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Virtuelle Ideenschmiede

Forschungspolitik. - 2005 schlug EU- Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso vor, ein europäisches Innovations- und Technologieinstitut auf die Beine zu stellen. Die Idee des EIT, so die Abkürzung, nimmt heute in Budapest konkrete Formen an, mit der Konstitution seines Verwaltungsrats.

Von Ralf Krauter |
    Wie stampft man in ein paar Jahren ein europäisches Institut für Innovation und Technologie aus dem Boden, das weltweit in der ersten Liga mitspielen kann? Ein Flagschiff der Forschung, in dem brillante Wissenschaftler Schulter an Schulter mit der Industrie bahnbrechende Produkte von morgen entwickeln? Dem Innovationsexperten und Staatssekretär im Bundesforschungsministerium Professor Frieder Meyer-Krahmer war schnell klar: So wie sich Jose Manuel Baroso das gedacht hatte, wäre das ambitionierte Vorhaben zum Scheitern verurteilt gewesen.

    "Ursprünglich war ich skeptisch, weil die Ausgangsidee, auf der grünen Wiese sozusagen ein völlig neues, international wirklich sichtbares Forschungsinstitut zu gründen, ein Vorhaben ist, das viele Dekaden benötigt. Schauen sie einfach nur auf die großen führenden Einrichtungen, die wir in den USA immer wahrnehmen. Stanford, Princeton, Harvard, MIT. All das sind Forschungsuniversitäten, die groß geworden sind mit einer Geschichte von 50 bis 80 Jahren. Soviel Zeit hat Europa nicht. Wir können nicht 30, 50 Jahre warten. Wir müssen schnell in den nächsten Jahren einen großen Sprung nach vorne kommen."

    Das aktuelle Konzept sieht deshalb eine Elite-Uni ohne eigenen Campus vor. Die Verwaltungszentrale sitzt in Budapest. Die eigentliche Wissenschaft soll aber an bereits bestehenden Forschungseinrichtungen in ganz Europa passieren, die sich zu Wissen- und Innovationsgemeinschaften verbünden.

    "Diese etwas ominös klingenden knowledge innovation communities, das ist eigentlich der Kern der ganzen Geschichte: eine strategische Partnerschaft von Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft in bestimmten Themengebieten, in denen Europa sich stark fühlt. Und da soll ein so genanntes Wissensdreieck realisiert werden. Nämlich enge Kopplung zwischen Forschung auf der einen Seite, Ausbildung – wir brauchen in diesen Bereichen immer beste Leute – und schließlich der Innovation. Wir wollen natürlich auch ökonomisch erfolgreich sein."

    Natürlich klingt das alles ein bisschen arg wie aus der Feder eifriger Ministerialbürokraten. Weil Papier geduldig ist, muss den Worthülsen nun Handfestes folgen. Und genau das ist die Aufgabe des EIT-Verwaltungsrates, der heute erstmals in Budapest tagt. Das 18-köpfige Gremium, dem auch zwei Deutsche angehören, soll die Richtung für Entwicklung und Aufbau des EIT vorgeben. Eine seiner ersten Amtshandlungen wird es sein, jene zwei bis drei Themenschwerpunkte festzulegen, zu denen ab Ende 2009 geforscht werden soll. Bürgernahe Themen wie Energie und Klimawandel gelten auf Wunsch des EU-Parlaments als gesetzt. Die Informationstechnologie könnte der Dritte im Bunde werden. Einem Budapester Beschluss müssten dann offizielle Ausschreibungen folgen, bei denen sich führende Institute und Firmen für die Aufnahme in eine der Innovationsgemeinschaften bewerben können.

    "Wir haben als Regierung natürlich größtes Interesse, dass deutsche Forschungseinrichtungen, deutsche Hochschulen hier wichtige Player sind. Es wird etwa drei Pilotvorhaben geben und wir wollen auf jeden Fall versuchen, dass wir in diesen Pilotvorhaben eine maßgebliche Rolle spielen."

    Weshalb das Bundesforschungsministerium schon fleißig die Werbetrommel rührt. Mit dem Argument, dass deutsche Spitzenuniversitäten und Forschungsinstitute nur von der forcierten Vernetzung profitieren können, die sich das EIT auf die Fahnen geschrieben hat. Allzu viel Geld für die Forschung gibt es in Budapest bis auf weiteres allerdings nicht zu holen. Mit gut 300 Millionen Euro ist der Etat für die nächsten fünf Jahre eher dürftig. Doch Staatssekretär Frieder Meyer-Krahmer geht davon aus, dass Brüssel nach einem erfolgreichen Start der virtuellen Innovationsschmiede nicht umhin kommen wird, ab 2014 jährlich mindestens eine Milliarde Euro für das Leuchtturmprojekt locker zu machen. Jetzt komme es vor allem darauf an, dass der Verwaltungsrat schlanke Strukturen entwickle, die Kooperationen fördern, sagt Meyer-Krahmer.

    "Ich würde denen auf den Weg geben, den ganzen klassischen Bürokratieaufwand, den die EU normalerweise betreibt, so weit als möglich zu vermeiden. Zweitens würde ich auf den Weg geben: So wenig wie möglich strikte Regeln geben und keine Patentlösungen entwickeln, sondern es soweit als möglich den Partnern selber überlassen, wie sie sich gut organisieren."