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Virolution

Für viele Wissenschaftler sind Viren nicht einmal Lebewesen. Sie besitzen keinen eigenen Stoffwechsel und sind darauf angewiesen, Menschen, Tiere, Pflanzen oder Bakterien zu befallen. Dass sie dabei zu deren Evolution beitragen, ist ein neuer Gedanke, an den sich die Fachwelt noch gewöhnen muss.

Rezension: Michael Lange | 12.12.2010
    Der britische Arzt, Wissenschaftler und Autor Frank Ryan sieht in den Viren die wichtigsten Konstrukteure bei der Entstehung höherer Lebewesen und insbesondere des Menschen. Wie er zu dieser Einschätzung kommt, legt er in seinem Buch ausführlich dar und geht dabei sehr ins Detail.

    Bestätigt wird seine Theorie durch die Entzifferung des menschlichen Genoms. Während die eigentlichen Gene weniger als zwei Prozent der menschlichen Erbinformation ausmachen, stammen große Teile unseres Genoms offensichtlich von Viren. Lange Zeit wurden diese Bereiche als biologischer Müll angesehen. Heute weiß man, dass sie als kreativer Vorrat der Evolution und bei der Steuerung der Erbinformation eine wichtige Rolle spielen.

    Mit seinem Buch will Frank Ryan gleichzeitig seine Fachkollegen und interessierte Laien von seiner Theorie überzeugen. Ausschnitte aus Gesprächen mit renommierten Wissenschaftlern dokumentieren, wie Ryan selbst immer mehr lernt und seine Theorie verbessert. Trotz mancher eingefügter Erklärungen und Glossar ist das nicht immer leicht zu verstehen. Um seine Theorie zu verteidigen, muss Ryan tief in die Welt der Gene und Biomoleküle eintauchen. Nicht unbedingt ein Studium, aber biologisches Vorwissen ist notwendig, um dem Autor bei seinem Streben nach Erkenntnis zu folgen.

    Frank Ryan: Virolution. Die Macht der Viren in der Evolution
    ISBN: 978-3-8274-2541-6
    Spektrum – Akademischer Verlag, 364 Seiten, 24,95 Euro