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Vielseitiges Leitungssystem

Physiologie. – In Bayreuth findet derzeit eine Konferenz zum Phloem der Pflanzen statt. Das Phloem ist ein Teil des Leitungssystems, mit dem die Pflanzen Nähr- und Botenstoffe durch ihren Organismus transportieren. Die Experten versuchen, dieses umfassende Transportsystem für Schädlingsbekämpfung und andere Anwendungen zu nutzen. Der Organisator der Konferenz Ewald Komor, Botanikprofessor an der Universität Bayreuth sprach mit dem Deutschlandfunk. Die Fragen stellte Ralf Krauter.

    Krauter: Herr Professor Komor, was ist ein Phloem?

    Komor: Das ist ein Teil des Leitgewebes in einer Pflanze. Wenn man ein Blatt betrachtet, sieht man die Blattadern oder Blattnerven, und diese Blattadern oder Blattnerven besitzen zwei Typen von Leitgewebe, einer davon ist das Phloem. Durch dieses Gewebe werden Nährstoffe geleitet, vor allem diejenigen, die durch die Photosynthese gemacht worden sind. Dieses Leitgewebe ist im Blatt als Blattadern zu erkennen, zieht sich weiter durch den Blattstiel, durch den Stengel bis zur Wurzel herunter. Transportiert werden die Produkte der Photosynthese. Das Problem ist eigentlich ganz einfach zu verstehen: Durch Photosynthese stellen die Blätter aus dem Kohlendioxid der Luft Zucker her. Außerdem stellen sie Aminosäuren, die Baustein der Proteine her. Aber die Blätter brauchen das gar nicht, weil sie ja schon da sind. Dagegen werden diese Nährstoffe für jene Pflanzenteile gebraucht, die keine Photosynthese machen können, also die Wurzel oder neue Sprossen.

    Krauter: Die Stoffe müssen irgendwie dorthin transportiert werden?

    Komor: Die müssen dahin transportiert werden, in wachsende Teile, also neue Pflanzenteile, Knospen oder auch Blüten. Auch Samen sind ganz wichtig, zum Beispiel für die Landwirtschaft. Denn wir ernten und essen ja Samen, oder Knollen, also Speicherorgane. Die Leitung dahin im Phloem.

    Krauter: Es werden ja auch Signalstoffe transportiert. Was bewirken die denn?

    Komor: Diese Leitbahn wird auch ausgenutzt, um Signale zu transportieren, das geschieht meist auf chemischem Weg, also mit Signalstoffen, die melden, dass auf einen Blatt irgend etwas passiert Meistens hängt das mit einem Pflanzenfresser zusammen, der das Blatt frisst, oder einer Infektion durch einen Pilz oder einen anderen Erreger. Dann werden im befallenen Blatt Substanzen erzeugt, die dann über dieses Phloem in andere Pflanzenteile transportiert werden, sodass es die anderen Pflanzenteile merken und im voraus reagieren und Abwehrstoffe bilden können. Diese Signalstoffe sind natürlich die interessanteste Teil der Forschung des Phloems heutzutage, also in den letzten fünf bis sieben Jahren. Diese Signalstoffe sind entweder kleine chemische Molekülen, oder es sind richtige Stücke von Erbinformationen, die im Phloem weiter geleitet und am Ankunftsgewebe erst wieder exprimiert werden, unter Umständen zu einem ganzen Abwehrsystem. Da wird zur Zeit sehr stark geforscht, unter anderem mit Hilfe der Gentechnik, dass man diese Erbinformationen, die im Phloem transportiert werden, identifiziert und deren Transport auch genau betrachtet.

    Krauter: Was ist der langfristige Nutzen der Forschung?

    Komor: Verbesserte Schädlingsabwehr ist das wesentliche, also es gibt sogar jetzt - und das ist eigentlich nur ein einfacher vor erst primitive Ansatz – Versuche mit ganz einfachen chemischen Substanzen. Man könnte fast sagen, dass man Spritzmittel chemisch so konstruiert , dass sie im Phloem transportiert werden, und zwar nur im Phloem transportiert werden. Das ist wichtig, da werden sie nämlich da verteilt und nicht irgendwo anders. Was man natürlich langfristig will, ist schon, dass man diese Signalerkennung und dann diesen Signalausdruck an der Empfangsstelle genau studiert, um ihn gezielt für eine ganz gezielte Abwehr von bestimmten Krankheitserregern auszunutzen. Das ist natürlich Zukunftsvision, allerdings ist sie nicht mehr ganz hypothetisch ist.