Vivaldi - Violin Concertos
Manchmal gewähren die Zufälle der CD-Edition direkte Möglichkeiten des Vergleichs. Bei Philips ist eine Scheibe mit originalen Violinkonzerten von Antonio Vivaldi erschienen, allerdings nicht direkt die passenden Originale zu den Bach'schen Transkriptionen, vielmehr die Nummern 7-12 aus Vivaldis Opus 8, dem "Cimento dell'armonia e dell'inventione". Ausführende sind I Musici und die Geigerin Mariana Sirbu. Die Musici sind nicht unbedingt dafür bekannt, daß sie sich von den modernen Untersuchungen zum originalen Klang sonderlich beeindrucken lassen. Sie spielen im wesentlichen nach der alten Kammerorchestertradition, schön, elegant, mit weiten Bögen und dem verhaltenen Feuer der frühen 70er Jahre. Das wäre an und für sich kein Problem. Man kann mit diesem Interpretationsansatz leben. Doch die Solistin Mariana Sirbu kommt ein bißchen sehr geschmäcklerisch daher. Daß sie in den Tutti gelegentlich eher das Tempo verschleppt als die Kollegen anzufeuern, ist schon schlimm genug. Da schleicht sich ab und zu ein Phlegma in die Musik, das dem "prete rosso", dem rothaarigen Pfarrer Vivaldi, nicht ganz gerecht wird. Ärger scheint, daß sie es in den Soli an rhythmischer Prägnanz fehlen läßt, nicht etwa tempo rubato spielt, womit man sich ja anfreunden kann, wenn es Sinn macht, sondern einfach aus dem Ruder läuft. Hinzu kommt, daß sie jenen Menschen gleicht, die, bevor sie ein Wort sagen, immer erst für einen Moment überlegen, ob sie dabei auch gut aussehen werden, was in solchen Fällen den Dialog durchweg erschwert - will sagen: Mariana Sirbu überlegt vor jedem Ton, ob er auch schön genug sein wird, und wenn der Ton dann kommt und meistens auch wirklich schön ist, ist eigentlich schon alles zu spät. Da fehlt es allenthalben an Attacke und Brio. Vivaldi hat diese Konzerte ja für durchaus realen junge Damen in seinem Ospedale della Pietà geschrieben, und dem Notentext waren diese Musikerinnen von jenem Temperament, dem man des öfteren in Venedig begegnen kann. Sirbu und die Musici spielen hingegen eher für eine bejahrte mitteleuropäische Teegesellschaft, was ja für den Umsatz dieser Philips-CD durchaus förderlich sein mag, der Musik des Antonio Vivaldi hingegen nicht. Wie gesagt: Es klingt alles schön, aber eben auch nicht mehr. Und selbst beim Konzert Nr.10 in B-dur, überschrieben mit "La caccia - die Jagd", falten sie die Zehlein, die Rehlein. * Musikbeispiel: A. Vivaldi - aus: Violinkonzert B-dur op. 8,10 Das war die neue Platte im Deutschlandfunk, heute mit den CDs "An Italian Concert" des Cembalisten Olivier Baumont, erschienen bei Erato, und "Vivaldi - Violin Concertos", herausgekommen bei Philips. Zum Schluß hörten Sie Mariana Sirbu und I Musici mit dem Konzert Nr. 10 aus Opus 8 von Antonio Vivaldi. Am Mikrofon bedankt sich Norbert Ely für ihre Aufmerksamkeit.