"Mein Name ist Robin Sukhadia. Ich arbeite seit zwei Jahren hier in San Francisco. Ich bin vor Jahren von der Ostküste nach Kalifornien gezogen, weil mich mein Job in einer großen Unternehmensberatung total frustrierte.Ich las damals von Internetfirmen wie Netscape, die mit großem Erfolg an die Börse gingen. Ich war fasziniert, wie junge Menschen meiner Generation Firmen leiteten, eine neue kreative Arbeitskultur schufen, in der sehr offen und gleichberechtigt auch mit Minderheiten umgegangen wurde. Das Geschäft mit dem Internet wurde in einem beispielhaften kreativen Umfeld gestaltet. Ein Freund riet mir schließlich, nach Silicon Valley zu ziehen und dort mein Glück zu machen."
Robin Sukhadias Familie stammt aus Indien. Obwohl er in den Staaten groß geworden ist, sind seine Aufstiegschancen in das gehobene Management von traditionellen Computerfirmen begrenzt. Erst der Internetboom der späten 90er Jahre ermöglichte auch Ingenieuren, die nicht die Eliteuniversitäten in Yale, Stanfort und Harvard besucht haben, in Führungspositionen aufzusteigen. Auch Jim Mason, sein Kollege, ist ein typischer Vertreter seiner Generation. Mason hat in seinem kurzen Leben wohl mehr Zeit mit Computern als mit Freunden verbracht:
"Ich agiere mehr mit Maschinen und Computern, als ich mit Menschen kommuniziere. Ich glaube, meine technischen Fähigkeiten überschreiten meine sozialen. Ja tatsächlich, ich spreche lieber mit Maschinen als mit Menschen."
Die zwei knapp 25-Jährigen repräsentieren den neuen Typus von Lohnarbeitern im Computerzeitalter. Aus allen Teilen der Welt zieht es junge Leute nach Nordkalifornien - in das Mekka der Computer- und Internetindustrie.
Zahlen der Universität Texas belegen, dass in den letzten sieben Jahren alleine die US-amerikanische Computerindustrie 2,3 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen hat. In den kleinen Büros schwirren die Sprachen durcheinander; die Menschen stammen aus Vietnam, China, der Ukraine, Indien oder Pakistan, und viele besitzen nur zeitlich befristete Visa. Ihre Motivation ist sehr unterschiedlich. Aber alle sind sie fasziniert von den schier unendlichen neuen Möglichkeiten, die das Internet und die boomende Computerindustrie bieten. Gleichzeitig sind sie angetreten, mit den Visionen ihrer jungen Generation eine neue Arbeitskultur zu schaffen: selbstbestimmt, begeistert, lustvoll.
In dieser Aufbruchsstimmung der letzten sieben Jahre gründeten die "Dot Com's" - wie sie in der Szene genannt werden - Tausende sogenannter "Start-Ups", die sich in den unzähligen Büroetagen am Rande San Franciscos drängen. Unternehmensneugründungen stecken die neuen Claims ab eines virtuellen Goldrausches.
"Das Verrückte in meiner Familie ist immer noch, dass sie alle viel besser vietnamesisch sprechen als englisch. Ich kann also mit ihnen nicht reden. Ich wollte mir eine andere Familie suchen, was diese Leute hier in der Firma für mich geworden sind. Die Kollegen in der Company sind meine Brüder."
Chi Kim ist Sohn einer Emigrantenfamilie, die nach dem Vietnamkrieg in die USA flüchtete. Der Computerfreund Robin Sukhadia stammt aus Indien, lebt zwar schon seit seiner Schulzeit in den Staaten, hat aber in den klassischen Branchen schnell verstanden, wie begrenzt seine Aufstiegsmöglichkeiten in der von Weißen beherrschten Arbeitswelt sind. Immer noch blitzen seine wachen Augen, wenn er an die Gründerzeiten der "Start-Ups" denkt, an die Arbeits-atmosphäre, die dort herrschte, an die Aufbruchsstimmung, die alles überstrahlte.
"In diesen Firmen wurde selbstverständlich verlangt - wie wir in unserer Sprache sagen - in "Internetzeit" zu arbeiten. Die Taktzahl der neuen Jobs, neue Projekte kamen in dichter Folge; die reinste Hochfrequenz. Eine Deadline folgte der nächsten. Die Aufgaben, die wir jeden Tag zu erfüllen hatten, waren nahezu unmenschlich. Aber für uns junge Leute waren diese Herausforderungen aufregend: Ich wollte schnell arbeiten; ich hatte genug davon, dass mir immer gesagt wurde, was und wie ich etwas zu tun habe. Plötzlich konnte ich mir die Aufgaben endlich selbst einteilen, und zusammen mit meinen Freunden waren wir ein Team, zusammen konnten wir in Lichtgeschwindigkeit arbeiten.Wir fühlten uns unverwundbar."
"Diese Arbeitswelt ist sehr stressig. In vielen kleinen und neuen Firmen kämpfen wir erst noch, uns am Markt zu etablieren. Viele können vor Angst und Stress nachts nicht mehr schlafen. Drogen wie Extasy helfen manchen für einen kurzen Zeitraum, mit dem Druck klar zu kommen."
Der anfänglichen Euphorie folgte schnell der existenzielle Überlebenskampf. Anleger, mit dem Kalkül auf schnelle und hohe Renditen, überhäuften die Internetfirmen mit Risiko- und Börsenkapital. Die märchenhaften Erfolge des Microsoftgründers Bill Gates oder des Netscapeerfinders Jim Clark ließen die Gewinnspekulationen uferlos ansteigen und das im Lichte immer wieder inszenierter Projektionen einer beginnenden neuen Kommunikations- und Verbraucherära durch das Internet. Bis zum letzten Quartal des Jahres 2000 flossen 80 Milliarden Dollar - das sind Zweidrittel des amerikanischen Risikokapitals - in die Internetindustrie, obwohl die Umsätze am Markt mager ausfielen und hartnäckig weit unter den Erwartungen blieben. Im Zeitalter des E-Commerce - des elektronischen Handels - unterstellte man Produktivitätssteigerungen quasi äquivalent zur Dynamik des technischen Fortschritte bei den Rechnern. Ein neues Phänomen war geboren: Die New Economy. Das Schlagwort stand nicht nur für neue Technologien, sondern auch für das volkswirtschaftliche Phänomen von Wachstum scheinbar ohne Grenzen, Wachstum ohne Inflationsdruck und ohne Probleme am Arbeitsmarkt.
Doch die Mystik der New Economy können amerikanische Wirtschaftswissenschaftler jetzt mit einfachen Zahlen entzaubern. Das Produktivitätswunder USA basiert zum Großteil auf der Steigerung menschlicher Arbeitskraft parallel zur Steigerung vom Kapitalismus zum Turbokapitalismus: Vermehrung von Kapital ohne produktive Grundlage. Eine Studie der Unternehmensberatung MCKinsey räumte jüngst mit dem Irrglauben auf, die neuen Informationstechniken hätten die gesamte Wirtschaft leistungsfähiger gemacht:
"Produktivitätssteigerungen konnten nur in 30 Prozent der Wirtschaft nachgewiesen werden. Der magische Glaube an eine immer effizienter arbeitende Wirtschaft hat in Wahrheit die Menschen immer mehr arbeiten lassen."
Ein weiterer Teil des Produktivitätswunders ist alleine der Tatsache zu verdanken, dass viele Menschen für die neuen Unternehmen Mehrarbeit geleistet haben, ohne sie abzurechnen - eine rein statistische Verbesserung der Produktivität!
Nach dem 11. September wird es extrem schwer sein, die positiven Erwartungen wieder zu beleben. Für die jungen Programmierer ist der Zauber der ersten Stunde aber nicht erst seit dem 11. September verflogen:
"Wenn du 24 Stunden gearbeitet hast, dann bewegt sich deine Hirnaktivität in immer wiederkehrenden Zyklen. Erst ist man sehr, sehr müde, dann fühlt man sich gerädert, aber dann ist man wieder wach. Und wenn du dann denkst: oh mein Gott, ich bin hier schon seit 24 Stunden, ich glaube ich gönne mir ein kleines Nickerchen unter meinem Schreibtisch, weißt du schon im Hinterkopf, dass du, wenn du aufwachst, hier wieder für weitere 20 Stunden sitzen wirst. Ich versinke dann in Selbstmitleid und Traurigkeit. Aus dieser Depression heraus werden die an mich gestellten Aufgaben und Herausforderungen einfach unlösbar. Und du weißt sofort, jetzt nimmt der Teufelskreislauf seine fatale Wendung und zieht dich spiralförmig nur noch tiefer runter. Du kriegst nichts mehr auf die Reihe - rein gar nichts. Aber der gestellte Druck bleibt bestehen, nimmt sogar noch zu."
Das für europäische Verhältnisse kaum vorstellbare Arbeits-pensum in diesen Wirtschaftsbereichen schlägt sich deutlich auch in den Statistiken nieder. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre wuchs die Produktivität in den USA im Durchschnitt fast doppelt so stark, wie in den 22 Jahren davor. Das Tempo erreichte im Sommerquartal 2000 seinen vorläufigen Höhepunkt, als Notenbankchef Alan Greenspan den Rekord von 6,3 Prozent Produktivitätswachstum mit den Worten verkündete:
"Die US-Wirtschaft hat die alten Tempolimits außer Kraft gesetzt, die nach herrschender Lehre für ein gesundes Wirtschaftswachstum unbedingt einzuhalten waren."
Die Innovations- und Gewinnerwartungen in der "New-Economy" stoßen wohl jetzt an menschliche Grenzen. Den Firmen stehen immer schnellere und effizientere Computer zu Verfügung: Intel, der größte Chip-Hersteller, meldete diese Woche in San Francisco, dass die geltende Regel, nach der sich die Rechnerleistung alle 18 Monate verdoppelt, mit der Erfindung des 10 Giga Herz Chip gebrochen sei. Fraglich ist, ob die Menschen, die an diesen Geräten arbeiten, mit dieser Taktzahl mithalten können. Eine ganze Generation von Programmierern und Ingenieuren ist ausgebrannt. Sie sind frustriert und desillusioniert, auch über die weitgehend nicht eingelösten sozialen und ökonomischen Versprechungen.
Um das Ausmaß dieses virtuellen Glücksspiels zu verstehen, muss man in der jungen Geschichte des Internet zurückblättern. Als Jim Clark eine Software entwickelte, die als virtuelle Suchmaschine im weltweiten Netz fungierte, wurde es erstmals möglich, dass jedermann, auch ohne Computerkenntnisse, im Web surfen konnte. Jim Clark nannte diese Suchmaschine "Netscape", und ihm gelang es mit Hilfe von Banken und erheblichem Risikokapital, Netscape an der Börse zu notieren. Netscape hatte den Investoren nichts zu bieten als massive Verluste. Ab sofort brauchte man keine Profite mehr zu machen, es reichte, rapides Wachstum nachzuweisen. Eine ruhmreiche Tradition zu besitzen, sprach plötzlich gegen eine Firma, denn eine Vergangenheit zu haben hieß, dass es Geschäftsberichte gab, und der Geschäftsbericht zeigte die Grenzen einer Firma auf. Man musste nur zeigen, dass man kein Unternehmen von heute, sondern das Unternehmen der Zukunft war. Die attraktivsten Firmen waren solche, die im Stadium absoluter Vorläufigkeit verharrten. Das Versprechen auf eine zukünftige Aktienvergütung wurde ein fester Bestandteil der Internet Firmenkultur, so Robin Sukhadia:
"Man muss verstehen, dass die Vergütung durch Aktien Teil der "Start-Up-Kultur" ist. Um sein Aktienpaket einlösen zu können, musste man mindestens ein Jahr für die Firma gearbeitet haben. Das Aktienpaket ist die Karotte, die sie uns wie Kaninchen vor die Nase gehalten haben. Hier, nimm dieses noch wertlose Aktienpaket und schufte für uns mindestens ein Jahr. Wenn du uns vorher verlassen willst, oder wir dich feuern, musst du dein Aktienpaket an uns zurückgeben. Ich bin zum Beispiel nach 10 Monaten gefeuert worden, also genau 2 Monate, bevor ich hätte anfangen können, meine Aktien zu kapitalisieren. Das war ein strategisch firmenpolitisches Kalkül."
Vor dem erfolgreichen Börsengang von Netscape war die Entscheidung der Computeringenieure, wo sie sich bewerben, von altmodischen branchentypischen Kriterien geprägt: Gehalt, Bonuszahlungen, Interesse an der Arbeit. Plötzlich stellten Anteilsoptionen all diese Erwägungen in den Schatten. Die Ingenieure, die bei Netscape anfingen, waren Leute wie du und ich. Und doch: sie, und nicht du und ich, wurden reich. Merkwürdiger noch: die B-Mannschaft war der Gewinner im Aktienroulette. Die A-Mannschaft der Ingenieure aus den etablierten Universitäten wurde im allgemeinen zu sehr von ihren Firmen mit guten Gehältern gehätschelt, um auf das zu fliegen, was von Weitem aussah wie ein neues goldenes Kalb. Mit Netsscape brach eine Ära an der zweifelhaften neuen Abenteuer. Ob es ihm passte oder nicht, mit jedem Tag, den der Ingenieur bei der Arbeit verbrachte, beteiligte er sich an einem finanziellen Glücksspiel. Silicon Valley breitete sich vor ihm aus wie ein riesiges Kasino mit Höchsteinsätzen, und der Ingenieur musste entscheiden, auf welches Feld er seine Arbeitsleistung setzen wollte: Kalifornisches Roulette!
Wer daneben tippt, verpasst den Boom, wer richtig rät, gewinnt ein Vermögen.
"Zu dieser Zeit gingen jeden Tag zehn bis zwölf neue Firmen erfolgreich an die Börse, also hatte jeder im Hinterkopf, dass er auch bald zu den Internet-Millionären gehören würde. Aber 95 Prozent der an Mitarbeiter ausgegebenen Aktien waren weniger wert, als das Papier auf dem sie gedruckt worden sind, weil die meisten Firmen es erst gar nicht bis zu einer Börsennotierung schafften. Die Glücklicheren von uns bekamen noch ein Minimum-Basisgehalt bezahlt. Aber wenn man 80 bis 90 Stunden in der Woche arbeitet, und 35.000 Dollar im Jahr verdient, kommt man auf einen Stundenlohn von unter 5 Dollar. In manchen Firmen waren die Arbeitsbedingungen extrem schlecht. Es gibt Berichte, dass die Abhängigkeitsverhältnisse schamlos ausgenutzt wurden, und es sogar zu sexuellen Übergriffen kam. Das sind die nicht öffentlichen Schattenseiten dieses Geschäftes. Und als jetzt in den letzten Monaten die meisten Firmen pleite gingen, standen die Leute von einem auf den anderen Tag auf der Straße - ohne Arbeitslosengeld, Krankenversicherung oder andere soziale Absicherungen. Das ist eine neue, moderne Form der Ausbeutung."
Die Selbstausbeutung vieler kreativer, leistungsfähiger junger Menschen war nur möglich mit den enormen Suggestionen von Gewinn und Erfolg. Viele wollten auf der Gischt der größten Erfolgswelle mit Geld, Ruhm, medialer Aufmerksamkeit und technischen Innovationen zum sicheren Strand des Wohlstands surfen. Millionär mit 30, wer will das nicht?! Aber für die meisten war die Brandung zu stark, oder die großen Haie des Geschäfts zu gierig, oder einfach nur das Timing falsch. Nass gemacht trotten sie am Strand entlang, nicht wissend, was über sie hereingebrochen ist.
Im Silicon Valley, Heimat der meisten Internet Firmen, ist die Zahl der Arbeitslosen auf über 85.000 gestiegen. Die Arbeitslosenquote in Nord Kalifornien liegt nun über dem nationalen Durchschnitt. Viele der ehemals gut Verdienenden stellen fest, dass sie mit den 40 bis 230 Dollar wöchentlichem Unterstützungsgeld - wenn sie überhaupt Arbeitslosengeld erhalten - die Miete nicht mehr bestreiten können, in einer Region, in der die durchschnittliche Miete 1.800 Dollar im Monat beträgt. Die Zahl der Akademiker unter den Obdachlosen steigt ständig. In der "Glide Memorial Church" im Zentrum San Franciscos hat inzwischen jeder dritte Bittsteller für eine warme Mahlzeit einen akademischen Abschluss.
"Viele der Leute sind völlig ausgebrannt. Meine Freunde sind in einer echten Midlife Crisis - im Alter von 25 Jahren. Sie haben unglaublich hart gearbeitet mit der Aussicht, dass sie erfolgreich sein werden, und plötzlich sind sie mit der Realität konfrontiert, dass ihre ganzen Anstrengungen sie zu nichts geführt haben. Dabei wurden ihre Naivität und ihr Enthusiasmus bewusst ausgenutzt. Wenn man Geschäfte in den USA betreibt, darf man sich eben nicht Gefühlen oder Sentimentalitäten hingeben. Der Markt ist zu brutal. Und der Wunschtraum, sich mit 30 reich und erfolgreich zur Ruhe zu setzen, wird für die große Mehrheit eine Illusion bleiben."
Mit diesen Träumen einer jungen Generation machen die alten Profis ihren Profit. Viele kleine Firmen, viel Enthusiasmus und viel investierte Hoffnung waren am Neuen Markt notwendig, um ihn in der Breite zu etablieren. Die jetzt von allen erwartete Marktregulierung an der Börse und in der Wirtschaft folgt wieder den alten Gesetzen. Doch die gegenwärtige Krise hat auch die Großen getroffen. Nicht erst seit Jack London weiß man, dass man beim Goldrausch das sichere Geld nicht mit dem Schürfen des Goldes verdient, sondern mit dem Verkauf und Verleih der Goldpfannen. Nach dieser Devise galten die Chiphersteller mit ihrer Hardware auch als besonders krisensicher. Wie tiefgreifend die Krise ist, zeigt sich, wenn selbst die sonnenverwöhnten Branchen, Nord Kaliforniens große Chiphersteller, zu klagen beginnen. John Chambers, der Vorstandschef von Cisco beschrieb die Lage, als er kürzlich die frostigen Prognosen für die nächsten Monate bekannt gab:
"Kaum ein Industriezweig dieser Größenordnung ist jemals so schnell abgestürzt. Die rückläufigen IT Ausgaben haben die Branche wie eine Naturkatastrophe überrascht, die extremer ist und länger anhält, als man das jemals für möglich gehalten hat. Ich muss offen gestehen, dass diese Geschäftsmodelle nicht geeignet sind, um einer solchen Flaute vorzubeugen."
Robin Sukhadia, der als Mitarbeiter bei einer Firma arbeitete, die von einem Microsoft-Tochterunternehmen aufgekauft wurde, hatte fast den Wellenritt zum Reichtum geschafft. Kurz vor dem erfolgreichen Börsengang wurde er entlassen. Schmunzelnd fügt er jedoch hinzu, dass auch sein ehemaliger Arbeitgeber heute vor der Pleite steht. Noch ist kein Ende der Krise in Sicht. Anfang dieser Woche verkündete Bill Gates, Chef von Microsoft, auf dem Weltwirtschaftsforum in New York, dass es keine Anzeichen gibt für eine breite wirtschaftliche Gesundung im Jahr 2002. Dann bliebe den jungen Dot Com's wie Paul Jonas und Robin Sukhadia genügend Zeit, aus dem Gelernten ihre Schlüsse zu ziehen. Paul Jonas ist überzeugt, dass eine ganze Generation der "Dot Com's" sich nun der persönlichen Krisenbewältigung und Sinnfindung hingibt. Mit schwarzem Humor ergänzt er noch:
"In 20 oder 30 Jahren, wenn ich Kinder habe, und sie mich fragen, wo ich war, als das Internet erfunden wurde, kann ich sagen, ich war damals dabei, als in San Francisco das Internet entstand, und ich gründete eine Firma. Ich möchte nicht sagen müssen, ich war in Iowa."
Robin Sukhadias Familie stammt aus Indien. Obwohl er in den Staaten groß geworden ist, sind seine Aufstiegschancen in das gehobene Management von traditionellen Computerfirmen begrenzt. Erst der Internetboom der späten 90er Jahre ermöglichte auch Ingenieuren, die nicht die Eliteuniversitäten in Yale, Stanfort und Harvard besucht haben, in Führungspositionen aufzusteigen. Auch Jim Mason, sein Kollege, ist ein typischer Vertreter seiner Generation. Mason hat in seinem kurzen Leben wohl mehr Zeit mit Computern als mit Freunden verbracht:
"Ich agiere mehr mit Maschinen und Computern, als ich mit Menschen kommuniziere. Ich glaube, meine technischen Fähigkeiten überschreiten meine sozialen. Ja tatsächlich, ich spreche lieber mit Maschinen als mit Menschen."
Die zwei knapp 25-Jährigen repräsentieren den neuen Typus von Lohnarbeitern im Computerzeitalter. Aus allen Teilen der Welt zieht es junge Leute nach Nordkalifornien - in das Mekka der Computer- und Internetindustrie.
Zahlen der Universität Texas belegen, dass in den letzten sieben Jahren alleine die US-amerikanische Computerindustrie 2,3 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen hat. In den kleinen Büros schwirren die Sprachen durcheinander; die Menschen stammen aus Vietnam, China, der Ukraine, Indien oder Pakistan, und viele besitzen nur zeitlich befristete Visa. Ihre Motivation ist sehr unterschiedlich. Aber alle sind sie fasziniert von den schier unendlichen neuen Möglichkeiten, die das Internet und die boomende Computerindustrie bieten. Gleichzeitig sind sie angetreten, mit den Visionen ihrer jungen Generation eine neue Arbeitskultur zu schaffen: selbstbestimmt, begeistert, lustvoll.
In dieser Aufbruchsstimmung der letzten sieben Jahre gründeten die "Dot Com's" - wie sie in der Szene genannt werden - Tausende sogenannter "Start-Ups", die sich in den unzähligen Büroetagen am Rande San Franciscos drängen. Unternehmensneugründungen stecken die neuen Claims ab eines virtuellen Goldrausches.
"Das Verrückte in meiner Familie ist immer noch, dass sie alle viel besser vietnamesisch sprechen als englisch. Ich kann also mit ihnen nicht reden. Ich wollte mir eine andere Familie suchen, was diese Leute hier in der Firma für mich geworden sind. Die Kollegen in der Company sind meine Brüder."
Chi Kim ist Sohn einer Emigrantenfamilie, die nach dem Vietnamkrieg in die USA flüchtete. Der Computerfreund Robin Sukhadia stammt aus Indien, lebt zwar schon seit seiner Schulzeit in den Staaten, hat aber in den klassischen Branchen schnell verstanden, wie begrenzt seine Aufstiegsmöglichkeiten in der von Weißen beherrschten Arbeitswelt sind. Immer noch blitzen seine wachen Augen, wenn er an die Gründerzeiten der "Start-Ups" denkt, an die Arbeits-atmosphäre, die dort herrschte, an die Aufbruchsstimmung, die alles überstrahlte.
"In diesen Firmen wurde selbstverständlich verlangt - wie wir in unserer Sprache sagen - in "Internetzeit" zu arbeiten. Die Taktzahl der neuen Jobs, neue Projekte kamen in dichter Folge; die reinste Hochfrequenz. Eine Deadline folgte der nächsten. Die Aufgaben, die wir jeden Tag zu erfüllen hatten, waren nahezu unmenschlich. Aber für uns junge Leute waren diese Herausforderungen aufregend: Ich wollte schnell arbeiten; ich hatte genug davon, dass mir immer gesagt wurde, was und wie ich etwas zu tun habe. Plötzlich konnte ich mir die Aufgaben endlich selbst einteilen, und zusammen mit meinen Freunden waren wir ein Team, zusammen konnten wir in Lichtgeschwindigkeit arbeiten.Wir fühlten uns unverwundbar."
"Diese Arbeitswelt ist sehr stressig. In vielen kleinen und neuen Firmen kämpfen wir erst noch, uns am Markt zu etablieren. Viele können vor Angst und Stress nachts nicht mehr schlafen. Drogen wie Extasy helfen manchen für einen kurzen Zeitraum, mit dem Druck klar zu kommen."
Der anfänglichen Euphorie folgte schnell der existenzielle Überlebenskampf. Anleger, mit dem Kalkül auf schnelle und hohe Renditen, überhäuften die Internetfirmen mit Risiko- und Börsenkapital. Die märchenhaften Erfolge des Microsoftgründers Bill Gates oder des Netscapeerfinders Jim Clark ließen die Gewinnspekulationen uferlos ansteigen und das im Lichte immer wieder inszenierter Projektionen einer beginnenden neuen Kommunikations- und Verbraucherära durch das Internet. Bis zum letzten Quartal des Jahres 2000 flossen 80 Milliarden Dollar - das sind Zweidrittel des amerikanischen Risikokapitals - in die Internetindustrie, obwohl die Umsätze am Markt mager ausfielen und hartnäckig weit unter den Erwartungen blieben. Im Zeitalter des E-Commerce - des elektronischen Handels - unterstellte man Produktivitätssteigerungen quasi äquivalent zur Dynamik des technischen Fortschritte bei den Rechnern. Ein neues Phänomen war geboren: Die New Economy. Das Schlagwort stand nicht nur für neue Technologien, sondern auch für das volkswirtschaftliche Phänomen von Wachstum scheinbar ohne Grenzen, Wachstum ohne Inflationsdruck und ohne Probleme am Arbeitsmarkt.
Doch die Mystik der New Economy können amerikanische Wirtschaftswissenschaftler jetzt mit einfachen Zahlen entzaubern. Das Produktivitätswunder USA basiert zum Großteil auf der Steigerung menschlicher Arbeitskraft parallel zur Steigerung vom Kapitalismus zum Turbokapitalismus: Vermehrung von Kapital ohne produktive Grundlage. Eine Studie der Unternehmensberatung MCKinsey räumte jüngst mit dem Irrglauben auf, die neuen Informationstechniken hätten die gesamte Wirtschaft leistungsfähiger gemacht:
"Produktivitätssteigerungen konnten nur in 30 Prozent der Wirtschaft nachgewiesen werden. Der magische Glaube an eine immer effizienter arbeitende Wirtschaft hat in Wahrheit die Menschen immer mehr arbeiten lassen."
Ein weiterer Teil des Produktivitätswunders ist alleine der Tatsache zu verdanken, dass viele Menschen für die neuen Unternehmen Mehrarbeit geleistet haben, ohne sie abzurechnen - eine rein statistische Verbesserung der Produktivität!
Nach dem 11. September wird es extrem schwer sein, die positiven Erwartungen wieder zu beleben. Für die jungen Programmierer ist der Zauber der ersten Stunde aber nicht erst seit dem 11. September verflogen:
"Wenn du 24 Stunden gearbeitet hast, dann bewegt sich deine Hirnaktivität in immer wiederkehrenden Zyklen. Erst ist man sehr, sehr müde, dann fühlt man sich gerädert, aber dann ist man wieder wach. Und wenn du dann denkst: oh mein Gott, ich bin hier schon seit 24 Stunden, ich glaube ich gönne mir ein kleines Nickerchen unter meinem Schreibtisch, weißt du schon im Hinterkopf, dass du, wenn du aufwachst, hier wieder für weitere 20 Stunden sitzen wirst. Ich versinke dann in Selbstmitleid und Traurigkeit. Aus dieser Depression heraus werden die an mich gestellten Aufgaben und Herausforderungen einfach unlösbar. Und du weißt sofort, jetzt nimmt der Teufelskreislauf seine fatale Wendung und zieht dich spiralförmig nur noch tiefer runter. Du kriegst nichts mehr auf die Reihe - rein gar nichts. Aber der gestellte Druck bleibt bestehen, nimmt sogar noch zu."
Das für europäische Verhältnisse kaum vorstellbare Arbeits-pensum in diesen Wirtschaftsbereichen schlägt sich deutlich auch in den Statistiken nieder. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre wuchs die Produktivität in den USA im Durchschnitt fast doppelt so stark, wie in den 22 Jahren davor. Das Tempo erreichte im Sommerquartal 2000 seinen vorläufigen Höhepunkt, als Notenbankchef Alan Greenspan den Rekord von 6,3 Prozent Produktivitätswachstum mit den Worten verkündete:
"Die US-Wirtschaft hat die alten Tempolimits außer Kraft gesetzt, die nach herrschender Lehre für ein gesundes Wirtschaftswachstum unbedingt einzuhalten waren."
Die Innovations- und Gewinnerwartungen in der "New-Economy" stoßen wohl jetzt an menschliche Grenzen. Den Firmen stehen immer schnellere und effizientere Computer zu Verfügung: Intel, der größte Chip-Hersteller, meldete diese Woche in San Francisco, dass die geltende Regel, nach der sich die Rechnerleistung alle 18 Monate verdoppelt, mit der Erfindung des 10 Giga Herz Chip gebrochen sei. Fraglich ist, ob die Menschen, die an diesen Geräten arbeiten, mit dieser Taktzahl mithalten können. Eine ganze Generation von Programmierern und Ingenieuren ist ausgebrannt. Sie sind frustriert und desillusioniert, auch über die weitgehend nicht eingelösten sozialen und ökonomischen Versprechungen.
Um das Ausmaß dieses virtuellen Glücksspiels zu verstehen, muss man in der jungen Geschichte des Internet zurückblättern. Als Jim Clark eine Software entwickelte, die als virtuelle Suchmaschine im weltweiten Netz fungierte, wurde es erstmals möglich, dass jedermann, auch ohne Computerkenntnisse, im Web surfen konnte. Jim Clark nannte diese Suchmaschine "Netscape", und ihm gelang es mit Hilfe von Banken und erheblichem Risikokapital, Netscape an der Börse zu notieren. Netscape hatte den Investoren nichts zu bieten als massive Verluste. Ab sofort brauchte man keine Profite mehr zu machen, es reichte, rapides Wachstum nachzuweisen. Eine ruhmreiche Tradition zu besitzen, sprach plötzlich gegen eine Firma, denn eine Vergangenheit zu haben hieß, dass es Geschäftsberichte gab, und der Geschäftsbericht zeigte die Grenzen einer Firma auf. Man musste nur zeigen, dass man kein Unternehmen von heute, sondern das Unternehmen der Zukunft war. Die attraktivsten Firmen waren solche, die im Stadium absoluter Vorläufigkeit verharrten. Das Versprechen auf eine zukünftige Aktienvergütung wurde ein fester Bestandteil der Internet Firmenkultur, so Robin Sukhadia:
"Man muss verstehen, dass die Vergütung durch Aktien Teil der "Start-Up-Kultur" ist. Um sein Aktienpaket einlösen zu können, musste man mindestens ein Jahr für die Firma gearbeitet haben. Das Aktienpaket ist die Karotte, die sie uns wie Kaninchen vor die Nase gehalten haben. Hier, nimm dieses noch wertlose Aktienpaket und schufte für uns mindestens ein Jahr. Wenn du uns vorher verlassen willst, oder wir dich feuern, musst du dein Aktienpaket an uns zurückgeben. Ich bin zum Beispiel nach 10 Monaten gefeuert worden, also genau 2 Monate, bevor ich hätte anfangen können, meine Aktien zu kapitalisieren. Das war ein strategisch firmenpolitisches Kalkül."
Vor dem erfolgreichen Börsengang von Netscape war die Entscheidung der Computeringenieure, wo sie sich bewerben, von altmodischen branchentypischen Kriterien geprägt: Gehalt, Bonuszahlungen, Interesse an der Arbeit. Plötzlich stellten Anteilsoptionen all diese Erwägungen in den Schatten. Die Ingenieure, die bei Netscape anfingen, waren Leute wie du und ich. Und doch: sie, und nicht du und ich, wurden reich. Merkwürdiger noch: die B-Mannschaft war der Gewinner im Aktienroulette. Die A-Mannschaft der Ingenieure aus den etablierten Universitäten wurde im allgemeinen zu sehr von ihren Firmen mit guten Gehältern gehätschelt, um auf das zu fliegen, was von Weitem aussah wie ein neues goldenes Kalb. Mit Netsscape brach eine Ära an der zweifelhaften neuen Abenteuer. Ob es ihm passte oder nicht, mit jedem Tag, den der Ingenieur bei der Arbeit verbrachte, beteiligte er sich an einem finanziellen Glücksspiel. Silicon Valley breitete sich vor ihm aus wie ein riesiges Kasino mit Höchsteinsätzen, und der Ingenieur musste entscheiden, auf welches Feld er seine Arbeitsleistung setzen wollte: Kalifornisches Roulette!
Wer daneben tippt, verpasst den Boom, wer richtig rät, gewinnt ein Vermögen.
"Zu dieser Zeit gingen jeden Tag zehn bis zwölf neue Firmen erfolgreich an die Börse, also hatte jeder im Hinterkopf, dass er auch bald zu den Internet-Millionären gehören würde. Aber 95 Prozent der an Mitarbeiter ausgegebenen Aktien waren weniger wert, als das Papier auf dem sie gedruckt worden sind, weil die meisten Firmen es erst gar nicht bis zu einer Börsennotierung schafften. Die Glücklicheren von uns bekamen noch ein Minimum-Basisgehalt bezahlt. Aber wenn man 80 bis 90 Stunden in der Woche arbeitet, und 35.000 Dollar im Jahr verdient, kommt man auf einen Stundenlohn von unter 5 Dollar. In manchen Firmen waren die Arbeitsbedingungen extrem schlecht. Es gibt Berichte, dass die Abhängigkeitsverhältnisse schamlos ausgenutzt wurden, und es sogar zu sexuellen Übergriffen kam. Das sind die nicht öffentlichen Schattenseiten dieses Geschäftes. Und als jetzt in den letzten Monaten die meisten Firmen pleite gingen, standen die Leute von einem auf den anderen Tag auf der Straße - ohne Arbeitslosengeld, Krankenversicherung oder andere soziale Absicherungen. Das ist eine neue, moderne Form der Ausbeutung."
Die Selbstausbeutung vieler kreativer, leistungsfähiger junger Menschen war nur möglich mit den enormen Suggestionen von Gewinn und Erfolg. Viele wollten auf der Gischt der größten Erfolgswelle mit Geld, Ruhm, medialer Aufmerksamkeit und technischen Innovationen zum sicheren Strand des Wohlstands surfen. Millionär mit 30, wer will das nicht?! Aber für die meisten war die Brandung zu stark, oder die großen Haie des Geschäfts zu gierig, oder einfach nur das Timing falsch. Nass gemacht trotten sie am Strand entlang, nicht wissend, was über sie hereingebrochen ist.
Im Silicon Valley, Heimat der meisten Internet Firmen, ist die Zahl der Arbeitslosen auf über 85.000 gestiegen. Die Arbeitslosenquote in Nord Kalifornien liegt nun über dem nationalen Durchschnitt. Viele der ehemals gut Verdienenden stellen fest, dass sie mit den 40 bis 230 Dollar wöchentlichem Unterstützungsgeld - wenn sie überhaupt Arbeitslosengeld erhalten - die Miete nicht mehr bestreiten können, in einer Region, in der die durchschnittliche Miete 1.800 Dollar im Monat beträgt. Die Zahl der Akademiker unter den Obdachlosen steigt ständig. In der "Glide Memorial Church" im Zentrum San Franciscos hat inzwischen jeder dritte Bittsteller für eine warme Mahlzeit einen akademischen Abschluss.
"Viele der Leute sind völlig ausgebrannt. Meine Freunde sind in einer echten Midlife Crisis - im Alter von 25 Jahren. Sie haben unglaublich hart gearbeitet mit der Aussicht, dass sie erfolgreich sein werden, und plötzlich sind sie mit der Realität konfrontiert, dass ihre ganzen Anstrengungen sie zu nichts geführt haben. Dabei wurden ihre Naivität und ihr Enthusiasmus bewusst ausgenutzt. Wenn man Geschäfte in den USA betreibt, darf man sich eben nicht Gefühlen oder Sentimentalitäten hingeben. Der Markt ist zu brutal. Und der Wunschtraum, sich mit 30 reich und erfolgreich zur Ruhe zu setzen, wird für die große Mehrheit eine Illusion bleiben."
Mit diesen Träumen einer jungen Generation machen die alten Profis ihren Profit. Viele kleine Firmen, viel Enthusiasmus und viel investierte Hoffnung waren am Neuen Markt notwendig, um ihn in der Breite zu etablieren. Die jetzt von allen erwartete Marktregulierung an der Börse und in der Wirtschaft folgt wieder den alten Gesetzen. Doch die gegenwärtige Krise hat auch die Großen getroffen. Nicht erst seit Jack London weiß man, dass man beim Goldrausch das sichere Geld nicht mit dem Schürfen des Goldes verdient, sondern mit dem Verkauf und Verleih der Goldpfannen. Nach dieser Devise galten die Chiphersteller mit ihrer Hardware auch als besonders krisensicher. Wie tiefgreifend die Krise ist, zeigt sich, wenn selbst die sonnenverwöhnten Branchen, Nord Kaliforniens große Chiphersteller, zu klagen beginnen. John Chambers, der Vorstandschef von Cisco beschrieb die Lage, als er kürzlich die frostigen Prognosen für die nächsten Monate bekannt gab:
"Kaum ein Industriezweig dieser Größenordnung ist jemals so schnell abgestürzt. Die rückläufigen IT Ausgaben haben die Branche wie eine Naturkatastrophe überrascht, die extremer ist und länger anhält, als man das jemals für möglich gehalten hat. Ich muss offen gestehen, dass diese Geschäftsmodelle nicht geeignet sind, um einer solchen Flaute vorzubeugen."
Robin Sukhadia, der als Mitarbeiter bei einer Firma arbeitete, die von einem Microsoft-Tochterunternehmen aufgekauft wurde, hatte fast den Wellenritt zum Reichtum geschafft. Kurz vor dem erfolgreichen Börsengang wurde er entlassen. Schmunzelnd fügt er jedoch hinzu, dass auch sein ehemaliger Arbeitgeber heute vor der Pleite steht. Noch ist kein Ende der Krise in Sicht. Anfang dieser Woche verkündete Bill Gates, Chef von Microsoft, auf dem Weltwirtschaftsforum in New York, dass es keine Anzeichen gibt für eine breite wirtschaftliche Gesundung im Jahr 2002. Dann bliebe den jungen Dot Com's wie Paul Jonas und Robin Sukhadia genügend Zeit, aus dem Gelernten ihre Schlüsse zu ziehen. Paul Jonas ist überzeugt, dass eine ganze Generation der "Dot Com's" sich nun der persönlichen Krisenbewältigung und Sinnfindung hingibt. Mit schwarzem Humor ergänzt er noch:
"In 20 oder 30 Jahren, wenn ich Kinder habe, und sie mich fragen, wo ich war, als das Internet erfunden wurde, kann ich sagen, ich war damals dabei, als in San Francisco das Internet entstand, und ich gründete eine Firma. Ich möchte nicht sagen müssen, ich war in Iowa."