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Vielversprechender Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs

Medizin. - Gebärmutterhalskrebs ist in Deutschland der am vierthäufigsten auftretende bösartige Tumor bei Frauen. Jedes Jahr erkrankt eine von zehntausend Einwohnerinnen der Bundesrepublik daran. Die Zahlen sahen noch wesentlich dramatischer aus, bevor die jährlichen Pap-Abstriche beim Frauenarzt eingeführt wurden, die erste auffällige Veränderungen offenbaren. Nun sieht es so aus, als könnte eine Schutzimpfung eines nicht allzu fernen Tages den Krebs von vorn herein verhindern. Das zumindest legt eine Studie nahe, die diese Woche im "New England Journal of Medicine" erschienen ist.

    Von Grit Kienzlen

    Eine Impfung gegen Krebs? Auf den ersten Blick scheint das abwegig oder zumindest kompliziert. Aber Gebärmutterhalskrebs ist in fast allen Fällen eine Viruserkrankung, sagt Kevin Ault, Gynäkologe an der University of Iowa und Mitautor der Studie im "New England Journal of Medicine":

    Fast 100 Prozent der Fälle gehen auf den einen oder anderen Stamm von Papillomaviren zurück. Unser experimenteller Impfstoff richtete sich gegen das Humane Papillomavirus-16, das wir für die Hälfte aller Krebsfälle verantwortlich machen.

    Den von der Firma Merck entwickelten Impfstoffe testeten Kevin Ault und andere Mediziner an rund 2400 jungen Frauen im Alter zwischen 16 und 24. Die drei Spritzen, im Verlauf eines halben Jahres verabreicht, enthielten bei der Hälfte der Frauen nur einen Placebo. Dann beobachteten die Ärzte ihre Patientinnen einfach über zwei Jahre hinweg.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass sich einige der Frauen in dieser Zeit infizieren würden, war hoch. Das Papillomavirus ist häufig, ein fünftel der Amerikanerinnen trägt allein den Stamm HPV 16. Beim Geschlechtsverkehr wird es oft trotz der Verwendung von Kondomen übertragen. In den meisten Fällen ist das kein Problem. Das Immunsystem kämpft die Infektion nieder. Nur manchmal verändert sich zuerst die Gebärmutterhalsschleimhaut und am Ende entsteht möglicherweise Krebs.

    Bei den Frauen in der Studie, die nur einen Placebo bekommen hatten, ließen die Ärzte es natürlich nicht so weit kommen. 41 von ihnen infizierten sich mit dem Virus, neun entwickelten auch ein Vorstadium von Krebs. Die geimpften Frauen dagegen blieben allesamt von dem Virus verschont.

    Dennoch denkt niemand daran, nun genau diesen Impfstoff zu kommerzialisieren. Denn erstens war die Studie zu klein und zu kurz um Nebenwirkungen und den Langzeiteffekt der Impfung abzusehen. Und zweitens gibt es ja noch andere Papillomaviren. Das weiß auch die Firma Merck und hat deshalb bereits einen zweiten Impfstoff im Test. Kevin Ault:

    Dieses Vakzin richtet sich gegen vier Sorten des Human Papilloma Virus. HPV 16, HPV 18, das für weitere 30 Prozent der Krebsfälle verantwortlich ist und HPV sechs und elf. Diese beiden verursachen keinen Krebs, sondern Warzen an den Genitalien.

    Übrigens gibt es auch noch andere Firmen und Institute wie das amerikanische Krebs-Institut, die entsprechende Impfstoffe entwickeln. Es ist gut möglich, dass am Ende eines von diesen Produkten das Rennen machen wird. Zumindest weltweit betrachtet. Denn mehr noch als in den USA oder Deutschland bedroht der Gebärmutterhalskrebs Frauen in den Entwicklungsländern, die nicht von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen profitieren. Für diese Länder, sagt die Krebsforscherin Hildegund Ertl vom Wistar Institut in Philadelphia, kommt der Merck-Impfstoff nicht in Frage:

    Diese Impfung muss dreimal gegeben werden. Außerdem ist dies ein aufgereinigter Impfstoff und die sind in der Regel sehr teuer. Wenn wir einen billigen Impfstoff hätten, der bei einmalige Gabe wirkt, wäre das sicher besser. Dies ist ein guter Impfstoff, aber lang kein idealer.

    In der entwickelten Welt werden Impfungen dagegen in einigen Jahren eingeführt werden, glaubt Kevin Ault. Am besten für alle Teenager bevor sie sexuell aktiv werden. Der Pap-Abstrich beim Frauenarzt wird dann an Bedeutung verlieren, aber nicht überflüssig werden. Ault:

    Wir können das noch nicht über Bord werfen. Aber der Tag ist absehbar, wo diese Vorsorgeuntersuchungen seltener werden und auch seltener eine gefährliche Veränderung aufzeigen, weil es die Impfung geben wird.