Interview der Woche
Vizekanzler Klingbeil: "China nimmt deutsche Sorgen ernst" – "Rentendiskussion keine Regierungskrise"

Bundesfinanzminister Klingbeil hat in China eine selbstbewusste Großmacht erlebt, aber auch ein offenes Ohr für deutsche Sorgen - so seine Einschätzung. Im Interview der Woche des Deutschlandfunks nimmt er auch zum Rentenstreit Stellung. Bei diesem Thema kann er keine Regierungskrise erkennen.

    Bundesfinanzminister Lars Klingbeil unterstreicht seine Worte mit einer beschwichtigenden Geste.
    Lars Klingbeil (SPD), Vizekanzler und Bundesfinanzminister (picture alliance / dpa / Soeren Stache)
    China ist nach den Worten von Vizekanzler Klingbeil in den vergangenen Jahren zu einer selbstbewussten Großmacht geworden. Das sei ihm bei seinem kürzlichen Besuch in der Volksrepublik klar geworden, betonte Klingbeil. Allerdings habe die chinesische Seite auch deutlich gemacht, dass sie deutsche Sorgen etwa wegen der Lieferengpässe für Seltene Erden ernst nehme und betont, dass sie an einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit interessiert sei.

    Mit China bei Konflikten im Gespräch bleiben

    Klingbeil betonte, es sei auch klar, dass es Konflikte mit China gebe und dass diese mit seinem Besuch nicht alle ausgeräumt worden seien. Es sei aber richtig, mit Peking im Gespräch zu bleiben und die eigenen Interessen deutlich zu vertreten. Zugleich müsse es aus deutscher Sicht jetzt darum gehen, Abhängigkeiten zu verringern und den Außenhandel mit anderen Ländern zu intensivieren, die ebenfalls über wichtige Rohstoffe verfügten. Wörtlich sagte Klingbeil: "Wir müssen stärker werden, damit wir weniger verletzlich sind."
    Der Bundesfinanzminister verwies in diesem Zusammenhang auch auf den sogenannten Rohstofffonds, der inzwischen "ausfinanziert" sei. Mit den daraus resultierenden Finanzierungsmöglichkeiten von zunächst einer Milliarde Euro wolle man in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium erste Projekte anschieben.

    Der Staat sollte eine vernünftige Rente im Alter garantieren

    Mit Blick auf die anhaltende Diskussion über die Rentenreform und die damit verbundene Kritik der Jungen Gruppe der Unionsabgeordneten an der sogenannten Haltelinie sagte Klingbeil: "Haltelinie heißt ja nichts anderes, als dass wir Menschen, die hart gearbeitet haben, eine vernünftige Rente im Alter garantieren und ich finde, das sollte der Staat auch tun." Dies habe man verabredet und nun wolle man das Vorhaben umsetzen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die schwarz-rote Koalition daran nicht scheitern werde.
    Im Übrigen gehe die Rentenpolitik nach einer Verabschiedung der Reform weiter, erläuterte Klingbeil. Man werde im Dezember eine Kommission einsetzen, "die sich mit der Frage beschäftigen wird, wie stellen wir unser Rentensystem langfristig auf?" Bei diesem Thema seien sich alle einig, dass es strukturelle Reformen geben müsse. "Und wir brauchen eine Kraftanstrengung, um die Rente so zu modernisieren, dass sie den Menschen auch eine gute Perspektive gibt."

    Nicht jede Diskussion ist gleich eine Krise

    Einen Konflikt in der Koalition wegen der Rentendebatte sieht Klingbeil nicht. Es handele sich dabei um einen unionsinternen Streit. "Es gibt in der Spitze dieser Koalition keinen Dissens in dieser Frage. Aber natürlich prägt das gerade das öffentliche Bild." Auch in den Fraktionen herrscht nach Ansicht von Klingbeil eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Er wolle die Situation nicht schönreden, weil er sie gerne anders hätte. Aber Parlamentarier hätten das Recht, kritisch auf Gesetze zu gucken und Debatten zu führen. "Und ich finde auch nicht, dass jede politische Diskussion und jeder Streit gleich eine Krise ist."
    Zu den schlechten Umfragewerten der SPD meinte der Ko-Parteivorsitzende, er gehöre zur Führungsmannschaft und alle trügen dafür Verantwortung, aber "vor allem trage ich Verantwortung dafür, dass wir Probleme in unserem Land lösen und dass wir unser Land jetzt auf Vordermann bringen. Und daran arbeite ich jeden Tag sehr hart."
    Diese Nachricht wurde am 21.11.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.