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Vier kleine Teleskope simulieren ein großes

Je größer ein Teleskop ist, desto schärfer zeigt es das Geschehen im All. Weil sich Teleskope nicht beliebig groß bauen lassen, greifen die Astronomen zu einem Trick: Sie schalten entfernte Teleskope einfach zusammen und simulieren damit viel größere Instrumente. Diese sehr aufwendige Technik heißt Interferometrie, und kommt seit zehn Jahren auf Europas Paranal-Sternwarte in Chile zum Einsatz. In dieser Woche ziehen Forscher auf einer Tagung in Garching eine erste Bilanz.

Von Dirk Lorenzen | 26.10.2011
    Francois Menard, Astronom am Observatorium in Grenoble, beschäftigt sich mit einer der ganz großen kosmischen Fragen: Sind wir allein im Universum oder gibt es irgendwo noch andere Sonnensysteme ähnlich dem unsrigen? Besondere Aufgaben rechtfertigen besondere Maßnahmen und so kommt das Interferometer auf der Paranal-Sternwarte in Chile zum Einsatz. Die zusammengeschalteten Teleskope blicken hundertmal schärfer ins All als das Hubble-Weltraumteleskop. Es ließen sich noch die Scheinwerfer eines Autos auf dem Mond erkennen. Mit diesem wundersamen Instrument blickt Francois Menard nun auf Sterne, die etwa so schwer sind wie die Sonne, aber erst wenige Millionen Jahre alt. Sie sind noch von einer dicken Scheibe aus dem Material umgeben, das bei ihrer Entstehung übrig geblieben ist.

    "Planeten etwa wie Jupiter, Saturn oder die Erde in unserem Sonnensystem bilden sich aus diesen Scheiben. Wir wollen wissen, wie viel Gas und Staub es in den Scheiben um diese jungen Sterne gibt und ob das für die Entstehung von Planeten reicht. Zudem interessiert uns die chemische Zusammensetzung dieser Scheiben, denn es gibt Hinweise, dass dort sogar Wasser vorkommt - aber wir wissen noch nicht, wo und in welchen Mengen. Wir beobachten die Scheiben über einige Jahre und achten darauf, ob sie sich regelmäßig verändern - das wäre ein klares Indiz, dass es dort einen großen Körper gibt."

    Womöglich hat sich in einigen Scheiben schon Material zu Planeten verklumpt. Die Anfänge von Planetensystemen zu untersuchen ist ein mühsames Geschäft, an das sich nur wenige heranwagen. 15 Staubscheiben um junge Sterne haben Francois Menard und sein Team bereits untersucht - und damit die verfügbaren Daten über diese so wichtigen Objekte mehr als verdoppelt. Zwar stehen noch 20 weitere Sterne auf der Beobachtungsliste, aber schon jetzt zeigt sich, dass Planeten wohl etwas anders entstehen als bisher gedacht.

    "Wir müssen unsere Modelle von den Scheiben verbessern. Bis jetzt war man davon ausgegangen, dass die Strahlung des jungen Sterns den Staub einfach aufheizt. Aber das stimmt nur zum Teil. Denn unsere Daten zeigen, dass der Staub das Licht des jungen Sterns auch streut und ablenkt. Das verfälscht das Signal in den Teleskopen. Jetzt ist klar, dass das Material dichter an den Stern heranreicht als angenommen."

    Offenbar bilden sich Planeten viel näher an einem Stern, als die Forscher für möglich gehalten haben. Diese bahnbrechenden Beobachtungen lösen auf elegante Weise das Problem, dass bei den großen Planetensuchprogrammen viele Exemplare ins Netz gehen, die in recht geringem Abstand ihren Stern umkreisen. Das ließ sich bisher nur mühsam erklären.

    Noch mindestens ein Jahr lang schaltet Francois Menard immer wieder vier recht kleine Teleskope in einem Abstand von 40 bis 160 Metern zusammen. Mit diesem simulierten 160-Meter-Teleskop sieht er dann in den Staubscheiben den Planeten fast beim Wachsen zu - und erkundet so auch unseren eigenen kosmischen Werdegang.