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Vogeltod durch Windräder

Die Windkraftanlagen in Deutschland werden immer höher und immer leistungsfähiger. Allein im Bundesland Schleswig-Holstein stehen mittlerweile mehr als 2300 Windräder. Diese Anlagen prägen das Landschaftsbild und stehen oft an der Küste in einer Region, in der auch viele Vögel rasten oder die sie als Zugvogel durchqueren. Deshalb befürchten Naturschützer, dass diese Windkraftanlagen eine Gefahr -und zwar eine tödliche Gefahr- für die Tiere darstellen könnten. Ein Grund dafür, dass immer wieder Gutachten in Auftrag gegeben werden. Eines dieser Gutachten wurde soeben in Schleswig-Holstein veröffentlicht.

Von Annette Eversberg |
    Wir stehen hier zwischen zwei verschiedenen Arten von Windkraftanlagen, zum einen sind es die E 66 Enercon-Anlagen, die eine Gesamthöhe von 48 Meter haben. Und das andere sind die Vestas Anlagen V80, die eine Gesamthöhe von 120 Meter haben.

    Die Biologin Britta Stahl hat diesen Standort unweit der Nordsee bei Husum bewusst gewählt. Im Rahmen eines vom schleswig-holsteinischen Landesamt für Natur und Umwelt in Auftrag gegebenen Gutachtens geht sie der Frage nach, ob die neuen Großwindkraftanlagen Auswirkungen auf die Zugvögel haben. Mit Hilfe eines Radargeräts. Denn Zugvögel fliegen vor allem nachts und sind dann für das menschliche Auge unsichtbar.

    Das ist ein handelsübliches Schiffsgerät, mit dem normalerweise auf Schiffen eben andere Schiffe sichtbar gemacht werden. Wir kippen das Radargerät bei dieser Untersuchung einfach um 90 Grad, und kriegen dann Vögel, die quer durch den Strahl fliegen.

    Auf dem Radarmonitor sind die Vögel als einzelne Echos zu sehen. Zu erkennen ist, dass sie in Höhen von 1500 Metern, aber auch in den bodennahen Schichten fliegen. Je nachdem, ob die Sicht für die Tiere gut oder weniger gut ist. Dabei fliegen sie auch mitten durch den Windpark. Also könnte man annehmen, dass sie mit den Windkraftanlagen kollidieren. Und in der Tat hat der Wissenschaftler Thomas Grünkorn tote Vögel in der Nähe der Windkraftanlagen gefunden. Allerdings nicht die, mit denen er gerechnet hatte.

    Es waren alles Vögel, die eigentlich nicht dem Artenspektrum des Breitfrontenzuges, den wir hier aufzeichnen, entsprechen. Sondern es waren in erster Linie Rastvogelarten, also Goldregenpfeifer, Lachmöwe, also alles Vögel, die unter diesen Mühlen hier Nahrung suchen und nicht in breiter Front über die Windparks hinwegfliegen.

    Das Ergebnis lautet also, dass Repowering, das Ersetzen kleinerer Windkraftanlagen durch große, an der Nordsee keine generelle Gefahr für den Vogelzug darstellt. Allerdings leistet das Gutachten etwas Grundsätzliches, das es bisher so noch nicht gab. Projektleiter Dr. Georg Nehls von Bioconsult S-H hatte vor allem die Aufgabe, eine Methode zu entwickeln, mit der man auch in anderen Fällen die Wirkung von Windkraftanlagen auf Zugvögel bestimmen kann.

    Hintergrund der Diskussion ist gewesen, dass an vielen Studien kritisiert worden ist, dass die nicht berücksichtigt haben, wie viel Kollisionsopfer dann in einer Nacht von Füchsen abgesammelt werden, oder wie viel der Bussard am nächsten Tag holt. Das heißt, wir haben zunächst einmal bestimmt, in welchem Umkreis von Windkraftanlagen man Kollisionsopfer suchen muss und haben dann Aufwand darauf gelegt, wie man die Fehler bei solchen Untersuchungen bestimmen kann und wie man damit dann die Ergebnisse auch korrigieren muss.

    Deshalb muss man an unterschiedlichen Standorten auch jeweils noch einmal untersuchen, um festzustellen, wie etwa die Windkraftanlagen in Gebirgsregionen auf den Vogelzug wirken. Auch dafür ist die Methode geeignet. Wie für die Untersuchung der Auswirkungen anderer Bauten in der freien Landschaft. Z.B. Fernmeldetürme und Hochspannungsmasten. Denn bei einem Turm auf Sylt, der zum europaweiten Navigationssystem Loran gehört, hat sich gezeigt, dass Zugvögel damit durchaus kollidieren können. Ein besonderes Augenmerk wird man auch auf Hochspannungsleitungen richten müssen, besonders den Bau überirdischer Stromtrassen in Verbindung mit Windenergieanlagen, wie die Energieversorgungsunternehmen es wollen. Dies hält Georg Nehls für völlig ungeeignet, weil durch solche Leitungen mehr Vögel zu Tode kommen als durch Windkraftanlagen.

    Von daher wäre es sicherlich positiv, wenn jetzt im Rahmen von Repowering Erdkabel verlegt werden. Umgekehrt wäre es genauso eine Empfehlung, dass man den Ausbau der Windenergie durch Rückbau der Freileitungen versucht zu kompensieren, um da den einen Eingriff durch Rückbau eines anderen Kollisionsrisikos dann auszugleichen, bzw. insgesamt zu vermindern.