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Vogelschutz trotz Schiffsüberführungen

Wenn einer der neu gebauten Luxusliner der MeyerWerft in Papenburg ausläuft, muss die Ems immer wieder ausgebaggert und aufgestaut werden. Umweltschützer monieren das seit Jahren. Nun haben sie sich mit der MeyerWerft geeinigt. Ein Generationenvertrag soll Arbeitsplätze sichern und dem Umweltschutz gerecht werden.

Von Susanne Schrammar |
    "Ich wohne an der Ems und ich liebe die Ems und warum können wir nicht etwas zusammentun, um auch dann an der Ems die vielen Probleme zu lösen?"

    "Das ist keine Geschichte, wo man im Hinterkopf denkt, übermorgen werfe ich das wieder um, sondern das ist ein Generationenvertrag."

    Es scheint dem Werftinhaber Bernard Meyer und den Naturschutzverbänden wirklich ernst zu sein. Mehr als ein Jahr lang haben die ehemaligen Kontrahenten über das Dauerstreitthema Vogelschutz an der Ems miteinander verhandelt. Für die größer werdenden Schiffe musste die Ems nicht nur immer wieder begradigt und vertieft werden. Jedes Mal, wenn ein neuer Luxuskreuzer der MeyerWerft überführt wurde, musste die Ems auch gestaut werden. In der Folge ertranken im Sommer Tausende brütende Vögel in den überfluteten Emswiesen. Jetzt haben Werft und Naturschützer einen verträglichen Kompromiss gefunden und vereinbart, dass der Sommerstau der Ems für die nächsten 30 Jahre auf die Zeit vom 1.April bis zum 15.Juli auf 1,90 Meter begrenzt werden soll. Bisher war eine Stauhöhe von 2,20 Meter erlaubt. Alfred Schumm vom WWF.

    "Damit sind die Vogelschutzgebiete geschützt, die Bruten sind geschützt, der Aufzug der Jungvögel ist geschützt. Es ist etwas höher als der bisherige Stau, das wird durch die nötigen Kompensationsmaßnahmen auszugleichen sein oder ausgeglichen werden können. Und nun muss gemeinsam daran gearbeitet werden, dass die Gewässergüte wieder so wird, dass die Fische darin leben können, auch während des Staus.""

    Für die MeyerWerft bedeutet der Kompromiss, dass sie Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 8,50 Meter nur noch von Mitte Juli bis Ende März überführen kann. Doch der Schiffbauer, der großen Wert darauf legt, dass seine Kreuzer nach ökologischen Standards gebaut würden, möchte wohl nicht länger als umweltfeindliches Unternehmen da stehen. Werft-Chef Bernard Meyer.

    ""Für uns war es natürlich sehr sehr hart, diese Einschränkung zu akzeptieren, praktisch dreieinhalb Monate eben kein Schiff abzuliefern oder nur ein kleines Schiff. Wir können das machen, natürlich mit sehr vielen logistischen Problemen und auch Kosten. Aber wir haben eigentlich gesagt, warum können wir hier nicht wirklich zusammen kommen und ich glaub, dass wir hier eine Basis geschaffen haben, um einfach jetzt in Zukunft wirklich eng zusammenzuarbeiten und die restlichen Probleme zu lösen. ""

    Der niedersächsischen Landesregierung kam nach eigenen Angaben bei dem Friedensschluss eine moderierende Rolle zu. Dass Ministerpräsident Christian Wulff gestern persönlich zur Pressekonferenz erschien, zeigt die Bedeutung des jahrelangen Konflikts: die MeyerWerft mit 2500 Beschäftigten als wichtigster Arbeitgeber im Emsland auf der einen und der Naturschutz auf der anderen Seite. In den vergangenen Monaten sei durch viele Gespräche etwas ganz Wesentliches gelungen, lobte Ministerpräsident Wulff.

    ""Dieses Gesamtbild mit dieser Vereinbarung jetzt zu den Sommerstaus ist ein ganz großer Wurf. Wir als Landesregierung sagen zu, dass wir die Kompensationsmaßnahmen im Wesentlichen finanzieren wollen. Dazu wird auch der Ankauf von Flächen im Deichvorland gehören und dass wir diese sachlichen Argumente in der Vereinbarung bei den Planfeststellungen – soweit rechtlich möglich – im Detail beachten wollen. ""

    Wulff brachte auch den seit Jahren immer wieder diskutierten Ems-Kanal erneut ins Spiel. Man arbeite an einer Machbarkeitsstudie, so der Ministerpräsident, und er sei zuversichtlich, was die Finanzierung angehe.

    ""Am Ende des Tages steht für mich fest, dass man eine renaturierte Ems haben kann und daneben einen auch nach neuesten und modernsten Erkenntnissen durchgeführten Kanal und dazwischen können sich natürlich ganz neue Möglichkeiten für Landwirtschaft, für Fremdenverkehr, für Tourismus ergeben. Ich weiß, dass es Bedenken gibt, aber hier setze ich auch auf Überzeugungskraft von Argumenten und auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie. "

    Bürgergruppen entlang der Ems haben die Einigung zum Sommerstau hingegen kritisiert. Die Initiative "Rettet die Ems" spricht von einem "faulen Kompromiss". Unter anderem auch, weil die Frage, wie lange aufgestaut werden dürfe, noch ungeklärt sei. Bisher galten zwölf Stunden im Sommer als Obergrenze und 25 Stunden als Ausnahme für 2009 und 2011. "Ein längeres Aufstauen als zwölf Stunden wäre eine Katastrophe", sagte eine Sprecherin der Bürgerinitiative. Der Sauerstoffgehalt und die Staudauer seien neben dem Vogelschutz der "eigentliche Knackpunkt" bei Sommerstaus. Dazu gäbe es jedoch in dieser Vereinbarung keine Antworten.