die Sprecherin der deutschen Sektion von" Reporter ohne Grenzen":
"Im Februar letzten Jahres haben fünf Zeitungen und Zeitschriften im Jemen - wenn auch nur klein - die Mohammed-Karikaturen abgebildet, um die Bevölkerung zu informieren, worum es bei dem Streit überhaupt ging. Das hatte zur Folge, dass fünf Journalisten verhaftet und angeklagt wurden und drei Zeitungen für mehrere Monate nicht erscheinen konnten. Aus Sicht von 'Reporter ohne Grenzen' schlägt dies eben so negativ zu Buche, weil vor dem Hintergrund, den Menschen Informationen zur Verfügung zu stellen, worum es bei diesem Streit geht, nun Journalisten ins Gefängnis wandern beziehungsweise Zeitungen geschlossen werden."
Statt Journalisten vor Angriffen zu schützen und ihren Status vor Gericht zu sichern, plant die Regierung ein neues Mediengesetz, das kritische Berichterstattung weiter erschwert. "Reporter ohne Grenzen" lehnt den Entwurf ab:
"Zweites großes Problem aus unserer Sicht ist der ganze Fernseh- und Radiobereich. Denn bisher haben wir uns nur über die Printmedien unterhalten, in denen es einige unabhängige Stimmen gibt unter der Vielzahl an Publikationen. Im Radio- und Fernsehbereich allerdings ist nach wie vor staatliches Monopol. Private Fernsehsender bekommen keine Lizenzen, das ist natürlich eine ganz klare Forderung auch von 'Reporter ohne Grenzen', dass hier unabhängigere Berichterstattung zugelassen wird. Auch ausländische Sender haben keine Möglichkeit, auf Kurzwelle zu senden."
Damit solche Hürden fallen, fordern unabhängige Journalisten im Jemen schlicht die Abschaffung des für die Lizenzen zuständigen Informationsministeriums. Einen kleinen Erfolg haben sie bereits verbucht: Die geplante Novelle des Mediengesetzes liegt nach Protesten der Journalisten vorerst auf Eis.
Auch der Journalist Jamal Amer schrieb für verschiedene Parteizeitungen, ehe er vor drei Jahren sein eigenes Wochenblatt gründete: "al-Wasat", "die Mitte", eine der wenigen unabhängigen Zeitungen im Jemen. In den USA wurde Amer gerade mit einem Preis für die Verteidigung der Pressefreiheit ausgezeichnet. Im Jemen wird der 39-Jährige immer wieder zum Ziel von Schmutzkampagnen und persönlichen Angriffen durch regierungstreue Blätter:
"Zum Beispiel die Zeitungen' al-Bilad', 'ad-Dustur', 'asch-Schummu', die gehören alle zur Regierung. Ihre Hauptaufgabe ist es, kritische Journalisten zu attackieren, dafür wurden die gegründet. 'Asch-Schummu' etwa hat mich mehr als einmal der Spionage für die Amerikaner beschuldigt. 'Ad-Dustur' ist spezialisiert darauf, mich zu verleumden. Und wenn man versucht, gegen so etwas juristisch vorzugehen, dann tut sich gar nichts vor Gericht."
Ins Visier der regierungstreuen Presse geraten jene, die sich zu weit vorwagen mit ihrer Kritik. Jamal Amer wurde vor gut einem Jahr sogar Opfer einer Entführung. Er hatte enthüllt, wie die Regierenden und die Scheichs ihren Söhnen Stipendien zum Studieren im Ausland zugeschustert hatten.
"Die wichtigste rote Linie, die man in der Berichterstattung nicht überschreiten darf, ist die Kritik am Präsidenten und an den einflussreichen Scheichs der Stämme. Das ist sogar noch gefährlicher. Mich haben uniformierte Männer in einem Militärfahrzeug verschleppt, und sie warfen mir vor, das Staatsoberhaupt und die Regierungsmitglieder nicht zu achten. Damals war schon eine richtige Kampagne gegen kritische Presseorgane am Laufen. Mir wurde zum Verhängnis, dass ich die Namen genannt habe von Studenten, die Stipendien fürs Ausland bekommen haben. Statt bedürftiger junger Leute, die gute Leistungen zeigen, haben sie die Zöglinge von großen Tieren in der Regierung bedient. Ich habe die Namen dieser Leute veröffentlicht, die dem Präsidenten nahe stehen. Das war natürlich nicht ganz ungefährlich, und deswegen haben sie mich auch kurzerhand für ein paar Stunden entführt."
In anderen Fällen bemühen die Machthaber die Gerichte. Eine Oppositionszeitung wurde verboten, weil sie über den Aufstand schiitischer Abtrünniger im Norden des Landes berichtete. Ihr Chefredakteur musste für ein Jahr ins Gefängnis. Andere Journalisten erhielten vorübergehend Berufsverbot, weil sie darüber spekuliert hatten, der Präsident könne bei der nächsten Wahl seinen Sohn als Nachfolger installieren.
"Das Problem ist: Wir haben zwölf Punkte im Pressegesetz, die nicht in Frage gestellt werden dürfen. Dazu gehören zum Beispiel die Traditionen und Gebräuche, der Präsident, die Beziehungen zu befreundeten Bruderstaaten und die Religion. Diese Verbote sind sehr dehnbar, die Auslegung ist äußerst flexibel. Deshalb kann es sein, dass man schon bei kleineren Sachen schnell vor Gericht gestellt wird."
Zum Beispiel, wenn es darum geht, den Propheten zu verteidigen. Vor allem der Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen ist dafür verantwortlich, dass der Jemen auf dem Index von "Reporter ohne Grenzen" vergangenes Jahr weiter abrutschte, fast auf den Stand des Polizeistaats Syrien. Katrin Evers, die Sprecherin der deutschen Sektion von" Reporter ohne Grenzen":
"Im Februar letzten Jahres haben fünf Zeitungen und Zeitschriften im Jemen - wenn auch nur klein - die Mohammed-Karikaturen abgebildet, um die Bevölkerung zu informieren, worum es bei dem Streit überhaupt ging. Das hatte zur Folge, dass fünf Journalisten verhaftet und angeklagt wurden und drei Zeitungen für mehrere Monate nicht erscheinen konnten. Aus Sicht von 'Reporter ohne Grenzen' schlägt dies eben so negativ zu Buche, weil vor dem Hintergrund, den Menschen Informationen zur Verfügung zu stellen, worum es bei diesem Streit geht, nun Journalisten ins Gefängnis wandern beziehungsweise Zeitungen geschlossen werden."
Statt Journalisten vor Angriffen zu schützen und ihren Status vor Gericht zu sichern, plant die Regierung ein neues Mediengesetz, das kritische Berichterstattung weiter erschwert. "Reporter ohne Grenzen" lehnt den Entwurf ab:
"Zweites großes Problem aus unserer Sicht ist der ganze Fernseh- und Radiobereich. Denn bisher haben wir uns nur über die Printmedien unterhalten, in denen es einige unabhängige Stimmen gibt unter der Vielzahl an Publikationen. Im Radio- und Fernsehbereich allerdings ist nach wie vor staatliches Monopol. Private Fernsehsender bekommen keine Lizenzen, das ist natürlich eine ganz klare Forderung auch von 'Reporter ohne Grenzen', dass hier unabhängigere Berichterstattung zugelassen wird. Auch ausländische Sender haben keine Möglichkeit, auf Kurzwelle zu senden."
Damit solche Hürden fallen, fordern unabhängige Journalisten im Jemen schlicht die Abschaffung des für die Lizenzen zuständigen Informationsministeriums. Einen kleinen Erfolg haben sie bereits verbucht: Die geplante Novelle des Mediengesetzes liegt nach Protesten der Journalisten vorerst auf Eis.