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Vitaminzusätze in Cornflakes, Müsliriegel und Co

Was gehört zu einer gesunden Ernährung? Vitamin A, B, C, D, E. und auch K? Seit Jahren ist der Verbraucher daran gewöhnt, dass Säfte, Kakao-Pulver oder, Müsli-Riegel mit den sogezeichneten "lebensnotwendigen Vitalstoffen" angereichert werden. Wie sinnvoll diese Zusätze sind, ist ernährungswissenschaftlich immer noch umstritten. Vor über fünfzehn Jahren begann in Dortmund eine Studie zum Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendliche. Diese Studie namens "Donald" befasst sich damit befasst, welche Elemente der Körper Heranwachsender braucht, und welche Einzelstoffe in ihrer Wirkung über das Ziel hinausschießen.

Volker Mrasek |
    Ihrer Lust, Lebensmittel anzureichern, lassen die Hersteller längst auch auf dem Feld der Mineralstoffe freien Lauf. Ob Kalzium für die Knochen, Magnesium für die Muskel oder Fluor für den Zahnschmelz - ergänzt wird, was als unerläßlich gilt für die Versorgung des Körpers. Und das munter drauf los, so scheint es manchmal.

    Ein Beispiel dafür liefern die Anbieter von Frühstücksprodukten für Kinder ...

    In der Kinderernährung ganz wichtig sind diese sogenannten Frühstückscerealien. Ganz einfach ausgedrückt: Cornflakes & Co. Und die sind fast alle mit einer ganzen Batterie von Nährstoffen angereichert, neuerdings mit Eisen. Seit einigen Jahren enthalten sie alle einen Eisen-Zusatz, oder fast alle, einen Eisen-Zusatz.

    Am Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund sieht man das kritisch. Dort verfolgt Mathilde Kersting mit wissenschaftlicher Akribie, was Kinder so alles zu sich nehmen. Und zwar seit 1985. Damals startete eine Studie namens "Donald". In ihrem Rahmen beobachten die Forscher das Ernährungsverhalten von über 700 Kindern und Jugendlichen aus Dortmund und Umgebung.

    In Kerstings Blickfeld sind jüngst die angereicherten Lebensmittel gerückt. Und hier insbesondere die Zusatz-Prise Eisen in den Cornflakes-Produkten ...

    Wir haben jetzt gerade speziell zu dieser Frage die Ernährungsaufzeichnungen der Donald-Studie untersucht. Und wir konnten genau feststellen, dass in dem Jahr, in dem der Marktführer bei den Frühstückscerealien die Eisen-Anreicherung eingeführt hat, der Eisenanteil aus der Anreicherung bei den Kindern sprunghaft angestiegen ist.

    Das klingt zunächst einmal nicht schlecht. Eisen ist schließlich ein wichtiges Mineral: Baustein des roten Blutfarbstoffes und vieler Enzyme des Stoffwechsels. Außerdem ist bekannt: Wer sich vegetarisch ernährt, riskiert, unterversorgt zu sein. Denn Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln verwertet unser Körper nicht so gut wie jenes aus tierischen Produkten.

    Wenn sich der Eisen-Status Cornflakes essender Pennäler verbessert, dann sollte das die Ernährungswissenschaftlerin doch eigentlich froh stimmen. Doch das ist nicht unbedingt der Fall:

    Die Eisenzufuhr ist gestiegen. Die hat sich insgesamt verbessert. Aber wenn man jetzt 'mal ein Worst-Case-Szenario berechnen würde, für den schlimmsten Fall. Und würde annehmen, dass ein Kind immer das Produkt isst mit der höchsten Eisen-Anreicherung. Dann würde dieses Kind chronisch bis zu 140 Prozent der derzeitigen Empfehlung für die Eisenzufuhr zuführen. Und die Mutter weiß das nicht. Und das Kind noch viel weniger. Da steht zwar auf der Packung der Eisengehalt in Milligramm pro Portion oder pro hundert Gramm. Aber das sagt der Mutter überhaupt gar nichts.

    Welche Folgen es hat, wenn ein Kind tatsächlich so viel Eisen mit der Nahrung aufnimmt - diese Frage können die Wissenschaftler nicht beantworten. Doch gibt es begründete Bedenken:

    Das ist nicht im Sinne der Empfehlung, weil das immer auch zur Beeinträchtigung der Ausnutzung von anderen Mineralstoffen und Spurenelementen führen kann. Zum Beispiel gibt es da Verbindungen zwischen Zink und Eisen. Und Kupfer und Eisen. Und deswegen ist so eine chronische Zufuhr von 140 Prozent vielleicht nicht so im Sinne einer ausgewogenen Ernährung. Natürlich ist die Höchstmengen-Schätzung dann schon ein Szenario nur und nicht aus der Praxis gegriffen. Aber es könnte durchaus solche Fälle geben.

    Welche Sorte Cornflakes enthält nun übermäßig viel Eisen? Die Dortmunder Forscher wollen den Hersteller nicht bloßstellen, wie sie sagen. Zunächst würden die Daten in Fachzeitschriften veröffentlicht. Dann seien sie offiziell, und es könne darüber diskutiert werden.

    Verbraucher können sich einstweilen an den Mengenangaben auf der Verpackung orientieren. Ist da die Rede von mehr als 10-12 Milligramm Eisen pro 100 Gramm Frühstücks-Cerealien, dann ist das nach Ansicht der Ernährungsexperten zu viel des Guten.

    Ihren Eisen-Status sollten übrigens auch Männer im Blick haben. Das meint Helmut Erbersdobler, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Denn das starke Geschlecht langt auch beim Fleisch-Verzehr kräftig zu. Und es gebe Wissenschaftler, die warnten davor, ...

    ... dass die Eisen-Speicher bei den Männern zu hoch sind und überlaufen. Eisen ist ein sehr aggressives Element. Es ist ein oxidatives Element. Und kann oxidativen Stress machen im Körper. Und dann Herz-Kreislauf-Krankheiten Vorschub leisten.

    Der Rat an unbändige Fleisch-Esser daher: Bei Steak, Schinken und Wurst lieber etwas kürzer treten und dennoch generös sein - anderen gegenüber ...

    Also sollte eigentlich eher die Mutter das größere Stück Fleisch bekommen und nicht der Vater in der Familie.

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