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Vitaminkapseln für Krankenschwestern

Gesundheit.- Wer Husten und Schnupfen vorbeugen will, sollte sein Immunsystem stärken. Obst und Gemüse liefern dafür die nötigen Vitamine. Aber wie sieht es mit Vitamintabletten aus? Können Nahrungsergänzungsmittel helfen, einer Erkältung vorzubeugen? Das haben Forscher der Charité jetzt getestet.

Von Marieke Degen | 01.03.2011
    Die Kapseln sind gerade einmal einen Zentimeter groß, aber in ihnen steckt eine geballte Ladung Obst und Gemüse: Äpfel, Kirschen, Papaya, Knoblauch, Grünkohl, Spinat und so weiter.

    "Also die ganzen Früchte und das ganze Gemüse, das wird in einem speziellen Herstellungsverfahren getrocknet und pulverisiert und in Kapseln verpackt zum Schlucken."

    Die Kapseln heißen Juice Plus, ein Nahrungsergänzungsmittel aus den USA. Jede Tablette enthält eine Portion Vitamin C, Vitamin E, Beta Carotin und Folsäure, dazu sekundäre Pflanzenstoffe. Das klingt gesund, aber was bringt das Mittel wirklich? Kann es zum Beispiel dabei helfen, Erkältungen vorzubeugen? Das wollte der Hersteller genau wissen und hat sich an Stephanie Roll gewandt. Stephanie Roll ist Statistikerin am Institut für Sozialmedizin an der Berliner Charité.

    "Was ein bisschen ungewöhnlich ist, weil diese Produkte sind ja einfach auf dem Markt, da muss man überhaupt keine Studien dazu machen, das wollte der Hersteller und ist auf uns zugekommen, weil wir in der Durchführung solcher Studien sehr viel Erfahrung haben."

    Und nicht nur das: Die Probanden für die Studie warteten praktisch vor der Haustür. 500 Mitarbeiter der Charité sollten das Mittel testen. Die meisten davon waren Krankenschwestern.

    "Die Idee war, dass das Personen sind, die sehr viel Menschenkontakt haben und vielleicht auch leichter anfällig sind, sich zu infizieren, in der Winterzeit."

    Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe hat die echten Kapseln bekommen, die andere ein Placebo. Die Schwestern haben dann jeden Tag vier Kapseln geschluckt, über einen Zeitraum von acht Monaten.

    "Es gab ein Patiententagebuch, man musste für jeden Tag ausfüllen, welche Symptome gab es, das war aufgeteilt in Hals und Nase und Husten und Fiebersymptome, und jeden Tag sollten die Teilnehmer dokumentieren, ob sie Symptome haben, keine, mittlere, schwere."

    Das Ergebnis:

    "Das Hauptergebnis war, dass die Teilnehmer in der Gruppe, die die echten Kapseln bekommen hatten, ungefähr im Durchschnitt zwei Tage weniger angegeben haben mit schweren oder moderaten Erkältungssymptomen."

    Während der Studie war jede Krankenschwester im Schnitt 30 Tage erkältet, ganz egal, was sie geschluckt hatte. Die Schwestern in der Placebo-Gruppe fühlten sich aber an etwa zehn Tagen richtig schwer krank. Die anderen, die Juice Plus bekommen hatten, nur an acht Tagen. Das Mittel hat die Erkältung zumindest ein bisschen abgeschwächt. Regina Brigelius-Flohé ist Expertin für Mikronährstoffe am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. Nahrungsergänzungsmittel sind nicht unbedingt nötig, sagt sie.

    "Also nach meinen Erfahrungen generell wenn man sich ausgewogen ernährt, braucht man sie nicht. Wenn man sich nicht ausgewogen ernährt, dann kann man welche nehmen, wenn sie denn den täglichen Bedarf decken."

    Wer vier Juice-Plus-Kapseln täglich schluckt, der nimmt in etwa doppelt so viel Folsäure zu sich wie empfohlen, und auch deutlich mehr an Vitaminen. Menschen, die von sich aus nur wenig Obst und Gemüse essen, könnten damit ihre Versorgungslücken schließen. Und wahrscheinlich haben genau solche Studienteilnehmer am meisten von dem Mittel profitiert.

    "Also die Studie war durchaus hilfreich, denn man hat gesehen, dass es einen kleinen Effekt gegeben hat, was mir sagt, dass man schon drauf achten muss, dass Sie gut versorgt sind mit all Ihren Vitaminen."

    Doch wo die Vitamine herkommen, ob frisch vom Teller oder in Form von Tabletten, das muss jeder für sich entscheiden.