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Virtuelles Testlabor

Technik. - Ein Entwicklungs- und Trainingszentrum, in dem virtuelle Modelle von komplexen Maschinen und Anlagen dargestellt werden können, hat das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und Automation in Magdeburg eröffnet. Der 15 Millionen Euro teure Bau soll Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Medizintechnik und der Luftfahrtindustrie sowie Automobilzulieferern und Logistikdienstleistern zur Verfügung stehen.

Von Verena Kemna |
    Das Gebäude ist kreisrund, ein Zylinder, verkleidet mit quadratischen Platten in transparenten Blautönen. Darauf die Schriftzüge von Formeln aus der Mathematik und Physik, etwa die Maxwellsche Gleichung zur Simulation von Feldern oder das Gesetz zur Berechnung optischer Strahlen. Solche Formeln geben eine Ahnung von den komplexen Vorgängen im Inneren des Technikums. Michael Schenk leitet das Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und Automatisierung. Der Mann vom Fach ist fasziniert:

    "An dem Thema der virtuellen Produktion arbeiten viele auf der Welt aber das Einzigartige ist, dass wir das hier auf eine sehr realitätsnahe Weise durchführen können."

    Sechs Laserprojektoren machen aus bunten Bildern eine dreidimensionale rundum begehbare Welt. Wer den interaktiven Handschuh trägt, kann diese Welt auch berühren und verändern. Schenk:

    "Man könnte jetzt mit Originalwerkzeug interaktiv, also so wie man das mit einem realen Produkt auch macht, würde man agieren und zum Beispiel über den Schraubenschlüssel würde die Kraft mit der man diese Schraube anzieht, nachgebildet werden, so dass man der Realität sehr nahe käme, das wäre etwas zum trainieren beispielsweise."

    Trainieren, ohne dass der Schüler sich den Finger klemmt oder gar die Maschine beschädigt. So können mittelständische Unternehmen oder auch Großkonzerne ihre Mitarbeiter an Geräten schulen, die sie selbst noch gar nicht besitzen.
    Außerdem geht es darum, Produktionsabläufe in neuen Fabriken zu testen. Schenk:

    "Es sind bei Neuentwicklungen Fehlerraten aufgetreten, die bis zu 20, 30 Prozent lagen. Aus Unkenntnis dessen, wie die Bauteile, die ein Lieferant zuzustellen hat, funktionieren. Das ist eine hohe Zahl, und das zeigt, dass im Vorfeld eine Menge zu verbessern ist."

    So hat ein Unternehmen aus Wernigerode eine neue Gießerei entwerfen lassen. Noch ist die Fabrik nicht gebaut, aber im Technikum laufen die einzelnen Arbeitsschritte schon jetzt in bewegten bunten Bildern. Eben so wie später in der realen Fabrik. Steffen Strassburger hat diese Arbeitswelt mit entworfen. Er steht auf einer meterhohen Bühne im Technikum. Egal wohin er sich dreht, er ist immer mittendrin in der virtuellen Gießerei.

    "Sie stehen hier vor einer Kernschießmaschine, das ist die wichtigste Maschine in einer Gießerei, hier werden die Sandkerne hergestellt, die dann in die Form reingelegt werden, um die Gussform zu erzeugen. Eine Kernschießmaschine, die wir hier sehr detailliert hergestellt haben mit dem Aspekt des Benutzertrainings. Also der Werker, der an dieser Maschine arbeiten wird, kann am virtuellen Modell die Bedienung trainieren."

    Und das ohne Hitze, Dreck und Lärm. Schon jetzt liegen Anfragen mittelständischer Unternehmen auf dem Tisch, aber auch Großkonzerne wollen von den virtuellen Welten profitieren. So brauchen Automobilhersteller Millionen Funktionstests für immer neue Bauteile. Das kostet Geld und Zeit. Da soll die Technik am Standort Magdeburg zu einem Wettbewerbsvorteil werden. Auch bei Wissenschaftlern aus ganz Europa ist das Interesse groß, sagt Michael Schenk, Leiter des Fraunhofer Instituts Magdeburg. Er ist überzeugt: Die Zukunft gehört eben solchen Virtuellen Lernwelten. Seine Vision:

    "Was wir uns heute schon bei unserer internationalen Wahrnehmung vorstellen können, dass Magdeburg und dieses Zentrum sozusagen das europäische Mekka für diese Technologien ist, dann wäre das für uns hervorragend und wahrlich ist Magdeburg dann eine Stadt der Wissenschaft weil das Zentrum international ist."